"Während die strategische Sinnhaftigkeit einer Fusion grundsätzlich bestätigt wurde, hat sich bei der Erörterung von Detailfragen insbesondere der Governance gezeigt, dass keine übereinstimmende Auffassung erzielt werden konnte", hieß es zur Begründung. Praxair bestätigte knapp das Ende der Gespräche. Die Linde-Aktie stürzte im Dax um gut acht Prozent ab.
Zentrale Punkte in den Verhandlungen waren der rechtliche und tatsächliche Sitz des fusionierten Unternehmens, Kartellfragen und die Besetzung des Managements. Die beiden Konzerne verhandelten seit mehreren Wochen hinter den Kulissen über eine Mega-Fusion. Mitte August wurden die Verhandlungen öffentlich. Linde wollte durch den Zusammenschluss wieder zurück an die Weltspitze im Markt für Industriegase. Die Münchner rutschten kürzlich auf Platz zwei ab, nachdem die französische Air Liquide den US-Konkurrenten Airgas gekauft hatte. Praxair macht nur etwa halb so viel Umsatz wie Linde, ist aber wesentlich profitabler. Zudem ist der Konzern aus Connecticut an der Börse höher bewertet als der Münchner Rivale.
An der Börse waren die Fusionspläne gut angekommen. "Ein Zusammenschluss wäre gut für beide Unternehmen - und für die gesamte Branche", lobte seinerzeit Fondsmanager Christopher Schaefer von Union Investment, einem der 15 größten Linde-Aktionäre. Die Fusion hätte laut Marcus Mayer vom Wertpapierhandelshaus Baader die Überkapazitäten in der Branche abbauen helfen und die Margen nach oben getrieben. Analyst Peter Spengler von der DZ Bank hatte indes damit gerechnet, dass der Zusammenschluss nicht klappt. "Unsere negative Einschätzung hat sich bestätigt", urteilte er. "Wir waren nicht überzeugt, dass die Fusion sich für die Linde-Aktionäre gelohnt hätte. Es besteht aus unserer Sicht keine Notwendigkeit für einen Zusammenschluss in dieser Größenordnung."
Praxair wurde vor Bekanntwerden der Fusionspläne am Aktienmarkt mit umgerechnet 30 Milliarden Euro bewertet, zwei Milliarden höher als Linde. Die Transaktion sollte ein reiner Aktiendeal werden, ohne dass Geld geflossen wäre.
Die Gasebranche ist weltweit stark konsolidiert. Wäre die Fusion gelungen, wären nur noch drei große Industriegaseanbieter übrig geblieben. Ein Knackpunkt wäre bei einer Fusion deshalb die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden gewesen. Schon beim Kauf des britischen Rivalen BOC 2006 erhielt Linde strenge Auflagen und musste in mehreren Ländern Geschäft an die Konkurrenz abgeben.
Linde ist vor allem in Europa und Asien stark, Praxair in Nord- und Südamerika. Die Münchener leiden unter der Schwäche der Öl- und Gasbranche und hatten sich deshalb im Geschäft mit medizinischen Gasen verstärkt. In der Gesundheitsbranche sind die Amerikaner bisher nicht vertreten.
Praxair ist mit einem Umsatz von umgerechnet 9,6 Milliarden Euro nur etwa halb so groß wie Linde, mit einem Gewinn von umgerechnet 1,5 Milliarden Euro aber wesentlich profitabler. Die Münchner erwirtschaften bei einem Umsatz von 18 Milliarden Euro nur 1,15 Milliarden Euro.
rtr