Im Markt für KI-Chips ist Nvidia seit nunmehr drei Jahren der klare Platzhirsch. Doch Alphabet hat nun eigene Chips entwickelt – und das offenbar erfolgreich. Die jüngst bekanntgewordene Kooperation mit Meta Platforms stellt nun urplötzlich Nvidias Dominanz infrage. Sollten Privatanleger ihre Gewichtung verschieben?
Warren Buffett hat es womöglich vorhergesehen, als er im dritten Quartal, für viele überraschend, eine Depotposition bei der Google-Mutter Alphabet aufbaute. Der Tech-Gigant aus Mountain View ist nämlich schon lange kein reiner Suchmaschinenkonzern mehr. Alphabet verfügt mittlerweile über ein hochrentables Cloud-Geschäft, mischt mit „Gemini“ im Wettrennen um das schnellste KI-Modell mit und hat viel Geld in die Entwicklung eigener Chips für Anwendungen rund um die Künstliche Intelligenz gesteckt.
Das alles trägt nun offenbar Früchte: Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Meta Platforms, die Mutter von Facebook, Instagram und Whatsapp, künftig stärker auf die Google-Technologie setzen und dabei auch KI-Chips von Alphabet einsetzen will.
Bislang hat Nvidia mehr als 80 Prozent Marktanteil
Das wirft Fragen auf, ob Nvidia sich ernsthaft Sorgen um seine Marktanteile und vor allem um die Margen machen muss: Bislang konnte Nvidia für seine KI-Racks im Grunde jeden Preis aufrufen. Sie wurden den Amerikanern allesamt aus den Händen gerissen. Im abgelaufenen 3. Quartal wies Nvidia auch deshalb, wieder einmal, eine atemberaubende Rohertragsmarge von mehr als 73 Prozent aus.
Mit seinen Graphics Processing Units (GPUs) vom Typ Blackwell und dem Vorgängermodell H100 hält Nvidia einen Marktanteil von geschätzten 80 bis 90 Prozent bei den Chips, die für das Training und den Betrieb großer Sprachmodelle (LLMs) unverzichtbar sind. Die Aktie profitierte massiv von dieser Monopolstellung und machte Nvidia damit zum derzeit wertvollsten Unternehmen der Welt.
Nvidia hat seinen Alleskönner-Chip durch ein Ökosystem abgesichert
Diese Dominanz anzugreifen ist nicht ganz leicht, denn es geht um mehr als nur die schnellen Chips. Nvidias Erfolg beruht auf zwei Säulen:
1. Die Hardware-Überlegenheit: Nvidias GPUs wurden ursprünglich für Grafikanwendungen entwickelt, eignen sich jedoch dank ihrer parallelen Architektur ideal für die schnelle Berechnungen im KI-Umfeld, die beim Deep Learning gefragt sind.
2. Das CUDA-Ökosystem: CUDA ist Nvidias proprietäre Softwareplattform, die Entwicklern die Programmierung ihrer GPUs ermöglicht. Dieses Ökosystem ist über zwei Jahrzehnte gewachsen und bildet eine massive Markteintrittsbarriere für Konkurrenten. Denn fast alle großen KI-Modelle wurden auf CUDA und Nvidia-Hardware trainiert.
Diese Doppel-Strategie sichert das Nvidia-Geschäftsmodell wie ein Burggraben ab. Doch sie hat einen entscheidenden Nachteil für die Großkunden: Sie schafft eine Abhängigkeit, die diese gar nicht mögen. Denn die Preise für Nvidia-Chips sind extrem hoch, und Tech-Giganten wie Alphabet, Meta oder Microsoft müssen Milliarden investieren, um ihre KI-Infrastruktur damit immer weiter auszubauen.
Alphabets interne Waffe: die Tensor Processing Unit (TPU)
Alphabet verfolgte von Anfang an einen anderen Weg: die vertikale Integration. Zwar laufen auch die Google-Datencenter mit Nvidia-Modulen. Doch parallel dazu entwickelt Google schon seit 2016 eigene KI-Beschleuniger: die Tensor Processing Units (TPUs).
TPUs sind nicht so universell einsetzbar wie Nvidias GPUs, sondern speziell für das Training und die Inferenz von Google-eigenen KI-Modellen konzipiert. Dies ermöglicht eine deutlich höhere Effizienz bezogen auf spezifischen Anforderungen von Google’s KI-Modellen.
Die TPUs waren nur für Google gedacht - bis jetzt
Durch die Eigenentwicklung macht sich Google zunehmend unabhängig von Nvidias Preisgestaltung und Lieferketten. Jede neue TPU-Generation (aktuell die TPU v7p) weist einen massiven Leistungssprung gegenüber ihren Vorgängern auf. So schrumpfte der Abstand stetig.
Bisher war der TPU-Einsatz jedoch primär auf Google Cloud und interne Dienste beschränkt. Doch das ändert sich nun radikal.
Disruptive Allianz: Google und Meta bündeln die Kräfte
Der eigentliche Wendepunkt im Konkurrenzkampf ist die kürzlich bekannt gewordene Kooperation zwischen Alphabet und Meta Platforms. Meta, der Schöpfer von Facebook, Instagram und dem KI-Modell Llama, war ebenfalls lange Zeit ein wichtiger Großkunde von Nvidia. Wie Google hat Meta aber gleichzeitig massive Investitionen in eigene Chips, die dort MTIA (Meta Training and Inference Accelerator) heißen, getätigt.
Die Kooperation sieht nun vor, dass Meta die Google TPUs in seinen Rechenzentren einsetzen wird. Dies ist aus mehreren Gründen ein strategischer Schlag gegen Nvidia:
1. Ritterschlag für die TPU-Architektur: Wenn ein zweiter Tech-Gigant von Metas Kaliber die TPU-Technologie adaptiert, beweist dies, dass die TPUs nicht mehr nur für Google-eigene Anwendungen geeignet sind, sondern auch andere KI-Modelle wie die von Meta (Llama-Training, Empfehlungs-Algorithmen) unterstützen.
2. Skaleneffekte und ein Konkurrent für CUDA: Die von Meta ausgelöste, zusätzliche Nachfrage nach TPU-Chips verschafft Google die notwendigen Skaleneffekte in der Produktion. Das senkt die Entwicklungskosten pro Chip und könnte die Technologie noch schneller reifen lassen. Darüber hinaus wird das Software-Ecosystem um die TPU herum gestärkt, wenn nun auch Meta seine Entwickler dazu bringt, auf den TPUs zu optimieren. Das wäre ein erster Schritt, um Nvidias CUDA-Dominanz anzugreifen.
3. Niedrigere Kosten und Verhandlungsmacht: Die Allianz erhöht die Verhandlungsmacht der beiden Hyperscaler gegenüber Nvidia, weil sie plötzlich eine hochperformante Alternative zur Verfügung haben.
Was bedeutet das für Nvidia?
Die Kooperation von Google und Meta ist eine klare Bedrohung für Nvidias Marktstellung, insbesondere im größten und lukrativsten Segment: den Hyperscalern; das sind die größten KI- und Cloud-Anbieter, also Tech-Giganten vom Schlage Microsoft, Amazon oder Tesla/xAI.
Marktanteile: Sollte es Google und Meta gelingen, ihren Bedarf an Hochleistungschips zunehmend mit Eigenentwicklungen (TPU und MTIA) decken, bräche für Nvidia ein riesiger Absatzmarkt weg. Im abgelaufenen Quartal stammten Schätzungen zufolge zwei Drittel der Nvidia-Umsätze von vier Hyperscalern – darunter Alphabet und Meta. Jeder Chip, den Google an Meta verkauft oder den Meta selbst entwickelt und einsetzt, ist ein nicht verkaufter Nvidia-Blackwell.
Margen-Druck: Nvidia wird dadurch gezwungen sein, in künftigen Verhandlungen mit anderen Großkunden (wie Microsoft, Amazon) die Preise zu senken, um konkurrenzfähig zu bleiben und zu verhindern, dass auch diese Kunden abwandern. Die extrem hohen Margen bei Nvidia könnten dadurch unter Druck geraten.
Dazu müssten die TPUs noch nicht einmal in Effizienz und Leistung mit Nvidia gleichziehen oder diese sogar übertreffen. Es genügt, mehr Leistung pro Dollar zu bieten.
Gibt es einen heimlichen Gewinner?
Ja – und der heißt Broadcom. Denn auch Google und Meta besitzen keine eigenen Chipfabriken. Sie lassen bei Auftragsfertigern fertigen. Und ein Großteil der Komponenten für die TPUs kommt von Broadcom, einem sehr breit aufgestellten Chipkonzern, der in diversen Sektoren unterwegs ist und auf fast allen Stufen der KI-Welle mitverdient.
Fazit für Anleger
Der KI-Markt wird erwachsen. Nvidias aktuelle Dominanz ist unbestreitbar und wird kurzfristig nicht gebrochen. Der Platzhirsch bleibt durch seine unerreichte Chip-Leistung und das ausgereifte CUDA-Ökosystem weiterhin eine Schlüsselaktie im KI-Universum.
Die neue strategische Allianz von Alphabet und Meta signalisiert jedoch einen möglichen Wendepunkt. Beide Tech-Giganten nutzen ihre enorme Finanzkraft und ihre spezifischen Kenntnisse, um die teure Abhängigkeit von einem einzigen Zulieferer zu beenden.
Für Anleger bedeutet das:
• Alphabet (Google): Profitiert doppelt – intern durch effizientere KI-Modelle wie Gemini und extern durch die Monetarisierung der TPU-Technologie an andere Großkunden wie Meta, was die Cloud-Sparte stärkt.
• Broadcom ist im Fahrwasser der TPUs der heimliche Gewinner der neuen Wettbewerbsbedingungen
• Nvidia: Muss anfangen, seine Innovationsgeschwindigkeit und sein Preismodell hinterfragen. Die Aktie ist hoch bewertet. Schrumpfende Marktanteile sind da ziemlich sicher noch nicht eingepreist. Anleger sollten das Risiko eines schrumpfenden Nvidia-Marktanteils bei den Hyperscalern und den Druck auf die Margen mit ins Kalkül ziehen.
Der Markt für KI-Chips wird weiter rasant wachsen. Aber er wird von einem Quasi-Monopol zu einem Oligopol (Nvidia, AMD, Google, Meta, Broadcom) transformiert. Das Rennen ist noch lange nicht entschieden, aber Google und Meta haben mit ihrer Allianz den Startschuss für eine neue Phase gegeben, in der die bisher unangefochtene Nvidia nach Jahren an der Spitze Konkurrenz bekommt.
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Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Nvidia.