Die Katze Minou genoss ihr Leben in New York City bei ihrem Frauchen, einer prominenten Restaurantbesitzerin in Manhattan. Es fehlte ihr an nichts. Sie wurde mit rohem Fleisch und anderen Köstlichkeiten gefüttert - und lebte selbstverständlich nach einer Low-Carb-Diät. Als sie an Lymphdrüsenkrebs erkrankte, wurde sie mehrmals operiert und monatelang mit Chemotherapie behandelt. Ein Katzenakupunkteur stattete ihr regelmäßig Hausbesuche ab, um ihr Leiden zu lindern. Und natürlich wurde sie sanft zu Hause in den Armen ihrer Besitzerin eingeschläfert, als wirklich nichts mehr ging.
Amerikaner empfinden Haustiere als vollwertiges Familienmitglied - und verwöhnen sie entsprechend. In einer Umfrage gaben 68 Prozent der Befragten an, dass sie ihren Haustieren genauso viel geben wie ihren Kindern. Fachleute nennen das die "Vermenschlichung der Tiere".
Haustiere sind ein echter Wachstumsmarkt - nicht nur in den USA, aber vor allem dort. 2014 setzte die amerikanische Haustierbranche 58 Milliarden Dollar um: mit Futter, Zubehör und Spielzeug, Behandlungen beim Tierarzt oder sogar Besuchen in einem Spa für Tierwellness. Die Branche wächst jährlich um 4,6 Prozent.
Sie befindet sich in einer Zeit des Wandels - und das ist günstig für Anleger. So bringen einige Unternehmen ihre Tierbedarfsparten separat an die Börse, um deren Wert voll zu realisieren.
Gleichzeitig kaufen andere Konzerne Firmen mit Erfahrung im Heimtierbereich auf, um in dem schnell wachsenden Segment vertreten zu sein. Das Unternehmen Mars ist zwar bekannt für die gleichnamigen Schokoladenriegel, doch die größte Sparte des nicht börsennotierten Familienunternehmens sind inzwischen Haustierprodukte, darunter die Katzenfuttermarke Whiskas. 2014 kaufte Mars für fast drei Milliarden Dollar das Tierfuttergeschäft des Konsumgüterherstellers Procter & Gamble. Konkurrent ist der Schweizer Lebensmittelriese Nestlé mit seinen Tierfuttermarken wie Purina.
Und die Konzerne sind stets auf der Suche nach weiteren Akquisitionszielen. Jede der wenigen reinrassigen Aktien in der Heimtierbedarfsbranche bietet deshalb Übernahmefantasie.
Auf Seite 2: Liebe geht durch den Magen
Liebe geht durch den Magen
Das meiste Geld geben Amerikaner für Tierfutter aus. Der jährliche Umsatz in diesem Bereich hat sich seit dem Jahr 2000 auf 23 Milliarden US-Dollar verdoppelt. Dabei kaufen die Amerikaner nicht etwa einfach nur mehr Futter, vielmehr setzen sie verstärkt auf bessere Qualität. Fast die Hälfte des Betrags, rund zehn Milliarden Dollar, wird für Premiumfutter ausgegeben. Klassisches Tierfutter wächst im Schnitt um 3,6 Prozent im Jahr, besonders hochwertiges Spezialfutter dagegen kommt auf Wachstumsraten von 15 Prozent und mehr.
Die Amerikaner entdecken nicht nur für sich selbst eine gesündere und vollwertigere Ernährung, sie übertragen ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse auch eins zu eins auf ihre Haustiere. Das Marktforschungsunternehmen Mintel fand heraus, dass 80 Prozent der amerikanischen Haustierbesitzer das Futter für ihre Tiere für genauso wichtig halten wie ihr eigenes Essen.
Wenn Frauchen glutenfrei isst, stehen die Chancen gut, dass sie auch ihrem Hund kein mit Weizen, Mais oder anderen Füllstoffen versetztes Futter serviert. Schließlich, so die Schlussfolgerung, fressen die Kaniden, wenn sie in der Wildnis leben, auch nur Fleisch. Auf solche Trends können Anleger setzen. Denn inzwischen gibt es einige börsennotierte Unternehmen, die sich auf das Geschäft mit Fido und Pearl spezialisiert haben - von Futter über Medikamente bis hin zu Krankenhäusern.
Das schnellste Wachstum versprechen zwei seit Kurzem an der amerikanischen Börse gelistete Unternehmen: der Frischfutteranbieter FreshPet und der Premiumfutterproduzent Blue Buffalo.
Als Blue Buffalo im Juli an die Börse ging, löste die Aktie am ersten Handelstag ein Kursfeuerwerk von 40 Prozent aus. Solch fulminante Börsendebüts sind außerhalb der Internetbranche selten. Was Blue Buffalo so attraktiv macht? Das Unternehmen ist eines der wenigen in dieser Wachstumsbranche, die ausschließlich Tierfutter herstellen. Es wächst um mehr als zehn Prozent - pro Quartal, versteht sich. Dazu kommt eine Gewinnmarge von 20 Prozent. Das Futter von Blue Buffalo enthält zum Beispiel Fleisch vermischt mit Süßkartoffeln, Blaubeeren oder Cranberries sowie eine "patentierte, kalt gewonnene Mischung aus Vitaminen, Antioxidantien und Nährstoffen" namens "LifeSource Bits", die dem Ganzen zugesetzt wird.
Nach der anfänglichen Euphorie um den Börsenneuling korrigierte der Kurs jedoch zuletzt um 30 Prozent. Es handelt sich um Gewinnmitnahmen, denn schlechte Nachrichten aus dem Unternehmen gab es nicht. "Dies ist eine exzellente Einstiegschance", findet deshalb die Morgan-Stanley-Analystin Dana Mohsenian. "Der Markt unterschätzt die Wachstumsmöglichkeiten für Blue Buffalo - zum Beispiel durch eine aggressivere Strategie im Onlinehandel oder eine internationale Expansion." Angesichts des rasanten Wachstums ist das KGV von knapp 27 auf Basis der geschätzten 2016er-Gewinne vertretbar. Auch die Aktie von FreshPet sorgte an der Wall Street für Furore, als sie vor einem Jahr an die Börse gebracht wurde. Das Unternehmen bietet frisches Tierfutter an, das ausschließlich in Kühlregalen zu finden ist.
Diese Innovation ist zugleich auch eine Herausforderung für das Unternehmen: Viele Geschäfte für Tierbedarf schrecken davor zurück, für nur eine Marke extra einen Kühlschrank anzuschaffen. Bislang hat FreshPet 15 100 Geschäfte für das neue Produkt gewonnen - und befindet sich damit am unteren Ende seiner Prognosen für 2015. Dennoch wächst der Umsatz des Unternehmens in diesem Jahr um 36 Prozent. Das zehn Jahre alte Unternehmen will 2016 erstmals einen Gewinn ausweisen. Je mehr Geschäfte es mit Kühlschränken ausstatten kann, desto schneller schlägt sich das in der Gewinn- und Verlustrechnung nieder: Die Gewinnmarge liegt bei 44 Prozent. Nach der kräftigen Korrektur bietet sich bei der Aktie eine Einstiegschance. Der Titel ist aber deutlich spekulativer einzuschätzen als Blue Buffalo.
Auf Seite 3: Gesundheit geht vor
Gesundheit geht vor
PetMed Express ist die größte Onlineapotheke für Tiermedikamente in den USA. Das Unternehmen ist mit einem 2016er-KGV von knapp 17 moderat bewertet und bietet eine Dividendenrendite von vier Prozent. Es ist schon lange am Markt etabliert, kann aber nicht so recht mit Gewinnwachstum glänzen. Dennoch ist der Konzern eine solide Wette darauf, dass viele Haustierbesitzer ihre Lieblinge lange selbst mit teuren Arzneimitteln am Leben erhalten, statt sie im Falle einer Krankheit einschläfern zu lassen. Viele schließen für ihre Tiere sogar eine Krankenversicherung ab. Das führt dazu, dass Tierbesitzer auch höhere Tierarzt- und Arzneimittelrechnungen akzeptieren. Anleger, die bereits investiert sind, bleiben an Bord.
Für Neueinsteiger interessanter ist indes VCA. Die Tierklinikkette profitiert ebenfalls vom Trend zu höheren Ausgaben für Tiergesundheit. In ihren Einrichtungen werden kranke Vierbeiner ärztlich behandelt. Außerdem werden veterinärmedizinische Laboruntersuchungen durchgeführt. Die Branche der Tierkliniken konsolidiert im Moment. So hat Mars gerade die konkurrierende Kette Blue Pearl Veterinary Partners gekauft. Entsprechend schwingt bei VCA Übernahmefantasie mit. Das KGV von 20 rechtfertigt den Kauf der Aktie.
Das Pharmaunternehmen Zoetis ist spezialisiert auf Arzneimittel für Tiere. Der Markt ist bereits 24 Milliarden Dollar schwer und soll laut einer Schätzung des Marktforschers Vetnosis binnen fünf Jahren um 50 Prozent wachsen.
Der Hersteller von Impfstoffen und Medikamenten erzielt einen Umsatz von 4,8 Milliarden Dollar und wächst um rund fünf Prozent pro Jahr. Die Produkte für Nutztiere wie Rinder oder Schweine machen jedoch mit 65 Prozent den Löwenanteil der Umsätze von Zoetis aus. Haustiere spielen mit einem 34-Prozent-Anteil am Umsatz nicht die Hauptrolle.
Zoetis ist ein Spin-off von Pfizer aus dem Jahr 2013. Während der Pharmariese auf ein KGV von 13,8 kommt, wird Zoetis mit 23,9 bewertet. Trotz dieser stolzen Bewertung ranken sich auch um dieses Unternehmen Übernahmespekulationen: Im Juni liefen Übernahmegespräche mit dem kanadischen Pharmakonzern Valeant. Der Hedgefondsaktivist Bill Ackman ist bei beiden Werten engagiert. Seit Valeant durch zwielichtige Geschäftspraktiken ins Kreuzfeuer von Shortsellern geraten ist, dürften sich diese Pläne allerdings zerschlagen haben. Doch auch der deutsche Bayer-Konzern wird als möglicher Käufer gehandelt.
Auf Seite 4: Ein Hunde(ab)leben
Ein Hunde(ab)leben
Amerika ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Kein Wunder, dass man sein Haustier bis über den Tod hinaus verwöhnt, sprich ihm ein Begräbnis mit allen Ehren gönnt. Mit Celestis Pets gibt es inzwischen sogar ein Unternehmen, das die Asche des geliebten Vierbeiners ins Weltall schickt: "Ihr bester Freund war zu Lebzeiten ein Entdecker. Mit Celestis Pets kann er für immer zwischen den Sternen reisen", wirbt die Website. Eine kurze Reise ins All gibt es schon ab 1300 Dollar. Für 12 000 Dollar werden die sterblichen Überreste der Haustiere sogar bis zum Mond geschickt. Gerade flog die Asche des Hundes Apollo ins Weltall - der erste Kunde. Die Firma ist leider nicht börsennotiert, aber die Sterne sind zum Greifen nah.