Ein Analyst ruft "Feuer!" – und der Kurs bricht ein. So geschehen bei Redcare Pharmacy, dem Online-Apotheken-Primus, der derzeit als Spielball regulatorischer Fantasien durch die Schlagzeilen geistert. Doch wer genau hinsieht, erkennt: Viel heißer Rauch, wenig Flamme. Und wer noch genauer hinsieht, erkennt auch, dass ein alter Bekannter gerade kräftig nachkauft.
Kepler schürt die Angst, die Deutsche Bank bleibt ruhig
Kepler Cheuvreux hat Redcare Pharmacy von "Kaufen" auf "Halten" herabgestuft, das Kursziel um 20 Euro gekappt – angeblich wegen struktureller Risiken rund um das neue PoPP-System und die freiwillige Gesundheits-ID. Das Argument: Ohne verpflichtende ID könnte der Zugang zu E-Rezepten über digitale Wege einbrechen. Eine These, die klingt wie aus dem Elfenbeinturm der Theorie. Doch diese Annahme ignoriert zentrale Fakten: Die gematik arbeitet längst an mehreren Zugangswegen zur digitalen Rezept-Einlösung – nicht ausschließlich an der Gesundheits-ID. Zudem ist die CardLink-Zertifizierung bis 2026 gesichert – eine Verlängerung gilt in der Branche als sehr wahrscheinlich. Kepler formuliert ein Worst-Case-Szenario, ohne das tatsächliche regulatorische Umfeld zu berücksichtigen. Wer hier von einem strukturellen Risiko spricht, sollte auch benennen, wie konkret dieses Risiko ist.
Die Deutsche Bank hingegen bleibt bei ihrer Kaufempfehlung mit Kursziel 214 Euro – und das zu Recht. Analyst Jan Koch kontert die Skepsis mit Fakten: Das CardLink-System ist bis mindestens März 2026 zertifiziert und es gibt keinerlei Hinweise, dass es danach ersatzlos verschwindet. Vielmehr wird mit Hochdruck an einer Nachfolgelösung gearbeitet, die nahtlos überleitet.
Redcare kennt die Spielregeln – und bereitet sich vor
Bereits seit Sommer 2024 arbeitet Redcare an der technischen Integration des neuen PoPP-Konzepts. Das Unternehmen weiß um seine strategische Abhängigkeit vom E-Rezept – und es wäre naiv zu glauben, man habe diesen Übergang nicht einkalkuliert. Die Digitalstrategie ist ein Kernelement des Konzerns, nicht irgendein Wagnis.
Ein Analyst zweifelt, der Markt reagiert über
Dass Kepler mit seiner skeptischen Einschätzung eine Verkaufswelle auslöste, zeigt vor allem eines: Wie nervös Anleger sind, wenn regulatorische Schlagzeilen auf operative Unsicherheit treffen. Doch das Management von Redcare ist erfahren, CEO Olaf Heinrich hat in zahlreichen Statements unterstrichen, dass der digitale Zugang erhalten bleibt – ob via CardLink oder GesundheitsID.
Noch bemerkenswerter: Während Anleger in Panik verkaufen, greift einer beherzt zu. Michael Köhler, früherer CEO und zwischenzeitlich größter Einzelaktionär, wurde nicht nur kürzlich in den Aufsichtsrat zurückgewählt – er nutzt die Gelegenheit und stockt seine Position auf. Ein klares Signal an den Markt: Hier ist kein Exit, sondern Überzeugung am Werk.
Klartext statt Kaffeesatz
Die Deutsche Bank liefert mit ihrer Einschätzung das, was Anleger brauchen: Klartext statt Kaffeesatzleserei. Die Struktur des digitalen Gesundheitswesens bleibt dynamisch, keine Frage. Aber Redcare ist vorbereitet, flexibel und regulatorisch nah am Puls der Zeit.
Wer langfristig denkt, erkennt: Diese Delle ist eine Gelegenheit. Nicht mehr, nicht weniger. Und wer klug ist, tut es wie Köhler – und kauft, wenn andere zittern.
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