Lateinamerika ist von Corona schwer getroffen: Über 40 Millionen Menschen waren im Juli infiziert. Das Impftempo ist langsam, in Mexiko sind 19 Prozent, in Argentinien gerade mal 15 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Das unzulängliche Gesundheitskrisenmanagement sowie hohe Arbeitslosenzahlen rufen Proteste hervor - insbesondere in Kolumbien und Peru. In beiden Ländern sind 15 Prozent der Bevölkerung ohne Job.
Auch in Brasilien treibt es die Menschen auf die Straße. Sie demonstrieren gegen Jair Bolsonaro. Der Staatspräsident spielt die von Corona ausgehenden Gefahren herunter. Einer Umfrage des Datafolha Instituts zufolge waren im Mai 51 Prozent der Befragten der Meinung, Bolsonaro mache keine gute Politik. Noch nie war die Unzufriedenheit mit der Amtsführung des Präsidenten so hoch.
Trotzdem: Bei Investoren ist von Panik nichts zu spüren. Im Gegenteil. Wohl wissend, wie schwankungsanfällig Lateinamerikas Aktienmärkte sind, nimmt nicht zuletzt aufgrund deutlich gestiegener Rohstoffpreise die Risikobereitschaft zu. Neben Agrarprodukten exportiert Lateinamerika vor allem Öl, Eisenerz und Kupfer. Auch die verarbeitende Industrie kommt in Schwung. Ausländische Investoren vermuten daher Aufholpotenzial: Während der MSCI World es seit Jahresanfang auf ein Plus von rund 15 Prozent bringt, legte der MSCI EM Latin America bislang nur acht Prozent zu.
Der Amundi MSCI EM Latam ETF bildet den Index synthetisch ab. Er enthält 66 Prozent brasilianische Aktien und 22 Prozent mexikanische, der Rest steckt in Unternehmen aus Kolumbien, Chile, Peru und Argentinien. Hoch gewichtet sind Unternehmen wie der Rohstoffgigant Vale, der Ölkonzern Petrobras und die Bank Itau Unibanco aus Brasilien. Unter den Top-Ten-Positionen finden sich aber auch mexikanische Titel wie der Telekommunikationskonzern America Móvil und Walmart de Mexico
Mutige Manager
Im Juni waren neben kolumbianischen Aktien insbesondere brasilianische Werte gesucht. Laut "Rio Times" investierten ausländische Anleger über 9,6 Milliarden Dollar. Im selben Monat legte der Bovespa-Index fast fünf Prozent zu und schnitt damit besser ab als der MSCI World und der MSCI Emerging Markets. Im Juli gab Brasiliens Börsenbarometer jedoch wieder drei Prozent ab. Mutige Anleger setzen dennoch darauf, dass die Erholung in der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas anhält und sich dies in steigenden Kursen niederschlägt. Trotz der Pandemie legte das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal dieses Jahres um 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu.
Auch Brasiliens Unternehmer fassen wieder Mut. Nach Angaben von Germany Trade & Invest lagen die Anlageinvestitionen im ersten Quartal 2021 um 17 Prozent über denen des Vorjahresquartals. Angesichts der guten Entwicklungen erhöhte Brasiliens Wirtschaftsminister Paulo Guedes jüngst die Wachstumsprognose für das Gesamtjahr von 3,5 auf fünf bis 5,5 Prozent.
Kursfantasien entzünden sich auch an Guedes’ Steuerreformplänen. Demnach sollen ab Januar 2022 rund 30 Millionen Arbeitnehmer entlastet werden. Das dürfte den Konsum fördern. Die Unternehmensteuern sollen von aktuell 15 Prozent auf 12,5 und 2023 auf zehn Prozent sinken. Allerdings wird die Kapitalertragsteuer auf ausgeschüttete Gewinne angehoben.
Treiber US-Aufschwung
Wie in Brasilien hellen sich nach einem Wachstumseinbruch von über acht Prozent im vergangenen Jahr auch die ökonomischen Perspektiven Mexikos wieder auf. Der Internationale Währungsfonds erwartet eine Zunahme der wirtschaftlichen Gesamtleistung von 6,3 Prozent. Im kommenden Jahr prognostiziert der IWF ein Plus von über vier Prozent. Mexiko profitiert insbesondere vom milliardenschweren Konjunkturprogramm im nördlichen Nachbarland. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres stiegen die Exporte in die USA im Vergleich zum gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr um 29 Prozent.
Auch das Konsumentenvertrauen zieht allmählich wieder an. Allerdings steigen auch die Preise. Die Inflationsrate könnte im Lauf des Jahres auf sechs Prozent klettern. Das ist deutlich über dem Zielwert der mexikanischen Notenbank. Nicht auszuschließen, dass die Währungshüter im August die Zinsen anheben.
Amundi MSCI Emerging Markets Latin America: Seit Jahresanfang legte der ETF rund acht Prozent zu. Hohe Gewichtung brasilianischer und mexikanischer Aktien. Rohstoffunternehmen und Finanzwerte sind prominent vertreten. Synthetische Replikation des Index.