Die Deutschen haben keine Ahnung von Aktien und auch keine Zeit, sich mit ihnen zu beschäftigen. Das sagen zumindest Forscher der Frankfurt School of Finance. Sie haben 3000 Bundesbürger befragt, warum sie, oder besser ausgedrückt, warum sie kein Geld in Aktien stecken. Die beiden häufigsten Antworten waren "Keine Ahnung!" und "Keine Zeit!". Beides klingt nach Ausreden, denn die Menschen hierzulande sind nicht etwa dümmer als Amerikaner oder Briten und mit mangelnder Zeit braucht auch keiner kommen. Schließlich sind in Zeiten der Corona-Krise Bars, Cafés, Sportplätze, Theater kurzum viele Orte, in denen man Zeit verbringen kann, bis auf weiteres geschlossen.

Warum sollte man sich nicht mal mit Aktien auseinandersetzen? Schließlich handelt es sich bei Aktien um nichts anderes als kleine Teile von Unternehmen. Geht es einem Unternehmen gut, also produziert es Dinge, die viele Menschen wollen, seien es iPhones, Nudeln oder Klopapier, steigen seine Gewinne. Viele vollen die Aktie der Firma haben und das treibt den Preis. Auch am Aktienmarkt herrscht das Prinzip von Angebot und Nachfrage.

Nun gibt es in Zeiten, in denen immer mehr Unternehmen Geld vom Staat beantragen oder über ihre Verluste wegen der Corona-Krise klagen, sicher weniger aufregende Beschäftigungen als Aktien zu kaufen und ganz offen gesagt, es gehören auch etwas Mut oder besser strapazierfähige Nerven dazu, aber es kann sich lohnen, jetzt einzusteigen. Denn da nur wenige Aktien kaufen wollen, sind die günstig oder zumindest günstiger als im Februar als der deutsche Leitindex DAX mit über 13000 Punkten so hoch stand wie nie zuvor.

Mit diesen fünf Schritten wird der Weg zur ersten Aktie beinahe zum Spaziergang.

1. Das Depot


Es ist sinnlos, einfach loszustürmen, das Giro- oder Tagesgeldkonto zu plündern und wahllos Aktien zu kaufen. Das würde auch nur schwer funktionieren, denn jeder Aktionär braucht zunächst ein Depot, sprich ein Konto, mit dem Aktien ge- und verkauft werden und wo die Anteilsscheine zwar nicht mehr in Papierform aber wenigstens virtuell lagern. Depots bieten fast alle Banken an, aber Depot ist nicht gleich Depot, denn die Kosten unterscheiden sich zum Teil gewaltig. Zweimal im Jahr untersucht das BÖRSE ONLINE-Schwesterblatt Euro am Sonntag nicht nur welche Bank das günstigste Depot anbietet, sondern auch wer bei welcher Bank am besten aufgehoben ist.

Wem das zu aufwändig ist, der sollte nach einem Onlinebroker Ausschau halten. Die meisten Onlinebanken wie etwa ING, DKB, Comdirect oder Consors sind auch Broker. Sie bieten ein meist kostenloses Girokonto und ein ebenso meist kostenloses Depot aus einer Hand. Darüber hinaus gibt es auch reine Broker, deren Kunden nur mit Wertpapieren handeln können. Das Geld dafür kommt vom Girokonto des jeweiligen Kunden, das als sogenanntes "Verrechnungskonto" beim Broker hinterlegt ist. Diese Broker heißen etwa Onvista, Degiro, Flatex oder Smartbroker. Sie sind, was die Handelsgebühren angeht, in der Regel günstiger als die Direktbanken. Das Depot an sich kostet auch bei ihnen nichts, sofern der Kunde in bestimmten Abständen eine Order platziert, also Wertpapiere kauft oder verkauft. Wer nur einmal ordert und seine Aktien liegen lässt, muss in der Regel eine Depotgebühr zahlen.

2. Welche Aktie kaufen? Oder einen Fonds kaufen?


Weltweit gibt es mehrere Tausend börsennotierte Unternehmen dazu gehören Riesen wie Apple, Amazon oder die Google-Mutter Alphabet, die jeder für sich über eine Billion Euro wert sind, bis hin zu kleinen Firmen, die gerade einmal 20 Millionen Euro wert sind. Die Frage, welche Aktie die beste ist, sollte man erst gar nicht stellen, denn die Antwort darauf gibt es nicht, beziehungsweise jeder, der sich schon länger mit der Börse auseinandersetzt, würde eine andere Aktie nennen.

Börsenneulinge haben also zwei Optionen: Die erste, sie geben die Verantwortung ab und kaufen einen Fonds, der in viele verschiedene Aktien anlegt. Die zweite, sie beschäftigen sich mit Unternehmen, lesen Geschäftsberichte, überlegen, welche Dinge gerade besonders begehrt sind, wer sie herstellt und ob es sich lohnt, auf diesen oder jeden Trend zu setzen. Ein kleines Beispiel, dass es sich lohnen kann, auf einen Trend zu setzen: Wer Anfang 2007 glaubte, dass das iPhone die Art und Weise wie wir kommunizieren revolutionieren würde und die Apple-Aktie für damals etwa 10,50 Euro pro Stück gekauft hat, könnte die Aktie von damals - aus der seit einem Aktiensplit im Jahr 2014 sieben geworden sind - nun für rund 1800 Euro verkaufen.

Fonds und ETFs: Unterschied, Gemeinsamkeiten

Doch bevor es hier weiter um einzelnen Aktien geht, ein paar Worte zu Fonds. Sie sind die einfachste Form in Aktien zu investieren. Sie sind, einfach ausgedrückt, ein Investment für Faule oder etwas positiver ausgedrückt für Menschen mit wenig Zeit. Innerhalb der Welt der Fonds gibt es zwei Kategorien, aktiv verwaltete und passive Fonds, die als ETF (Exchange Traded Fund) bezeichnet werden.

Bei den aktiv verwalteten Fonds gibt es einen Fondsmanager oder ein Team von Managern. Sie entscheiden nach Regeln, die sich selbst oder die Fondsgesellschaft ihnen gegeben hat, welche Aktien und oder andere Wertpapiere wie Anleihen oder Rohstoffe sie kaufen. Ihr Ziel ist es, immer besser als der Gesamtmarkt beziehungsweise der Vergleichsindex zu sein. Ob sich ein Fonds mit dem deutschen Leitindex DAX, am "Weltaktienindex" MSCI World oder an einem anderem Index misst, ist den Managern oder Fachleuten, die Fonds bewerten, überlassen. Unabhängige Urteile wie etwa die Euro Fondsnote, die Fonds von 1 (sehr gut) bis 5 (schwach) bewertet, helfen Anlegern gute von weniger guten Fonds zu unterscheiden.

Aktiv verwaltete Fonds können besser sein als der Markt, also ihren Vergleichsindex und die Masse der übrigen Fonds schlagen, sie müssen es aber nicht. In der Regel geht man davon aus, dass auf lange Schicht nur einer von zehn Fonds langfristig besser als der Markt ist. Dazu kommt, dass aktiv gemanagte Fonds eine Verwaltungsgebühr von etwa einem bis zwei Prozent des angelegten Geldes verlangen.

Indexfonds, sprich ETFs, sind deutlich günstiger, bei ihnen entscheiden nicht Menschen, sondern Computerprogramme, welche Aktien gekauft werden und zwar orientieren sie sich stur am Index. Ein ETF auf den DAX kauft nur Aktien der 30 im DAX gelisteten Unternehmen und zwar strikt nach deren Bedeutung innerhalb des Index. So hat etwa der Softwarekonzern SAP wegen seines Börsenwerts mehr Gewicht im DAX als etwa der Flugzeugturbinenhersteller MTU. Das heißt aber auch, der ETF entwickelt sich immer parallel zum Index. Verliert der DAX binnen wenigen Tagen ein Viertel seines Wertes, ist der ETF mit dabei. Ein guter aktiver Fonds kommt vielleicht mit zehn Prozent Minus davon.

Apropos Verluste: Es mag schrecklich klingen, wenn binnen einer Woche der DAX um 20 Prozent einbricht. Viele Journalisten rechnen dann aus, wie viele Milliarden Euro mit diesem Kursrutsch nun futsch sind. Auch wenn sich dieser Crash auch im eigenen Depot zeigt: Erst wenn man die abgestürzten Aktien verkauft, hat man den Verlust auch tatsächlich erlitten. Wer nichts macht, hat lediglich sogenannte Buchverluste. Die tun erst mal nicht tatsächlich weh und man behält die Chance, dass sich die Aktien wieder erholen. Das heißt im Umkehrschluss, dass man Aktien nicht stur halten sollte. Geht ein Unternehmen langsam Pleite, ist es sinnvoll, sich lieber jetzt als gleich von der Aktie zu trennen. Bei einem Crash, wie dem Corona-Crash, sind auch viele Aktien, gesunder und profitabler Unternehmen mit abgestürzt. Bricht eine Panik aus, und nichts anderes ist ein Crash an den Börsen, verkaufen Anleger und Computersysteme alles, ganz gleich ob es sich dabei um eine gute oder eine miese Aktie handelt.

Wie man Aktien auswählt, welche Kennzahlen helfen

Wenn die Massen ihr Geld aus Aktien abziehen, ist die Zeit für kluge Anleger. Sie suchen sich unter den Aktien, deren Kurse samt und sonders abgerutscht sind, die heraus, die bald wieder steigen werden, etwa weil das Unternehmen, das hinter der Aktie steckt etwas anbietet, was immer gebraucht werden wird. Ein Beispiel: Die Aktie von Nestlé, dem größten Nahrungsmittelhersteller der Welt ist Mitte März heftig eingebrochen, es dauerte aber nur wenige Wochen, da war ihr Kurs wieder auf dem Niveau von vor dem Corona-Crash. In Krisen sind Hersteller von Lebensmitteln aber auch von Dienstleistungen, die immer gebraucht werden in der Regel sehr sicher. Amazon ist etwa einer der großen Gewinner der Ausgangsbeschränkungen. Shoppingtouren, aber auch Lebensmitteleinkäufe werden online erledigt. Davon profitieren auch Logistikunternehmen wie etwa die Deutsche Post.

Es gibt aber ein paar Kennzahlen, die einen groben Hinweis darauf geben, welche Aktien sich zu kaufen lohnen:

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV): Aktueller Aktienkurs durch Gewinn je Aktie. Das KGV zeigt die Anzahl der Jahre, in denen die Gesellschaft bei konstanten Gewinnen ihren Börsenwert verdient hätte. Ein niedriges KGV heißt also, dass die Gewinne im Verhältnis zum Kurs besonders hoch sind. Je höher der Kurs steigt, desto höher liegt in der Regel das KGV. Diese Kennzahl kann einen groben Hinweis darauf geben, ob ein Unternehmen über- oder unterbewertet ist. Doch nicht jedes Unternehmen mit einem niedrigen KGV lohnt sich zu kaufen. Zudem beruht das KGV oft auf Gewinnschätzungen und weniger auf tatsächlichen Gewinnen.

Das Kurs-Buchwert-Verhätnis (KBV): Diese Kennzahl ist etwas komplizierter. Der Buchwert entspricht dem Eigenkapital einer Firma, abzüglich aller Verbindlichkeiten. Er ist also nicht anders als den Wert einer Firma, wenn sie aufgelöst werden würde. Der Buchwert wird nun durch die Zahl der Aktien eines Unternehmens geteilt. Ist der Buchwert höher als der aktuelle Kurs einer Aktie, sehen viele Investoren die Aktie als günstig an und kaufen.

Die Eigenkapitalrendite: Als Eigenkapitalrentabilität wird das Verhältnis des Gewinns eines Unternehmens zum Eigenkapital bezeichnet. Je höher die Eigenkapitalrendite ist, desto wirtschaftlicher arbeitet ein Unternehmen. Folglich kann es sich lohnen, eine Aktie zu kaufen.

3. Handeln - wann und wie ordern


Wer nun seine Aktie oder den Fonds seiner Wahl gefunden hat, kann eine Order platzieren. In der Handels-Maske des Brokers gibt man die Wertpapierkennnummer (WKN) oder die ISIN ein. Diese beiden Zahlen und Buchstabenfolgen helfen, die Aktie oder den Fonds eindeutig zuzuordnen. Wer etwa nur den Namen des Pharmakonzerns Merck eingibt hat die Wahl zwischen zwei Unternehmen dieses Namens eines ist deutsch, das andere us-amerikanisch.

Welches ISIN oder WKN die richtige ist, erfährt man auf Websites wie boerse-online.de. Hier gibt es auch Kurscharts und weitere Informationen etwa wie hoch die Dividende, also die Ausschüttung des Gewinns an die Aktionäre, ist. War die Order erfolgreich, liegt die Aktie nun im Depot und bleibt dort, auch wenn die Bank, die das Depot führt, zwischenzeitlich Pleite machen sollte. Wertpapierdepots unterliegen nicht wie Spar- oder Girokonten einer Einlagensicherung, sie sind vielmehr wie Schließfächer, auf deren Inhalt die Bank nicht zugreifen darf. Das Depot kann auch jederzeit gewechselt werden. Die Bank ist in diesem Fall verpflichtet, die Wertpapiere binnen bestimmter Fristen an die neue Bank zu übertragen.

Ebenfalls wichtig, jeder Aktionär eines Unternehmens, auch wenn er nur eine einzige Aktie besitzt, bekommt eine Einladung zur Hauptversammlung des Unternehmens. Bei diesem jährlichen Treffen, wird der Vorstand entlastet, im Amt bestätigt und beschlossen, wie hoch die Dividende ausfällt.

Welche weiteren Orderformen es gibt und wie man sein Depot gegen Überraschungen absichert, findet man hier.

4. Risiko: Das Auf und Ab beherrschen


Das beliebteste Argument gegen Aktien und Fonds ist ihr Wert, denn ihre Kurse sind ganz selten gleich, sondern sie schwanken immer wieder mehr oder weniger stark. Das kann gut sein, wenn eine Aktie binnen weniger Monate ihren Kurs verdoppelt, kann aber schlecht sein, wenn sie ihren Kurs halbiert. Um diese Volatilität in den Griff zu bekommen, lohnt es sich, nicht nur eine Aktie zu kaufen, sondern viele aus verschiedenen Branchen und verschiedenen Ländern.

Hier gilt das Motto: je mehr desto besser oder wie es der Finanzmarkttheoretiker Harry Markowitz einmal formulierte, sollten Anleger "nicht alle Eier in einen Korb legen". Viele aktiv verwaltete Fonds machen es nicht anders, bei ETFs ist die Zahl der unterschiedlichen Positionen vorbestimmt, sprich in einem Indexfonds auf den DAX sind 30 Werte, in einem auf den amerikanischen S&P 500 sind die Aktien von 500 Unternehmen. Darüber hinaus gibt es ETFs auf den Weltindex MSCI World, der über 3000 Werte umfasst. Das Risiko zu streuen kostet natürlich Ordergebühren, denn es ist günstiger, eine Aktie zu kaufen und sie liegen zu lassen. Doch ein breit aufgestelltes Depot sorgt auf lange Sicht für stabilere Renditen, als eines, das etwa nur drei Werte enthält, von denen dummerweise zwei über geraume Zeit schlecht laufen. Wer sich näher mit dem Thema auseinandersetzt wird merken, dass es sich lohnt, auch andere Anlageformen zu kaufen, etwa Anleihen, die einen regelmäßigen Zins versprechen oder Gold, das zwar keine Zinsen oder Dividenden bringt, aber dessen Wert oft steigt, wenn die Aktienkurse stark sinken. Daher sehen viele Anleger Gold als eine Art Versicherung gegen Krisen.

5. Steuern:


Von jedem Euro, den Anleger verdienen, bleiben rund 27 Cent beim Finanzamt. Den Löwenanteil, 25 Cent, macht davon die Kapitalertragsteuer aus, der Rest entfällt auf den Solidaritätsszuschlag und die Kirchensteuer. In der Regel werden Kapitalertragsteuer, Soli und Kirchensteuer direkt von der Bank abgezogen. Daher wird diese Steuer auch oft Abgeltungssteuer genannt. Zwar gibt es einen Freibetrag von 801 Euro, doch wer einigermaßen erfolgreich investiert, wird diese Grenze bald hinter sich gelassen haben.

Besteuert werden nicht nur Kursgewinne, sondern auch Zinsen und Dividenden. Wer Verluste etwa eine Aktie unter dem Wert verkauft, zu dem er sie gekauft hat, kann den Verlust, aber mit einem Gewinn eines anderen Aktiendeals verrechnen und so Steuern sparen. Passiert das innerhalb desselben Jahres und desselben Depots, verrechnet die Bank die Beträge automatisch. Weitere Infos zum Thema Steuern gibt es hier.

Der wichtigste Tipp: Anfangen!

Je früher man anfängt, desto besser. Bereits mit einem Sparplan von 25 Euro monatlich kann man über einen Zeitraum von zehn Jahren eine gute Rendite erzielen.