Auf breiter Front schreitet die Bundesregierung derzeit gegen Käufe deutscher Unternehmen durch Investoren aus China ein. Dabei bewegt sie sich auf einem schmalen Grat zwischen möglichen Sicherheitsinteressen und Protektionismus. Die Materie ist so heikel, dass selbst der sonst um keine Meinung verlegene Chefvolkswirt einer deutschen Großbank kapituliert: "Einerseits bin ich als Liberaler für grenzüberschreitende Investitionen. Andererseits gibt es auch berechtigte Sicherheitsüberlegungen, gerade wenn Chinesen kaufen. Ich komme hier zu keiner klaren Meinung", sagte der Ökonom gegenüber BÖRSE ONLINE - und wollte anonym bleiben.

Osram-Aktie verliert



Nach dem Stopp des Aixtron-Verkaufs an chinesische Bieter zu Wochenbeginn hat Berlin jedenfalls jetzt offenbar auch den Verkauf der Osram-Glühbirnensparte an ein chinesisches Bieterkonsortium ausgebremst. Medienberichten zufolge hat das Wirtschaftsministerium den Antrag der Bieter auf eine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung abgelehnt. Die Transaktion soll einer vertieften Prüfung unterzogen werden.

Damit hat sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel für seine bevorstehende China-Reise diese Woche weiter aufmunitioniert. Erst zu Wochenbeginn hatte Gabriel eine bereits erteilte Freigabe des Kaufs des Technologieunternehmens Aixtron durch den chinesischen Investor FGC zurückgenommen - nicht zuletzt wohl auch deshalb, um im Vorfeld der Reise Signale zu setzen.

Das hat konkrete Folgen für Aktionäre: Allein die unbestätigte Meldung über den vorläufigen Osram-Stopp dämpfte die Übernahmefantasie um den Leuchtmittelspezialisten. Die Aktie rutschte am Donnerstag zeitweise um drei Prozent ab.

Spannungen nehmen zu



Obwohl die gegenseitige wirtschaftliche Verflechtung zwischen China und Deutschland groß ist, haben sich zuletzt neue Spannungsfelder aufgetan. Gabriel wirft den Chinesen unfaire Handelspraktiken vor wie beispielsweise Dumpingpreise beim Stahl sowie gezielte Käufe deutscher Hochtechnologie-Perlen wie den Roboterhersteller Kuka.

Vor Kurzem war auch ein Papier aus dem Hause Gabriel aufgetaucht, wie Nicht-EU-Auslandsinvestoren der Zugriff auf deutsche und europäische Unternehmen erschwert werden könnte - vor allem dann, wenn dabei eine Sperrminorität von 25 Prozent überschritten wird und insbesondere ein anderer Staat seine Finger im Spiel hat.

Auch für Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), markieren Fälle wie Aixtron oder die Osram-Glühbirnensparte "den schmalen Grat zwischen Sicherheitsinteressen und protektionistischer Begrenzung des Kapitalverkehrs".

IW plädiert für "Markttest"



Das Außenwirtschaftsrecht ermögliche bereits eine Investitionsprüfung bei Sicherheitsbedenken. Da die Kriterien dabei aber unscharf und protektionsanfällig seien, schlägt Hüther vor, sich etwa bei der Übernahme von Kuka durch das chinesische Unternehmen Midea an den Marktreaktionen zu orientieren.

Dieser "Markttest" signalisiere am besten mögliche Sicherheitsrisiken. "Deutsche Unternehmen haben freiwillig ihre Anteile an Kuka veräußert. Angebote von anderen heimischen Firmen gab es nicht. Die Unternehmen erkennen also am besten selbst, ob und wie ihre Wertschöpfungskette bedroht wird."

Vor dem Aufbau neuer Hürden warnt auch der Industrie- und Handelskammertag DIHK - gerade mit Blick auf das Ungleichgewicht zwischen hohen deutschen und niedrigen chinesischen Investitionen im jeweils anderen Land. "Die deutschen Maschinenbauer wollen keinen erweiterten Schutz vor ausländischen Investoren, sondern gleiche Bedingungen für eigene Investitionen im Ausland, wie sie in der EU gegeben sind", sagt VMDA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann