Gold - nicht nur auf Glücksritter der Frühen Neuzeit übte es eine magische Anziehungskraft aus. Ganze Kontinente wurden im Goldrausch kartografiert, Kriege für Gold geführt. Und auch heute tobt ein Glaubenskrieg, in dessen Mittelpunkt das Edelmetall steht. Auf der einen Seite: Skeptiker wie Investmentlegende Warren Buffett, die das Edelmetall im Vergleich zu Ackerland oder Aktien nutzlos und wenig lukrativ finden. Auf der anderen Seite: Goldjünger, die Barren und Münzen als ultimative Wertspeicher sehen, mit denen Vermögen über Jahrtausende konserviert werden kann.
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Geld und andere Wertspeicher
Besonders während der Finanz- und Schuldenkrise erhielt diese Fraktion beeindruckenden Zulauf. Je größer die Sorgen um das Finanzsystem wurden und je mehr die Notenbanken ihre Bilanzen aufblähten, um wackelnde Banken und überschuldete Staaten mit billigem Geld zu versorgen, desto höher stieg der Goldpreis (siehe Grafik). Über 200 Prozent legte er von 2007 bis 2011 zu. Knapp 2500 Tonnen Gold lagen damals in Goldfonds, fast so viel wie die jährliche globale Minenproduktion. Der Verfall war ebenso beeindruckend. Seit dem Hoch stürzte der Goldpreis um 35 Prozent auf 1200 US-Dollar je Feinunze ab.
Eine Blase sei geplatzt, resümieren Finanzmarktstars wie Warren Buffett oder der Ökonom Nouriel Roubini. Doch auch wenn der Glanz etwas verblasst ist: Dem Mythos Gold konnte der Kurseinbruch wenig anhaben. "Schon nach den ersten starken Kursverlusten hatten wir Schlangen vor der Tür", sagt Wolfgang Wrzesniok-Roßbach, Geschäftsführer von Degussa Goldhandel. Das habe sich bis heute nicht geändert. Die Überraschung: Fast keiner wollte panisch verkaufen, viele kauften nach. Die Nachfrage bei Degussa hat sich verdreifacht, das Unternehmen macht monatlich dreistellige Millionenumsätze. Auch der November und der Dezember waren wieder Rekordmonate. "Inflation und Währungskrisen stecken tief in deutschen Köpfen", so der Degussa- Chef. "Vor allem die gehobene Mittelschicht kauft nach wie vor Gold als Vermögensversicherung."
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Neue globale Goldströme
Was sich in den Verkaufsräumen von Degussa abspielt, ist kein Einzelfall. Gold ist gefragt wie nie. Selbst die Zentralbanken, die Herren des Geldes, kaufen mehr Gold, als sie ver- kaufen. Um 2000 Tonnen haben sie die Reserven seit 2008 aufgestockt. Vor allem die private Nachfrage ist aber enorm. Laut aktuellen Zahlen des World Gold Councils, einem Zusammenschluss von Goldhändlern und -produzenten, kauften Konsumenten von Januar bis Ende September 2013 weltweit knapp 2900 Tonnen Gold - 1650 in Schmuck, 1250 in Münzen und Barren. Das größte Plus kommt aus den Schwellenländern.
Das Gold, das seit dem 16. Jahrhundert immer nach Europa floss, hat eine andere Richtung eingeschlagen. Nicht mehr der Westen, sondern der Osten ist nun Adressat der größten Lieferungen. Besonders die Chinesen geben sich mit steigendem Wohlstand immer mehr dem Sog des Goldes hin. Sie kauften in den ersten neun Monaten des Jahres 2013 rund 800 Tonnen, etwa doppelt so viel wie Amerikaner und Europäer zusammen. China hat sogar den bisher größten Importeur Indien überholt, wo der Schmuckbedarf traditionell hoch ist. Dort wird die Nachfrage derzeit aber auch wegen höherer Steuern etwas gebremst. Doch Chinas Hunger soll schon zu Engpässen bei Schweizer Goldschmelzen führen.
Aber wie geht die steigende Nachfrage mit sinkenden Preisen zusammen? Spekulationen darüber gibt es - wie immer beim mythenumrankten Metall - viele. Manche klingen wie Verschwörungstheorien. Es wird von Banken gesprochen, die mit Milliarden den Markt manipulieren. Manche mutmaßen, Regierungen und Notenbanken drückten den Goldpreis. Wer ihn steuere, kontrolliere die Finanzmärkte, so die These. Spekuliert wird auch über die Wiedereinführung goldgedeckter Währungen, weshalb die Bundesbank Goldreserven heimhole.
Fakt ist: Seit sich die Lage an den Finanzmärkten in Europa und den USA stabilisiert hat, haben viele Spekulanten dem Goldmarkt den Rücken gekehrt. Ablesbar ist das erneut an der Fließrichtung des Goldes.
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Das Gold-Kasino
Hedgefonds, Banken, Anleger: Sie alle haben 2013 Gold verkauft. Teils, weil Kunden ihr Kapital abgezogen haben, teils, weil Anlageklassen wie Aktien gut liefen, während der Goldpreis fiel. An Terminbörsen wie der Comex in New York, wo bis zu 100 Kontrakte auf eine real vorhandene Unze Gold kommen, schwand das Vertrauen in die Krisenwährung. Die Folge: Verkaufswellen, von denen Goldfonds (ETFs und ETCs) besonders betroffen waren. Dies leerte die Lagerhäuser und warf laut Schätzungen bis zu 1000 Tonnen auf den Markt. Es entstand ein riesiges Zusatzangebot - und eine neue Goldroute von London über Schweizer Schmelzen, wo die Barren für Chinas Konsumenten verkleinert wurden, nach Hongkong und China.
So sind vor allem jene Finanzprodukte, die der Lobbyverband World Gold Council lange gefordert hat, um stabilere Preise zu garantieren, für die jüngsten Abstürze verantwortlich. Doch einige Experten glauben nun, dass die Mittelabflüsse zu Ende sein könnten und sich der Markt stabilisieren wird. Vom Datendienst Bloomberg befragte Analysten gehen zumindest nicht mehr davon aus, dass der Goldpreis weiter abstürzen wird. Und erste Zeichen dafür gibt es: Die Notierungen zogen seit Dezember um 50 US-Dollar an.
"Ende 2014 dürfte der Goldpreis deutlich höher notieren als heute", glaubt auch Bert Flossbach von der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch. Die Nachfrage steige, viele Spekulanten seien aus dem Markt. Er hat zuletzt die niedrigen Kurse genutzt und den Goldanteil in seinem milliardenschweren Mischfonds leicht ausgebaut. Ob andere Profis seinen Glauben ans Gold teilen und wie sie agieren, lesen Sie hier.
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