Das nordöstlichste Land der EU macht Schlagzeilen. So plant man den längsten Eisenbahntunnel der Welt: eine gut 100 Kilometer lange Verbindung zwischen Helsinki und Tallinn unter der Ostsee hindurch. Helsinki könnte sich so als Drehscheibe in Richtung Asien etablieren: Für China wäre der Tunnel unter dem Finnischen Meerbusen ein wichtiges Puzzlestück ihrer "One Belt One Road"- Initiative, die in Europa häufig auch als "Neue Seidenstraße" bezeichnet wird.
Schlagzeilen macht man auch in Brüssel. Nach Österreich, Holland, Schweden und Dänemark stellt sich auch Helsinki gegen das geplante EU-Wiederaufbauprogramm zur Bewältigung der Corona-Krise. Credo: weniger Zuschüsse und mehr Kredite. Aus den "Sparsamen Vier" ist somit nun ein Quintett geworden.
Hinter alldem steckt die Regierung von Sanna Marin, die erst im Dezember vom Parlament in Helsinki zu Finnlands neuer Regierungschefin gewählt wurde. Mit 34 Jahren ist die Sozialdemokratin damit nicht nur Finnlands jüngste Ministerpräsidentin aller Zeiten, sie ist auch die jüngste weltweit. Und sie ist bei Weitem nicht die einzige junge Frontfrau in der finnischen Politik. In der neuen Regierung werden fast alle Schlüsselpositionen von jungen Frauen besetzt. Dass die 32-jährige Katri Kulmuni, die Vorsitzende der Zentrumspartei und bisherige Finanzministerin, wegen einer Kontroverse um Beratungsgebühren gerade von ihrem Ministeramt zurückgetreten ist, tut dem aktuellen finnischen Trend keinen Abbruch.
Insgesamt sind im öffentlichen Bereich viele Spitzenpositionen mit Frauen besetzt. Und auch in der Wirtschaft hat sich was getan: Etliche der jungen Start-up-Unternehmen wurden von Frauen gegründet und geleitet. Ganz ohne Quote.
Anders sieht es bei den großen Unternehmen an der Börse aus. Die werden noch größtenteils von Männern geführt - und gehören überwiegend etablierten Industrien an: Grundstoffe etwa, mit den großen Holzunternehmen Stora Enso und UPM Kymmene, oder Anlagenbau mit dem Aufzughersteller Kone. Dennoch, oder gerade deswegen, läuft der finnische Leitindex gut. Der OMX Helsinki 25 hängte etwa den DAX in den zurückliegenden fünf Jahren ab.
Große Hoffnungen auf 5G
Top-Performer in diesem Jahr ist bislang Nokia. Das Unternehmen mit dem glanzvollen Namen ist mit dem früheren Nokia jedoch kaum mehr zu vergleichen. Einst bekannt für Mobiltelefone, ist dieses Geschäft längst ausgelagert und wird vom finnischen Unternehmen HDM Global unter Lizenz getätigt. Interessant ist Nokia inzwischen wegen des Ausbaus des 5G-Netzes in Europa und dem sichtlichen Bemühen der Politik in Europa, dieses Feld nicht dem chinesischen Huawei-Konzern komplett zu überlassen. Neben sicherheitspolitischen Argumenten bringen Huawei-Gegner auch industriepolitische Punkte vor: Europa habe - anders als etwa die USA - mit den skandinavischen Unternehmen Ericsson und Nokia zwei eigene 5G-Anbieter. Diese Technologiekompetenz müsse erhalten bleiben.
Doch es ist schwierig für Nokia. Man hat anscheinend Probleme bei der Entwicklung von 5G-Chips. Erst im vergangenen Herbst enttäuschte Nokia-Chef Rajeev Suri die Anleger mit der Streichung der Dividende. Mit einem neuen Chef soll jetzt alles besser werden. Es gebe manchmal Angebote, die man einfach nicht ablehnen könne. So beschrieb Pekka Lundmark seinen überraschenden Wechsel an die Spitze des Netzwerkausrüsters. Der 57-Jährige, der seit 2015 den finnischen Energieversorger Fortum führt, wird im September auf Suri folgen.
Ein Investment wert ist auch Kone. Auch wenn es mit der Übernahme des Aufzuggeschäfts von Thyssenkrupp nicht geklappt hat, bleibt der finnische Rivale auf Kurs. Henrik Ehrnrooth, Vorstandsvorsitzender von Kone, will Profit daraus schlagen, dass es als Folge des Eignerwechsels bei der Aufzugsparte von Thyssenkrupp Turbulenzen geben könnte.
Aber auch so läuft es gut. Kone kontrolliert im auf 90 Milliarden Dollar geschätzten Weltmarkt einen Anteil von 16 Prozent. Bis 2023 soll der globale Markt um rund vier Prozent pro Jahr wachsen. Kone könnte dabei die Nummer 2, Schindler, überholen, weil man im wichtigen chinesischen Markt ganz weit vorn ist. Der Aufzugbauer fährt dort rund 30 Prozent der Erlöse ein. Kone ist ein Vorreiter beim energie- und platzsparenden Einsatz von Fahrstühlen in Hochhäusern. So können bei speziell für hohe Häuser konzipierten Kone-Aufzügen mehrere Fahrstühle gleichzeitig in einem Schacht zirkulieren. Mit neuartiger Datenanalyse sei es zudem möglich, Wartungsarbeiten vorausschauend zu planen.
Eine dritte aussichtsreiche Aktie ist der Papier- und Zellstoffproduzent UPM Kymmene. Seit dem Finanzjahr 2013 ist es den Finnen gelungen, das Jahresergebnis kontinuierlich zu steigern. Außerdem gefallen die moderate Verschuldung, der seit zehn Jahren stets positive Free Cashflow sowie die vernünftige Ausschüttungsquote bei den Dividenden. In den zurückliegenden fünf Jahren wurde die Dividende jedes Jahr erhöht.