In dieser Woche kann sich der Billigflieger Easyjet über positive Presse wahrlich nicht beklagen. Zum Wochenstart machten Meldungen die Runde, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Billigfluglinie für eine Dienstreise nach Pristina (Kosovo) nutzte. Dort wollte er kosovarische Pflegekräfte animieren, in Deutschland zu arbeiten. Und am Donnerstag veröffentlichte das in Großbritannien beheimatete Unternehmen Zahlen für das dritte Quartal. In den Monaten April bis Juni steigerte der Ryanair-Konkurrent seinen Konzernumsatz um 11,4 Prozent p.a. auf 1,761 Milliarden Pfund. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum erzielte die Gesellschaft bei einer verbesserten Auslastungskapazität eine Steigerung der Passagierzahlen um 8 Prozent p.a. auf 26,4 Millionen.
Damit präsentiert sich Easyjet derzeit in einer robusteren Verfassung als sein irischer Konkurrent Ryanair, der am Dienstag relativ enttäuschende Unternehmensnachrichten veröffentlicht hatte. Aufgrund von Problemen beim Flugzeugtyp Boeing 737 Max rechnet das Ryanair-Management nämlich mit einem langsameren Kapazitätswachstum im Sommer 2020. Im gesamten nächsten Geschäftsjahr dürften daher die erwarteten Ryanair-Passagierzahlen von 162 Millionen auf rund 157 Millionen sinken. Aktuelle Unternehmenszahlen für das erste Quartal sollen übrigens am 29. Juli veröffentlicht werden.
Diverse Probleme im Luftverkehr
Die gesamte Luftfahrtbranche hat derzeit mit sich eintrübenden Perspektiven zu kämpfen. Risiken gibt es zuhauf. Neben steigenden Ölpreisen und den Klima-Diskussionen drücken auch die wachsenden Rezessionsrisiken auf die Stimmung der Börsianer. Im Falle von Easyjet schwebt zudem das "Damoklesschwert" eines ungeordneten Brexits über dem Unternehmen. Zum einen könnte dies die Reiselust der Briten empfindlich bremsen und zum anderen aber auch die derzeitigen Flugaktivitäten belasten, schließlich sind die meisten Flüge der Airline in Europa und nicht im Vereinigten Königreich zu beobachten. Dass das Geschäft einer Fluglinie vor allem von der Attraktivität ihrer Landerechte stark abhängt, dürfte jedem Investor einleuchtend sein.
Aus charttechnischer Sicht kann man der Easyjet-Aktie für das vergangene Jahrzehnt vor allem eine starke Kursschwankungsintensität attestieren. Von 2009 bis 2015 vollzog der Titel eine Vervielfachung von weniger als vier auf über 26 Euro (Plus 550 Prozent). Diese Euphorie wurde mittlerweile aber durch Ernüchterung ersetzt, stürzte doch die Aktie seither zweimal auf zehn Euro ab. Im Herbst 2016 sowie Juni dieses Jahres drehte sie genau hier wieder nach oben. Grundsätzlich überwiegen bei Easyjet aber weiterhin die negativen Aspekte. So macht zum Beispiel die langfristige 200-Tage-Linie bislang absolut keine Anstalten, einen Trendwechsel zu vollziehen. Derzeit verläuft diese Durchschnittslinie bei 12,84 Euro. Sollte sie markant überwunden werden, wäre dies als starkes Kaufsignal zu sehen, weil dadurch zugleich ein Ausbruch aus dem seit einem Jahr intakten Abwärtstrend vollzogen wäre. Auf keinen Fall sollte jedoch der charttechnische Boden bei zehn Euro signifikant verletzt werden. In diesem Fall könnten angesichts der ohnehin undurchsichtigen Gemengelage Anleger die Geduld verlieren und chartinduzierten Verkaufsdruck generieren.
Ein Kauf der Easyjet-Aktie drängt sich im gegenwärtigen Umfeld nicht auf. Deshalb sollten Börsianer den Titel lediglich mit "Beobachten" auf dem Radar haben.