Die Daten dürften bei der britischen Notenbank für Alarmstimmung sorgen. Nach Ansicht vieler Experten wird sich die Bank of England (BoE) am Donnerstag mit einer Zinssenkung gegen den Abwärtstrend stemmen.
Auch die deutsche Wirtschaft wird die Entscheidung für den EU-Austritt Großbritanniens wohl zu spüren bekommen: Sie dürfte in diesem Jahr um 0,1 Prozentpunkte und 2017 um 0,3 Prozentpunkte weniger wachsen als bisher erwartet, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vorhersagt: "Wegen ihrer starken Exportorientierung und ihrer Ausrichtung auf Investitionsgüter wird die hiesige Wirtschaft doppelt von den Auswirkungen des Brexit-Votums getroffen", prophezeit DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner. Mit einem Exportvolumen von knapp 90 Milliarden Euro setzten deutsche Firmen im vergangenen Jahr so viele Waren im Vereinigten Königreich ab wie nie zuvor. Nur in die USA und nach Frankreich wurde mehr verkauft.
Die deutschen Dienstleister stecken die Unsicherheit seit dem Brexit-Votum bisher allerdings überraschend gut weg. Die Geschäfte der Service-Firmen liefen im Juli besser als im Vormonat, wie aus einer Markit-Umfrage unter rund 500 Unternehmen hervorgeht. Die Dienstleister stellten so viele neue Mitarbeiter ein wie seit Ende 2015 nicht mehr. Grundsätzlich peilt die Branche laut Markit weiteres Wachstum an, auch wenn der Optimismus nach dem Votum der Briten für einen Austritt ihres Landes aus der EU nachgelassen habe. Das Londoner Forschungsinstitut NIESR, auf dessen Ergebnissen die DIW-Prognose beruht, taxiert das Risiko einer Rezession in Großbritannien bis Ende 2017 auf 50 Prozent.
UNSICHERE ZEITEN - AUCH FÜR GROSSBANK HSBC
Auch die britische Bank HSBC stellt sich nach dem EU-Austrittsvotum auf unsichere Zeiten ein. Die eigenen Aktivitäten würden sehr genau unter die Lupe genommen, kündigte der Chef von Europas größtem Geldhaus, Stuart Gulliver, an. Wie schlecht es um den Dienstleistungssektor auf der Insel bestellt ist, zu dem auch die Banken gehören, zeigt das aktuelle Markit-Barometer für Juli: Es dümpelt auf dem Vormonatsniveau und signalisiert damit weiterhin das stärkste Schrumpfen des Bereichs seit März 2009.
Auch aus anderen Sparten häuften sich zuletzt Hiobsbotschaften, die Furcht vor einer Rezession nähren: Der Bausektor schrumpfte so stark wie seit sieben Jahren nicht mehr und auch die Industrie ging rasant auf Talfahrt. Die Notenbank dürfte dieser Entwicklung nach Einschätzung von Markit-Chefökonom Chris Williamson nicht länger tatenlos zusehen: "Eine Zinssenkung ist ausgemachte Sache."
Die Notenbank hatte den Schlüsselsatz zur Versorgung der Finanzinstitute mit Geld zuletzt Anfang 2009 gekappt. Seither liegt er auf dem historischen Rekordtief von 0,5 Prozent. Als Reaktion auf das EU-Austrittsvotum vom 23. Juni hat die BoE vor wenigen Wochen bereits die Kapitalregeln für Banken gelockert. Mit einer Verringerung des Leitzinses könnten Kredite zudem günstiger werden. Dies könnte der Wirtschaft einen Schub verleihen.
rtr