Wer den Fiskus auf persönliche Daten zugreifen lässt, beispielsweise die Lohnsteuerbescheinigung, kann sich den Kampf mit vielen Formularen ersparen. Von Stefan Rullkötter
In vier Schritten zur Steuererklärung:
(1) Anmelden: Der Nutzer registriert sich beim Elster-Online-Portal
(2) Freischalten: Der Anwender erhält einen Abrufcode von der Finanzverwaltung
(3) Abrufen: Die Daten fließen nach Code-Eingabe in die Steuerformulare des Anwenders
(4) Deklarieren: Der Anwender signiert seine Steuererklärung mit elektronischer Unterschrift und sendet sie via Elster an sein Finanzamt
Die Steuererklärung mit wenigen Mausklicks erledigen - das klingt noch verlockender als die legendäre Vision von CDU-Finanzpolitiker Friedrich Merz, der 2004 vorschlug, dass sie auf einem Bierdeckel Platz haben solle. Die wurde nie Realität, das mit den Klicks schon. Seit dem vergangenen Jahr bietet die Finanzverwaltung den Bürgern die Möglichkeit, eine vorausgefüllte Steuererklärung abzugeben, im Amtsjargon "VaSt" genannt.
Das Konzept scheint plausibel: Die bei Steuerbehörden und Sozialversicherungsträgern ohnehin gespeicherten Daten von Arbeitnehmern und Rentnern müssen nicht mehr mühsam von Hand in die Steuererklärung eingepflegt werden, sondern werden direkt per Onlineabruf in die Formulare übertragen. Abschließend müssen die Steuerpflichtigen die Richtigkeit der übermittelten Daten nur noch mit der elektronischen Signatur bestätigen.
Damit ein Steuerpflichtiger das neue Angebot der Finanzverwaltung nutzen kann, übertragen Arbeitgeber, Versicherungsträger und Zulagestellen jeweils bis Ende Februar die gespeicherten Vorjahresdaten an die Finanzverwaltung. Die VaSt umfasst Stammdaten wie Name, Adresse, Religion und Bankverbindung des Steuerzahlers sowie die vom Arbeitgeber übermittelten Lohnsteuerbescheinigungen. Seit Ende 2014 werden auch Belege über Lohnersatzleistungen zum Abruf bereitgestellt.
Zudem übermittelt der fiskalische Datenservice sämtliche Mitteilungen über ausgezahlte Renten sowie Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen. Auch Angaben über Beiträge, die 2014 in Riester- und Rürupverträge geflossen sind, lassen sich via Datenabruf beim Fiskus bequem in die Steuererklärung importieren.
"Die vorausgefüllte Steuererklärung wird sehr gut angenommen. Im ersten Jahr hatten wir bereits mehr als eine Million Teilnehmer", sagt Roland Krebs, Verfahrensmanager für die amtliche Steuersoftware Elster. "Für ein so neues Verfahren läuft das System bemerkenswert störungsfrei."
Bei den Elster-Nutzerzahlen - inklusive der Nutzer, die keine vorausgefüllte Steuererklärung abgeben - gibt es signifikante Verschiebungen: Von 28 Millionen Einkommensteuererklärungen wurden im vergangenen Jahr nur noch zwölf Millionen auf Papier, dafür bereits 16 Millionen auf elektronischem Weg bei den Finanzämtern eingereicht.
Um die bei der Finanzverwaltung gespeicherten Daten abzurufen, müssen sich Steuerzahler zunächst auf dem amtlichen Elster-Online-Portal (www. elsteronline.de) anmelden und mit der persönlichen steuerlichen Identifikationsnummer authentifizieren. Daneben können sie auch Dritte - zum Beispiel einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein - bevollmächtigen, die Daten abzurufen.
Die Freischaltung für den Datenabruf erfolgt mithilfe eines Codes, der aus Sicherheitsgründen per Post zugeschickt wird. Wer zusammenveranlagt wird und Daten des Ehe- oder amtlichen Lebenspartners abrufen möchte, braucht eine weitere Freischaltung.
Auf Seite 2: Offene Fragen bei der Sicherheit
Offene Fragen bei der Sicherheit
Die Finanzverwaltung verspricht, dass beim Datenabruf alle gesetzlichen Sicherheitsanforderungen erfüllt werden. Die Elster-Webseiten verwenden ein spezielles Sicherheitszertifikat, die Kommunikationskanäle sind über den hohen SSL-Standard gesichert. "Das soll gewährleisten, dass eine hochgradige Verschlüsselung zum Einsatz kommt und der Anwender mit einer vertrauenswürdigen Seite verbunden ist", sagt Elster-Projektmanager Krebs. Das Verfahren werde auch künftig regelmäßig auf Datenschutzstandards und Sicherheit geprüft.
So bequem der Online-Datenabruf bei der Finanzverwaltung erscheint - blind vertrauen sollten Steuerzahler dem nicht. Denn den meisten Bürgern ist unbekannt, welche persönlichen Daten bei den Finanzbehörden vorliegen und ob die dort gespeicherten Angaben tatsächlich korrekt sind.
Rechtlich ungeklärt ist auch, wer die Beweislast trägt, wenn Daten falsch gespeichert wurden. Ohne nochmalige Kontrolle durch den Steuerpflichtigen können solche Fehler nicht aufgedeckt werden - falsche Steuerbescheide sind dann nur per Einspruch korrigierbar. "Wichtig ist, dass Bürger nicht als digitaler Datensatz den behördlichen Computersystemen ausgeliefert sind", warnt Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler. Die Bürger sollen weiter die Kontrolle über ihre Daten haben. Und sie sollen ihre Einkommensteuererklärung grundsätzlich auch in Zukunft weiter auf Papier einreichen dürfen.