Der Niederlassungsleiter München des Immobiliendienstleisters JLL zu den Marktaussichten Von Stefan Rullkötter
BÖRSE ONLINE: Wie wichtig ist der Immobilien-Standort München aktuell für ausländische Immobilien-Investoren?
Gunnar Gombert: München ist schon lange ein wichtiger Standort für Immobilieninvestoren aus dem Ausland und wird seine Bedeutung in den kommenden Jahren sicher nicht einbüßen. München - immerhin drittgrößter Büroimmobilienmarkt Europas - gilt als transparenter, stabil diversifizierter und etablierter Immobilienmarkt mit hervorragender infrastruktureller Anbindung für internationale Investoren.
Gibt es dazu konkrete Zahlen?
2018 gehörten sechs europäische Städte zu den zehn wichtigsten Zielen ausländischen Kapitals, darunter auch München auf Rang acht. Das grenzüberschreitende Transaktionsvolumen in München hat sich mit nun 3 Mrd. Euro gegenüber 2017 mehr als verdreifacht. Als wirtschaftsstarker Standort mit prosperierenden Vermietungsmärkten lockt die bayerische Landeshauptstadt ausländisches - natürlich ebenso wie heimisches - Kapital an.
Setzt sich dieser Trend in den nächsten Jahren fort?
Aufgrund des auch weiterhin anhaltenden Niedrigzinsumfeldes sowie hoher Allokationsquoten internationaler Investoren in Real Estate, wird die Nachfrage ausländischer Investoren nach Münchner Immobilien daher auch zukünftig hoch bleiben.
Wie viel Investitionsmittel fließen aus dem Ausland derzeit in Münchens Immobilien?
Mit Blick auf die vergangenen fünf Jahre flossen aus dem Ausland durchschnittlich rund 2,5 Mrd. Euro pro Jahr in Münchener Immobilien - im Schnitt sind das rund 40 Prozent des Gesamtmarktes.
Sind die Zahlen konstant?
Dieser Anteil schwankte von Jahr zu Jahr zwischen 30 und 50 Prozent und in dieser Größenordnung darf man auch den Anteil in der Zukunft erwarten. Das heißt aber nicht, dass die ausländischen Investoren den Markt München erst in den vergangenen Jahren entdeckt haben. Sie sind bereits langfristig als Marktteilnehmer etabliert.
Wie lässt sich das belegen?
Ermittelt man ihren Anteil auf Verkäuferseite, kommen die ausländischen Investoren dort immerhin auch auf einen Anteil von 36 Prozent im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Der kleine Unterschied von 4 Prozentpunkten hat aber dennoch bewirkt, dass ausländische Investoren per Saldo in diesem Zeitraum 1,2 Milliarden Euro Immobilienanlagebestand in München aufgebaut haben.
Haben inländische und ausländische Investoren für Münchner Objekte unterschiedliche Strategien?
Die Nachfrage beider Gruppen ist hoch. Tatsache ist, dass viele ausländische Investoren ein Interesse daran haben, großvolumig zu investieren. Grundsätzlich ist das Investitionsverhalten von der Anlagestrategie des investierenden Vehikels abhängig. Diese können unabhängig von der Herkunft sehr unterschiedlich sein. Generell allokieren ausländische Investoren ihr Kapital häufig global, so dass erst ab bestimmten Größenordnungen investiert wird. Das bedeutet: bei Transaktionen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich sind sie in der Regel überproportional vertreten. Vor allem große Einzel- als auch zum Teil länderübergreifende Portfoliotransaktionen sind bei internationalen Investoren beliebt.
Auch ohne Detail-Kenntnisse des örtlichen Marktes?
Oft nutzen internationale Investoren das lokale Fachwissen von Asset Managern, Beratern und Dienstleister. Um eine entsprechende Rendite in München darstellen zu können, wird auch durch internationales Kapital verstärkt in risikoaffinere sogenannte Coreplus- und Value-Add-Objekte investiert. Häufig sind die Haltedauern bei diesen Investitionen kürzer.
Wie werden sich diese Investitionspläne auf die Münchner Mietpreise auswirken?
Die Entwicklung der Mieten ist eng an die der Vermietungsmärkte geknüpft. Auf dem Münchener Büro- oder Logistikimmobilienmarkt beispielsweise haben wir derzeit sehr wenige Flächen verfügbar, in manchen Teilmärkten liegt die Leerstandsquote bei unter einem Prozent. Dies führt dazu, dass Münchner Gewerbemieten kontinuierlich steigen.
Nach einer neuen Analyse der Immobilien-Beratungsgesellschaft F+B ist bei den Münchner Wohnungsmieten aktuell seit Jahren der erste Rückgang zu verzeichnen - nur eine Momentaufnahme oder ein Trend?
Es handelt sich um eine kurzfristige Beobachtung, die sich schnell auch wieder ändern kann. Ein langfristiger Trend ist daher nicht valide abschätzbar. Natürlich ist ein gewisses Sättigungslevel erreicht, so dass die Wachstumsraten eher abnehmen als steigen. Generell sind vierteljährliche Auswertungen immer mit größeren Schwankungen versehen als jährliche mit höheren Fallzahlen, die glättend wirken. Von H1 2018 zu H2 2018 konnten wir auch einen leichten Rückgang bei den Spitzenmieten beobachten. Der Jahresvergleich war allerdings positiv. Langfristig bleibt immer noch ein hoher Nachfrageüberhang bei einem nicht existenten Leerstand.
Was sind die Gründe dafür?
Die Mischung der Objekte, die in die Mietpreisentwicklung eingehen, hat sich verändert - wir beobachten eine zunehmende Ausweitung in das Umland, weil innerstädtische Flächen stark im Preis gestiegen sind. In der Peripherie sind die Mietpreise grundsätzlich niedriger, was im Mittel dann einen Rückgang der Mieten suggerieren kann, weil sich schlicht die Mischung des Angebots am Markt verändert hat. Dies gilt insbesondere für den Neubau, auch weil innerstädtische Neubauflächen kaum noch vorhanden sind.
Was folgt daraus für die Mietpreisentwicklung in München?
Auf der einen Seite sind aufgrund regulatorischer Beschränkungen, unabhängig von der geltenden Mietpreisbremse, grundsätzlich Phasen kürzerer Stagnation möglich. Auf der anderen Seite ist aufgrund der nach wie vor steigenden Zuwanderung in Verbindung mit den geringen Fertigstellungszahlen damit zu rechnen, dass Mieten auch weiter steigen werden - wenn auch moderater.
Zur Person: Gunnar Gombert ist seit Oktober 2018 Niederlassungsleiter bei JLL München. Der studierte Ingenieur war zuvor bei der Unicredit-Tochter Wealthcap als Head of Investment & Asset Management sowie als Geschäftsführer zahlreicher Immobilienfonds tätig und arbeitete als Unternehmensberater für PwC und KPMG im Real Estate Advisory.