Wertfaktor-Chef Christoph Neuhaus zu den Angebotsvarianten und den Marktperspektiven Von Stefan Rullkötter
Christoph Neuhaus: Das liegt daran, dass die verschiedenen Verrentungsmodelle ein Problem lösen, das viele Eigentümer haben: die Frage, wie man Immobilienvermögen wieder in Bargeld verwandelt, ohne sein Haus aufgeben und ausziehen zu müssen. Denn das wollen viele Menschen nicht. Wer sich für den Kauf einer Immobilie als Baustein in der Altersvorsorge entschieden hat, spart meist sehr diszipliniert.
Welches Marktpotenzial sehen Sie?
Rund sechs Millionen Haushalte über 65 Jahre in Deutschland besitzen eine schuldenfreie Immobilie. Aber wenn die Menschen dann im Ruhestand sind, können sie auf dieses Vermögen nicht zugreifen. Dabei ist das genau die Zeit, in der man sein Leben nochmal richtig genießen und sich lang gehegte Wünsche erfüllen will.
Was fängt man mit so großen Summen typischerweise an?
Unsere Kunden nutzen den Teilverkauf zum Beispiel für den Kauf eines Wohnmobils, einer neuen Küche oder eines Wintergartens. Einige wollen altersgerecht umbauen. Und wir haben auch Miteigentümer, die ihre Restschulden ablösen oder ihre Kinder beim Kauf einer Immobilie unterstützen wollen. Modelle wie der Teilverkauf machen es möglich, eigenes Vermögen für die eigenen Ziele einzusetzen und gleichzeitig als Eigentümer selbstbestimmt im eigenen Haus wohnen zu bleiben. Das ist neu und spricht viele ältere Kunden an.
Sie sind ein führender Anbieter für den Teilverkauf von selbstbewohnten Wohnimmobilien. Warum mach es einen Unterschied, ob man vollständig oder nur teilweise seine Eigentümer-Rolle beim eigenen Zuhause aufgibt?
Aus meiner Sicht gibt es hier vier entscheidende Unterschiede. Erstens hat die eigene Immobilie einen sehr hohen Stellenwert, viele Menschen verbinden mit ihrem Eigenheim Sicherheit und Freiheit. Das ist sehr emotional, unsere Kunden wollen nicht Mieter sein im eigenen Haus. Zweitens geht es um die Gestaltungsfreiheit: Unsere Kunden setzen das Geld ja oft für die Verschönerung ihres Hauses ein. Sie wollen selbst entscheiden, was sie wie einbauen, statt von einem Vermieter abhängig zu sein oder in ein Haus zu investieren, dass ihnen gar nicht mehr gehört. Drittens hat die Entscheidung eine finanzielle Dimension, die man nicht unterschätzen sollte: wer nur einen Teil verkauft, profitiert weiter von der Wertsteigerung der Immobilie.
Lässt sich das mit Fakten belegen?
Laut statistischem Bundesamt sind die Preise von Ein- und Zweifamilienhäusern in den letzten zehn Jahren im Schnitt um 65 Prozent gestiegen, in den Metropolregionen haben sich manche Preise sogar mehr als verdoppelt. Angenommen, mir gehören noch 50 Prozent meiner Immobilie im Wert von 300.000 Euro. Bei einem Wertzuwachs von 65 Prozent in 10 Jahren wächst mein Vermögen um 97.500 Euro. Wenn ich voll verkaufe oder verrente, verschenke ich dieses Geld an jemand anders. Und viertens die Flexibilität beim Teilverkauf. Unsere Kunden können den verkauften Anteil jederzeit zurückkaufen und sie können ihren Anteil an die Kinder vererben, die wiederum zurückkaufen können. Die Verrentung oder der Vollverkauf ist unumkehrbar. Und die Erben gehen leer aus.
Für welche Zielgruppe ist ihr Angebot für einen Teilverkauf der Immobilie speziell geeignet?
Wir sprechen vor allem Eigentümer ab 60 Jahren an, die ihren Ruhestand aktiv gestalten und dabei Eigentümer mit allen Rechten bleiben wollen. Beim Teilverkauf werden wir nur stiller Teilhaber, die Entscheidungen treffen die Kunden weiterhin selbst. Wie viel Geld unsere Eigentümer aus ihrer Immobilie freisetzen wollen, liegt dabei ganz bei ihnen: wir kaufen ab einem Anteil von 100 000 Euro und bis maximal 50 Prozent. Der Teilverkauf ist zudem auch eine gute Alternative zu einem Bankkredit. Ältere Kunden, die 100 000 Euro oder mehr zur freien Verfügung als Kredit aufnehmen wollen, bekommen meist sehr schlechte Konditionen oder werden ganz abgelehnt.
Gibt es noch weitere Motive für einen Teilverkauf?
Viele unserer Miteigentümer wollen sich auch bewusst nicht wieder verschulden. Und, anders als ein Kredit, brauchen sie die Auszahlung aus einem Teilverkauf auch nicht zurückzuzahlen. Dafür, dass sie ihr Haus weiter allein nutzen, zahlen sie 2,9 Prozent Nutzungsentgelt pro Jahr auf die ausgezahlte Summe, das sind bei 100 000 Euro nur 242 Euro pro Monat.
Werden sich die Segmente Teilverkauf und klassische Immobilienverrentung in den nächsten Jahren unterschiedlich entwickeln?
Die verschiedenen Optionen wie der Teilverkauf, der Gesamtverkauf mit Rückmiete und auch die Variante einer Leibrente haben alle ihre Berechtigung und werden sicher nebeneinander im Markt bestehen bleiben. Und Modelle wie die Stiftung Liebenau, wo das Erbe an einen guten Zweck geht, haben durchaus eine Daseinsberechtigung. Aktuell ist der Verkauf gegen eine Leibrente allerdings sehr teuer. Das muss sich in den nächsten Jahren ändern. Anbieter werden die hohen Abschläge auf die Immobilienpreise reduzieren müssen, das betrifft vor allem die Abzüge für das kostenlose Wohnrecht.
Was sind die Gründe dafür?
Hier wird mit viel zu langer Lebenserwartung kalkuliert. In Ländern, wo Verrentungsmodelle schon länger funktionieren, hat der Staat mit Garantien geholfen. Aber der Teilverkauf ist schon heute rund 30 bis 50 Prozent günstiger als ein Gesamtverkauf. Das wird sich mit zunehmendem Wettbewerb noch weiter verbessern. Die Anbieter der Leibrente werden da mitziehen müssen.
Mehrere Experten von Verbraucherzentralen raten von Immobilienverrentungen ab, empfehlen stattdessen eine vollständigen Verkauf und sofortige Zurückmietung. Was halten Sie dem entgegen?
Unserer Erfahrung nach ist es nicht das, was Eigentümer wirklich wollen. Sie wollen gerade nicht Mieter sein, sondern selbstbestimmt leben und auch in ihr Eigentum investieren. Auch die mögliche Wertsteigerung werden bei einem Gesamtverkauf verschenkt. Und gern wird auch übersehen, dass die Verkäufer danach ja lebenslang Miete zahlen müssen. Je nachdem, wo das Eigenheim steht, kann das richtig teuer werden. Angenommen, der Käufer vermietet mir mein Eigenheim für 1000 Euro pro Monat zurück, dann summieren sich die Kosten über 10 Jahre auf 120000 Euro. Für 100000 Euro aus einem Teilverkauf wohne ich im gleichen Haus, das kostet mich aber nur 29000 Euro an Nutzungsentgelt. Und ich bekomme sogar noch bis zu 20000 Euro Zuschuss für Investitionen und Sanierungskosten zurück.
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Ist ein Teilverkauf in jedem Fall sinnvoll?
Wer sich den Unterhalt des Eigenheims nicht leisten kann oder glaubt, dass die eigene Immobilie stark an Wert verlieren wird, für den wäre ein Vollverkauf sicher die bessere Option.
Zur Person:
Christoph Neuhaus ist Gründer und Geschäftsführer der wertfaktor Immobilien GmbH, dem Erfinder und führendem Anbieter des Teilverkaufs für private und gewerbliche Immobilien in Deutschland.