EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte mit, die Bestellung von Impfstoff-Dosen bei dem US-Konzern Pfizer und dessen deutschem Partner Biontech sei um weitere 300 Millionen Einheiten verdoppelt worden. Die Brüsseler Behörde habe den 27 Mitgliedstaaten vorgeschlagen, zunächst weitere 200 Millionen Dosen zu ordern mit der Option, danach noch einmal 100 Millionen nachzubestellen. Insgesamt leben in der EU rund 450 Millionen Menschen. Von der Leyen ergänzte, rund 75 Millionen Einheiten der zusätzlich bestellten Menge könnten im zweiten Quartal geliefert werden.

Dadurch steigt auch die Liefermenge für Deutschland. "Das ist eine gute Nachricht", sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Berlin. "Die genaue Verteilung wird noch verhandelt." Sie werde sich an der Größe der Bevölkerung orientieren. Nationale Vereinbarungen mit den Herstellern würden dabei nicht zu Verzögerungen bei den EU-Auslieferungen führen, ergänzte der Sprecher. "Kein EU-Land wird deshalb Impfdosen später bekommen."

Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit mindestens 90 Millionen Biontech-Impfdosen für Deutschland. Zusammen mit Lieferungen des US-Unternehmens Moderna dürften es insgesamt 140 Millionen Impfdosen werden. Dabei sei die neue EU-Bestellung noch nicht eingerechnet, so der Sprecher des Gesundheitsministeriums.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kritisierte Spahn im "Spiegel" erneut: "Die Liste der Versäumnisse und verpassten Gelegenheiten wird immer länger." Die SPD-regierten Bundesländer hatten Spahn, dem Ambitionen auf eine Kanzlerkandidatur nachgesagt werden, zuletzt einen umfangreichen Fragenkatalog zur Versorgung mit Impfstoffen geschickt. Die USA, Großbritannien und Israel haben bereits deutlich mehr Menschen geimpft als Deutschland.

WIRTSCHAFT IN DEN LOCKDOWN?


Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow forderte unterdessen, die gesamte Wirtschaft in den Lockdown zu schicken. "Wir müssen jetzt einfach einmal komplett eine Pause machen", sagt der Linken-Politiker dem MDR. "Ich sehe keine Alternativen. Der Fehler, den wir in ganz Deutschland gemacht haben, war, dass wir den Dezember nicht genutzt haben, um tatsächlich auch die allgemeine Wirtschaft in eine Pause zu schicken." Die Last des Lockdowns hätten bisher Gastronomen, Einzelhändler, Kulturschaffende und Kinder getragen.

Der Modehandel warnte angesichts des Lockdowns und ausbleibender staatlicher Hilfen vor einer Pleite-Welle mit dem Verlust von mehr als 100.000 Arbeitsplätzen. Die Branche ächze bereits unter den Folgen der Schließungen, doch nun müssten im kommenden Monat die Rechnungen für die Frühjahrskollektionen bezahlt werden, so ein Sprecher des Verbandes BTE: "Im Februar könnte es hoch hergehen." Viele der vor allem mittelständischen Händler könnten angesichts klammer Kassen die Waren nicht bezahlen, ihnen drohe die Insolvenz. Das werde auch Folgen für die Zulieferer haben.

Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, sagte, es gehe nun darum, die erst am Dienstag beschlossenen Corona-Maßnahmen mit weitreichenden Kontaktbeschränkungen umzusetzen. Ziel sei es, die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz deutlich zu senken auf Werte von unter 50. Das nächste Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder werde es am 25. Januar geben. "Da wird wie immer nichts auszuschließen sein."

Kanzleramtschef Helge Braun hatte am Donnerstag bereits in einem Reuters-Interview vor einem deutlich längeren Corona-Lockdown gewarnt, sollten die Länder die gemeinsam getroffenen Corona-Beschlüsse nicht konsequent umsetzen. "Mit jeder Lockerung jetzt ist die Wahrscheinlichkeit auf noch länger notwendige Beschränkungen immer größer", so der CDU-Politiker. Er habe die "große Sorge", dass der Effekt des Lockdowns gemindert werde und die Zahl der Neuinfektionen bis Ende Januar nicht ausreichend sinken werde.

Am Freitag war die Zahl der offiziell in Deutschland erfassten Corona-Todesfälle auf einen Rekordwert gestiegen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) gab bekannt, 1188 weitere Menschen seien gestorben, die positiv auf das Virus getestet worden waren. Zudem meldete das RKI 31.849 Neuinfektionen. Hier liegt der bisherige Höchstwert bei 33.777, der am 18. Dezember registriert wurde.

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) will womöglich bis Ende des Monats über eine Genehmigung des Impfstoffs von Astrazeneca entscheiden. Das Unternehmen werde seinen Zulassungsantrag voraussichtlich kommende Woche einreichen, so die Behörde. Die EMA erlaubt zudem ab sofort, dass aus einem Biontech-Fläschchen sechs statt bisher fünf Impfdosen genommen werden können.

rtr