Für einkommensorientierte Anleger ist die derzeitige Lage an den Finanzmärkten schwierig. Die Anleiherenditen solider Schuldner befinden sich auf äußerst niedrigem Niveau. Einen Ausweg bieten Dividendenaktien. Durch sie können Anleger an der wirtschaftlichen Erholung partizipieren und erhalten gleichzeitig einen stetigen Einkommensstrom.
Sowohl in Europa als auch in den USA schreitet die wirtschaftliche Erholung voran. Um den realwirtschaftlichen Aufschwung nicht zu gefährden, bleiben die großen Notenbanken auf absehbare Zeit einer expansiven Geldpolitik verpflichtet. Der stufenweise Ausstieg der Fed aus dem Anleihekaufprogramm ("Quantitative Easing") gilt zwar als Indiz einer baldigen Zinswende, die tatsächliche Leitzinserhöhung dürfte jedoch frühestens im Jahr 2015 erfolgen. In Europa wird das Zinsniveau angesichts der latenten Deflationsrisiken noch länger tief bleiben.
Brenzlig wird es für Anleger besonders dann, wenn die Inflationsraten das Zinsniveau übersteigen. Zuletzt waren die Inflationsraten zwar rückläufig, mittelfristig wird sich die Teuerung jedoch wieder normalisieren. In diesem Fall erleidet der Anleger einen schleichenden realen Kaufkraftverlust. Diese Gefahr besteht besonders in den USA, aber auch in Deutschland.
Um eine Verzinsung zu erreichen, die über der Teuerung liegt, werden Anleger gezwungen, gezielt höhere Risiken einzugehen. Während länger laufende Anleihen zwar eine höhere Verzinsung bieten, gehen sie aber auch mit einem höheren Zinsänderungsrisiko (Duration) einher. Anleihen mit tieferer Bonität weisen auch höhere Ausfallrisiken auf. Als eine lohnenswerte, wenngleich auch deutlich schwankungsanfälligere Alternative gelten Aktien. Die Bewertungen sind zwar bei Weitem nicht mehr so günstig wie noch vor wenigen Jahren, insgesamt bleibt die Bewertung aber im Rahmen.
Für klassisch einkommensorientierte Investoren bieten sich Dividendentitel an. Im Gegensatz zu Wachstumswerten zeichnen sich Dividendenaktien durch ihren eher defensiven Charakter aus. Sie sind meist in gesättigten und etablierten Industrien tätig und erwirtschaften einen kontinuierlichen operativen Cashflow, der mangels lohnender Investitionsmöglichkeiten vermehrt ausgeschüttet wird.
Im Gegensatz zu den Aktienkursen unterliegen die Ausschüttungen zudem deutlich geringeren Schwankungen. Dadurch erzielen besonders längerfristige Anleger einen kontinuierlichen Einkommensstrom. Zudem weisen Dividendenaktien dank der höheren Visibilität der Gewinne meist eine niedrigere Volatilität als der Gesamtmarkt auf.
Anleger sollten sich jedoch der Risiken bewusst sein. Wie alle Aktien unterliegen auch Dividendentitel dem Marktrisiko - es können teils erhebliche Kursschwankungen eintreten. Insgesamt bieten Dividendenaktien aus Rendite-Risiko-Überlegungen jedoch eine interessante Anlagealternative. Ein Anleger, der ausschließlich fünfjährige deutsche Staatsanleihen hält, müsste lediglich rund 17 Prozent des gleichen Portfolios in einen europäischen Dividenden- ETF investieren, um eine identische Rendite zu erzielen - hierbei sind die prognostizierten Dividendenwachstumsraten noch nicht einmal berücksichtigt.
Für Investitionen in Dividendenaktien stehen verschiedene Anlageformen zur Verfügung. Während passive Fonds (ETFs) die Möglichkeit bieten, kostengünstig in eine diversifizierte Anlageform zu investieren, setzen aktiv verwaltete Fonds den Fokus auf die Auswahlkompetenz des Managers. Anleger, die Einzelinvestitionen bevorzugen, sollten ihren Entscheidungsprozess nicht ausschließlich von der Höhe der Dividendenrendite abhängig machen. Weit wichtiger ist die Nachhaltigkeit der Ausschüttungen.
Bernd Hartmann
Als Leiter des Bereichs Investment-Research der VP Bank in Vaduz, Liechtenstein, ist Hartmann verantwortlich für das Research von Währungen, Anleihen, Aktien und Alternative Anlagen. Er ist zudem mitverantwortlich für die taktische Positionierung der Vermögensverwaltungsmandate. Vor seinem Wechsel zur VP Bank war Hartmann Aktienfondsmanager bei der Liechtensteinischen Landesbank.