Der Small-Cap-Sektor zeigt neue Dynamik. Goldman-Spezialist Greg Tuorto sieht günstige Bewertungen, M&A-Chancen – und einen unterschätzten AI-Play.

Lange fristeten sie ein Schattendasein, doch jetzt scheint Bewegung in den Markt der Small und Mid Caps zu kommen. Greg Tuorto, Leiter des US Small and Mid Cap Teams bei Goldman Sachs Asset Management, sieht Anzeichen für einen Wendepunkt. 

In einem CNBC-Interview erklärt er: „Wir sehen erste Lebenszeichen im Small-Cap-Markt – der Juni war bisher ein guter Monat im Vergleich zu Large Caps.“ Der Mix aus niedrigen Bewertungen, einem soliden makroökonomischen Umfeld und der Aussicht auf Zinssenkungen in der zweiten Jahreshälfte sei ein idealer Nährboden für eine Erholung.

Vor allem die Konjunktur helfe, so Tuorto: „Das wirtschaftliche Umfeld ist besser, als viele erwartet haben.“ Wenn dann auch noch die Fed bald zu einer lockereren Geldpolitik übergehe, entstehe zusätzlicher Rückenwind – insbesondere für Unternehmen mit Binnenfokus, die sich nicht auf globale Lieferketten verlassen müssen.

Wachstumschancen durch M&A und IPOs

Ein weiteres Argument für Small Caps: Die M&A-Aktivität dürfte bald deutlich anziehen. Laut Tuorto bauen sich bei vielen Investmentbanken – auch bei Goldman selbst – derzeit große Deal-Pipelines auf. „Wir erwarten, dass das im zweiten Halbjahr sichtbar wird.“ Auch IPOs, vor allem im Bereich Raumfahrt, könnten das Segment beleben. Besonders aktiv sei der private Raumfahrtmarkt – hier könnte es zu einer Welle von Börsengängen kommen.

Konkret nennt Tuorto die Aktie von Voyager Space, einem kürzlich an die Börse gegangenen Raumfahrtunternehmen, das von der wachsenden Dynamik in diesem Sektor profitiere. Und auch bei traditionellen Industrien sieht er Potenzial: „Aerospace und Defense performen gut – und hier rechnen wir mit mehr IPOs.“

Sektor-Rotation: Vom Konsum zu Tech und Software

Der Konsumsektor habe zu Jahresbeginn eine zentrale Rolle gespielt – doch der Fokus verschiebe sich: „Jetzt sehen wir, dass die Konsumenten wieder für Flugreisen ausgeben.“ Dennoch glaubt Tuorto, dass Tech, Software und Halbleiter die nächsten Treiber sein könnten. Besonders interessant seien sogenannte „Picks and Shovels“-Firmen – also Zulieferer im Hintergrund.

Beispiel: SiTime, ein Anbieter für Timing-Lösungen zur Vernetzung von Rechenzentren. Diese „Verbindungsstücke“ würden immer wichtiger, um die Leistungsfähigkeit großer KI-Systeme zu entfalten. „Es geht darum, die Rechenzentren effizient miteinander zu verbinden – dafür braucht es spezialisierte Hardware.“

Standortvorteil: Domestizität wird zur Stärke

Ein weiterer Vorteil von Small Caps sei ihre Binnenorientierung – in Zeiten neuer Handelszölle und geopolitischer Spannungen ein wertvolles Asset. „Viele dieser Unternehmen sind sehr stark auf den US-Markt fokussiert“, so Tuorto. Die Erfahrungen mit dem Handelskrieg 2018 und den Pandemie-bedingten Lieferengpässen hätten die Firmen gelehrt, ihre Lieferketten zu straffen. „Es ist teuer, international zu sourcen – viele sind daher lokal geblieben.“

Für Investoren, die nach unterbewerteten Marktsegmenten mit Aufholpotenzial suchen, könnten Small Caps zur interessanten antizyklischen Wette werden. Die Argumente: günstige Bewertungen, verbesserte makroökonomische Lage, zunehmende M&A-Aktivität – und neue Wachstumssektoren wie Raumfahrt, Software und Verteidigung. Goldman-Manager Tuorto fasst es prägnant zusammen: „Viele dieser Unternehmen haben sich an hohe Zinsen gewöhnt. Wenn jetzt die Fed lockert, haben sie einen klaren Vorteil.“

Anleger, die sich entsprechend positionieren und auf ein Comeback der Kleinstwerte setzen möchten, können z.B. in ein ETF auf den US-Index Russell 2000, der die 2000 kleineren, börsengelisteten US-Unternehmen umfasst, oder in ein ETF auf den MSCI World Small Cap (globale Streuung) investieren. 

iShares Russell 2000 ETF (WKN: 592353)