Wer nicht in Lobhudelei verfällt, muss aber auch konstatieren, dass der Altmeister zuletzt nichts außergewöhnliches mehr zustande gebracht hat. Wobei das nicht heißen soll, dass die erzielten Erträge nicht solide wären. Das Investmentvehikel Berkshire Hathaway, zu dem neben dem operativ betriebenen Versicherungs- und Rückversicherungsgeschäft mehr als 80 Beteiligungen gehören, hat im Vorjahr vielmehr so viel verdient wie noch nie. Konkret stieg der Gewinn um fast ein Drittel auf 19,5 Milliarden Dollar und der Umsatz kam gleichzeitig um 12 Prozent auf 182 Milliarden Dollar voran. Zudem erhöhten sich die Barreserven um knapp sechs Milliarden Dollar auf 48,2 Milliarden Dollar.
Doch es gibt auch einen entscheidenden Wertmutstropfen. 2013 kam der Buchwert je Aktie nur um 18,2 Prozent auf 134.973 Dollar voran und schaffte es damit wie schon 2012 nicht, das Kursplus des S&P 500 Index inklusive Dividendenzahlungen zu schlagen. Der Rückstand war vielmehr so groß wie seit 1999 nicht mehr. Als Folge davon blieb Entwicklung bei Berkshire Hathaway auch im Fünfjahreszeitraum hinter der des S&P 500 Index zurück. Über diesen Zeitraum hinweg stets die Nase vorne zu haben, ist die erklärte Vorgabe von Buffett selbst und mit der aktuellen Bilanz wurde dieses Ziel zum ersten Mal seit 44 Jahren verfehlt.
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Aktien bleiben im Fünfjahresvergleich hinter dem S&P 500 zurück
Das macht sich auch an der Börse bemerkbar. Die Berkshire Hathaway Class A-Aktien (WKN: 854075, 127.700 Euro), die aktuell bei 184.540 Dollar gehandelt werden, als auch die derzeit bei 123,01 Dollar notierenden Berkshire Hathaway Inc.Class B-Aktien (WKN: A0YJQ2, 90,15 Euro), schaffen es seit Beginn des Bullenmarktes nicht mehr, den breiten Markt zu schlagen.
Seit Ende 2008 hinken sie sowohl dem S&P 500 Index als auch dem Wilshire 5000 Index etwas hinterher. Das lässt sich zwar damit erklären, dass es schwer ist, mit einem Anlagevehikel in einer Größenordnung wie es Berkshire Hathaway erreicht hat, den Gesamtmarkt zu schlagen.
Außerdem ist die Beteiligungsgesellschaft, die bei einem historischen KGV von 15,6 ähnlich bewertet ist wie der Gesamtmarkt, eher so aufgestellt, dass sie in schwierigeren Zeiten defensive Qualitäten beweist als in guten Zeiten besonders zu glänzen. Diesen Nachteilen stehen aber auch einige gewichtige Vorteile gegenüber, über die andere Anleger nicht verfügen. So ist Buffett in eine Rolle hineingewachsen, die ihm die Türen für Deals öffnet, die für andere verschlossen sind. Und er wird auch immer dann als erster kontaktiert, wenn es wie zum Höhepunkt der Finanzkrise brennt und ein finanzkräftiger und verlässlicher Geldgeber gesucht wird. Diese Rolle hat Berkshire Hathaway mehrfach übernommen und die dabei für Beteiligungen gezahlten Preise waren sicherlich nicht nachteilig gestaltet. Allerdings könnte die Größe demnächst zu einem Bumerang werden, falls die Aufsichtsbehörden die Beteiligungsgesellschaft dessen als systemrelevant einstufen und deshalb mit strengeren Eigenkapitalanforderungen bestrafen sollten.
Schon zuletzt ist es wie skizziert den Aktien aber nicht mehr gelungen, mit besonderer Stärke zu glänzen. Das dürfte sich erst dann wieder ändern, wenn der Gesamtmarkt schwächelt, oder die großen Standardwerte besser abschneiden als die kleinen Nebenwerte. Ausgeschlossen ist so eine Entwicklung nicht, nachdem die Nebenwerte nach einer starken Rally inzwischen bereits recht teuer geworden sind. Buffett würde davon dann besonders profitieren, stellen Schwergewichte wie IBM, American Express, Coca-Cola oder ExxonMobil doch seine größten Beteiligungen dar. Ob und wann sich dieser Trendwechsel vollzieht, steht aber in den Sternen und bis es passiert, dürften die Aktien von Berkshire Hathaway weiterhin nicht besser als der Gesamtmarkt abschneiden. Das bedeutet aber letztlich auch, dass man als Anleger mit einem Index-Zertifikat auch nicht schlechter fahren würde. Ironischerweise passt das auch gut zu einem von Buffetts eigenen Ratschlägen, hat er Anlegern in der Vergangenheit doch immer wieder auch zu passiven Indexinvestments geraten.
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Offene Nachfolgeregelung eine Bürde
Ein Grund, der dafür sprechen könnte, bei der Wahl zugunsten eines Index-Zertifikates zu votieren, könnte die ungelöste Nachfolgeregelung sein. Buffett selbst wird im August 84 Jahre und sein Partner Charles Munger ist sogar noch ein paar Jahre älter. Beide sind zwar so fit, dass sie vermutlich noch eine Weile im Geschäft bleiben werden, irgendwann steht der Abgang aber an und es bleibt abzuwarten, wie sich das dann auf die Unternehmenskultur auswirken wird, wenn die Ziehväter nicht mehr mit an Bord sind.
Möglicherweise wird es aber auch unter ihrer Fittiche demnächst noch eine epochale Veränderung geben. Denn es liegt ein Aktionärsantrag vor, auf der Hauptversammlung am 03. Mai darüber zu entscheiden, ob erstmals überhaupt eine Dividende gezahlt werden soll. Einen anderem Unternehmen, das über ähnlich hohe Barmittel wie Berkshire Hathaway verfügt, hätte der Value-Investor Buffett, womöglich ohnehin schon längst empfohlen, eine Ausschüttung an die Aktionäre vorzunehmen.
Wie die Abstimmung auch ausfallen wird, die Aktionäre werden dem auch als Orakel von Omaha gerühmten Buffett beim Anlegertreffen vermutlich wie immer ehrfurchtsoll zu Füßen liegen. Denn wenn der sich gerne volkstümlich gebende Milliardär auf seiner Ukulele ein Ständchen gibt und ein paar weise Anlageratschläge zum Besten gibt, wird ihm die nur durchschnittliche Fünfjahresbilanz bestimmt verziehen. Doch wer sich davon nicht blenden lässt, steigt erst dann wieder bei Berkshire Hathaway ein, wenn der Chart relative Stärke gegenüber Aktienindizes wie dem S&P 500 oder dem Wilshire 5000 signalisiert.