von Axel Retz

Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen sein sollte: Offiziell befindet sich die Eurozone auf einem sehr guten Weg. Selbst Griechenland konnte nach der erfolgreichen Rückkehr an den Kapitalmarkt jetzt sogar einen Primärüberschuss erwirtschaften. Und in den USA hat sogar der Aufschwung wieder eingesetzt. Warum aber fährt dann die EZB immer größere Geschütze auf? Und warum lag der DAX dann am Wochenende nur einen einzigen Punkt von seinem Schlusskurs vom ersten Handelstag des Jahres entfernt?

Vermutlich, weil die Anleger den megafaulen Zauber so langsam zu riechen beginnen. Griechenlands Primärüberschuss kam zustande, weil man aus der Berechnung alle Zahlungen für Zinsen und vor allem die Hilfen für "Not leidende" Banken herausgerechnet hat. Unter der bewusst in die Irre führenden Überschrift "Griechenland erzielt Überschuss" berichtete dpa-AFX: "Der griechische Schuldenberg wuchs im vergangenen Jahr weiter an. Das Staatsdefizit stieg 2013 auf 12,7 Prozent der Wirtschaftsleistung (Vorjahr 8,9 Prozent). Das meldete das EU-Statistikamt Eurostat. Der Schuldenstand stieg (trotz Schuldenschnitts) auf 175,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts BIP (Vorjahr 157,2 Prozent)."

Dass diese Entwicklung Medien und Politik als Erfolg verkauft wird, hat wohl mit den nahenden Europawahlen zu tun. Der griechische Finanzminister verstieg sich sogar zu der Aussage "Die Anstrengungen des griechischen Volkes tragen Früchte". Mit geschönten Zahlen hat sich Athen den Zutritt zum Euro verschafft. Und mit geschönten Zahlen holt die EU Griechenland nun aus der Krise.

Was den Aufschwung in den USA betrifft, hier einmal ein paar erhellende Daten aus den letzten Wochen: Reale Stundenlöhne im März minus 0,3 Prozent, Inflationsrate März 0,2 Prozent (Deflationsrisiko), Großhandelsumsätze im ersten Quartal annualisiert minus 1,6 Prozent (Deflationsrisiko), Neubaubeginne im ersten Quartal annualisiert minus 30 Prozent, minus 4 Prozent im Jahr/Jahr-Vergleich, Verkäufe gebrauchter Häuser im ersten Quartal annualisiert minus 24,8 Prozent, minus 6,6 Prozent im Jahr/Jahr-Vergleich, Verkäufe neuer Häuser im ersten Quartal annualisiert minus 9,8 Prozent, minus 3,2 Prozent im Jahr/Jahr-Vergleich, Umsatz bei langlebigen Geschäftsgütern (durable goods) im ersten Quartal annualisiert minus 7,2 Prozent.

Dass es seit Alan Greenspan keine Rezession mehr geben darf, ist ja schon verstanden worden. Dass negative Daten aber keine negativen Daten mehr sein dürfen und dass auch alle brav mitspielen, dass ist relativ neu. Mal sehen, wie die Kommentatoren die gestern veröffentlichten Zahlen zum US-Wachstum im ersten Quartal interpretieren werden. Erwartet hatten die Ökonomen ein bescheidenes Plus von 1,0 Prozent. Fast richtig, nur dass die beiden Ziffern ihre Plätze getauscht haben. Griechenland und die USA sind nur zwei Beispiele für eine von Zweckoptimismus geleitete Unkultur der Schönfärberei seitens der Politik und der Medien, die heute leider die Regel und nicht mehr die Ausnahme ist. Die Aktienmärkte bringt das natürlich in Gefahr, sich viel zu weit von der wirtschaftlichen Realität zu entfernen.

Auf Seite 2: Alle Jahre wieder

Alle Jahre wieder

Hand in Hand mit dem Tanz in den Mai geistert Jahr für Jahr die alte Börsenregel "Sell in May and go away". Ich habe einmal eine alte Statistik hervorgekramt, in der die Mai-Performance von 1973 - 2005 untersucht wurde. Ergebnis: Beim DAX war der Monat in diesen 33 Jahren 16 Mal positiv und 17 Mal negativ, beim Dow standen 18 positiven Mai-Monaten 15 negative gegenüber. Damit lässt sich nun wirklich rein nichts anfangen. Richtig ist allerdings, dass die Performance der Aktienmärkte in den Monaten November bis April statistisch hoch signifikant besser ist als in den Monaten Mai bis Oktober. 2014 tanzt da aber bis jetzt ein wenig aus der Reihe. Denn während der DAX am 02. Januar, dem ersten Börsentag des Jahres, bei 9.400,04 aus dem Handel ging, schloss er am vergangenen Freitag bei 9.401,55.

Quelle: www.private-profits.de

Zustande gekommen ist dieses Nullsummenspiel allerdings unter Beteiligung von vier Kursswings über 9.600 Punkte nach oben und ebenso vielen Kursrückgängen unter 9.200. Wer in einem derartigen Umfeld Gewinne einfahren kann, kann vermutlich auch einen Haken schlagenden, flüchtigen Hasen mit der Hand einfangen. Aber: So frustrierend solche Seitwärtsranges im Allgemeinen auch empfunden werden: Erfahrungsgemäß können Sie darauf bauen, dass es nach ihrem Ende so gut wie sicher einen dynamischen Trend geben wird. Lassen Sie sich vom müden Pendeln der letzten Monate also nicht in den Schlaf wiegen, denn der Ausbruch dürfte sehr nahe sein!

Auf Seite 3: Leitbörse bald Leidbörse?

Leitbörse bald Leidbörse?

Wie eng der DAX am Dow Jones klebt, hatte ich hier ja wiederholt dargestellt. Und wie es um den heute querbeet beschworenen "Aufschwung" in den USA bestellt ist, hatte ich ja oben dargestellt. Ein besonderes Augenmerk verdienen aber Arbeits- und Immobilienmarkt. Zum Arbeitsmarkt wird es ja am Freitag neue Zahlen geben. Vorab lohnt aber wieder einmal der Blick auf die Zahlen, wie sie von John Williams von www.shadowstats.com berechnet werden, der einfach all die statistischen Tricks neutralisiert hat, der offiziellen Statistik in den letzten Jahrzehnten zuteil wurden. Das Ergebnis sehen Sie hier:

Quelle: www.shadowstats.com

In Rot abgebildet erkennen Sie die vom Bureau of Labor Statistics errechnete Arbeitslosenquote und oben, in Blau, die tatsächliche. Dazu passt ganz gut, dass in rund 20 Prozent aller US-Haushalte derzeit alle Erwerbstätigen ohne Job sind. Über den gestern veröffentlichten Einbruch beim BIP muss sich also niemand wundern. Und über den nachstehenden Chart auch nicht.

Quelle: www.markt-daten.de

Ja, das ist starker Tobak. Trotz seit Jahren bestehender Nullzinspolitik der Federal Reserve ist die Nachfrage nach Hypothekenkrediten mittlerweile sogar unter das Tief der Subprime-Krise gefallen. Die oben genannten, hundsmiserablen Daten vom US-Häusermarkt dürften sich demnach noch weiter verschlechtern, denn Hypothekenanträge sind nun einmal ein Frühindikator.

Quelle: www.private-profits.de

Bis jetzt hat der S&P 500 alle fundamentalen Belastungen nicht nur locker weggesteckt, sondern dank schier unerschöpflichen Notenbankgeldes sogar in veritable Gewinne ummünzen können. Der auf Wochenbasis eingestellte Momentum-Indikator sendet jedoch eindeutige Warnhinweise aus. Kommt es hier zum Verkaufssignal, ist zwangsläufig auch der DAX reif für eine größere Abwärtskorrektur. Der Startschuss dazu kann jederzeit fallen. Warten wir einmal die April-Daten vom US-Arbeitsmarkt ab. In jedem Falle sollten alle bestehenden Long-Positionen jetzt eng abgesichert werden. Und wer sich noch keinen zu seinen Bedürfnissen passenden Put auf den DAX herausgesucht hat, der sollte das nachholen. Meine Planung zumindest ist abgeschlossen.

Auf Seite 4: Silber: Das wird ein Ausbruch!

Silber: Das wird ein Ausbruch!

Für Charttechniker ist Silber nun ein echter Leckerbissen. Sie wissen, dass ich vor dem Edelmetall in den letzten Monaten immer wieder gewarnt habe. Und aus technischer Sicht gibt es guten Grund, an dieser Warnung festzuhalten. Denn rauscht der Unzenpreis unter 18,60 USD und damit unter die seit Sommer letzten Jahres etablierte Auffanglinie, bestehen solide Chancen, dass wir über kurz oder lang wieder einen einstelligen Preis für das Metall sehen werden.

Quelle: www.private-profits.de

Das Bemerkenswerte an Silber ist jedoch, dass es hier nun einfach zu einer Trendentscheidung kommen muss. Denn der Kurs hat sich nun zwischen der seit gut zwei Jahren bestehenden Abwärtstrendgeraden und genannter Unterstützung eingekeilt. Und von hier aus muss es einfach zu einem neuen Ausbruch kommen. Die Bullen haben dabei durchaus ebenfalls einen Trumpf in der Hand. Denn das Momentum zeigt auf Wochenbasis eine sehr ausgeprägte bullishe Divergenz zum Silberpreis. Das Metall ist damit momentan eine der viel versprechendsten Chartsituationen überhaupt. In welche Richtung der Ausbruch erfolgt, spielt dabei keine Rolle. Alles neu macht der Mai!

Viel Erfolg und beste Grüße

Axel Retz

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal www.private-profits.de.

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal www.private-profits.de.