Seit diesem Quartal hat Apple ein paar Geheimnisse mehr. Zwar gehört die an Paranoia grenzende Verschwiegenheit zum Nimbus des Smartphone-Primus, doch die jüngste Informationssperre dürfte am Ruhm des iPhone-Herstellers kratzen. Apple wird keine Absatzzahlen mehr für iPhone, iPad und MacBook publizieren. Die einzelne Verkaufseinheit ist laut Finanzchef Luca Maestri "nicht repräsentativ für unseren Erfolg" und stehe in keinem Verhältnis zum Aktienkurs.
Die Erkenntnis kommt in Zeiten, da der iPhone-Absatz stagniert, der Smartphone-Markt gesättigt scheint und der Preisdruck steigt. Weil das iPhone aber zuletzt für gut 60 Prozent des Umsatzes stand, droht Apples Gewinnmaschine ins Stottern zu geraten. Auch wenn es dem wertvollsten Unternehmen der Welt weder an Innovations- noch an Finanzkraft mangelt, um das Wachstum seiner Onlinedienste von iTunes bis Apple Pay anzukurbeln, stufen wir die Aktie vorerst auf "Beobachten" zurück.
Prestige und Probleme
Härter als die Kalifornier trifft der stagnierende iPhone-Absatz jedoch die Zulieferer. Jüngst mussten mit IQE und Lumentum weitere Lieferanten ihre Prognose einstampfen. Beide Aktien stürzten zum Wochenbeginn um 30 Prozent ab. Um bei weniger Verkäufen den Umsatz zu steigern, hat Apple seine Preise stetig erhöht. Kostete ein iPhone vor einem Jahr im Schnitt noch 618 Dollar, sind es heute 793 Dollar. Kaum einer von Apples Lieferanten aber wagt es, für seine Dienste mehr zu verlangen. Zu groß ist die Abhängigkeit vom Prestigekunden, zu hoch dessen Ansprüche. Um den Techkonzern zu beliefern, müssen die Partner ihre Kosten laufend reduzieren, weit mehr Informationen weitergeben als normalerweise üblich und damit leben, jederzeit und ohne Vorwarnung ersetzt zu werden.
Regeln, die selbst für Foxconn, den weltweit größten Auftragsfertiger für Unterhaltungselektronik, gelten. Mit dem Zusammenbau der iPhones macht der Konzern aus Taiwan geschätzt rund 40 Prozent seiner Umsätze. Doch während der operative Gewinn von Apple zuletzt um knapp 32 Prozent stieg, sackte das Ebit von Foxconn um sieben Prozent auf 503 Millionen Euro ab. Zusätzlich treffen dürfte den an der Börse als Hon Hai Precision gelisteten Konzern, dass Apple den ursprünglich für das Weihnachtsgeschäft erwarteten Nachfrageschub für die XR-Reihe des iPhone nicht mehr kommen sieht. Bei Foxconn stehen daher 15 von 60 für die XR-Montage vorgesehene Fertigungsstraßen still. Auch diese Aktie stufen wir auf "Beobachten" zurück.
Was passiert, wenn Preisverhandlungen mit Apple eskalieren, zeigt Qualcomm. Beide Konzerne überziehen sich seit Jahren mit Klagen. Qualcomm wähnt durch Apple eigene Patente verletzt, Apple wirft seinem Lieferanten vor, die Lizenzgebühren unrechtmäßig an den Verkaufspreis seiner Smartphones zu binden. Als Marktführer für Breitbandmodems hat Qualcomm jedoch zahlreiche andere Kunden. Für den neuen Mobilfunkstandard 5G hat der Konzern bereits Vereinbarungen mit 20 Smartphone-Herstellern getroffen. Dennoch belastet der Rechtsstreit mit Apple die Zahlen, auch weil die Kalifornier in ihren neuen Modellen auf Intel-Chips setzen. Im angelaufenen Quartal erwartet Qualcomm einen Umsatzrückgang von bis zu 26 Prozent. Mit Blick auf das kommende 5G-Geschäft hatten wir die Aktie kürzlich zum Kauf empfohlen. Weil diese Chancen jedoch derzeit vom Apple-Rechtsstreit überschattet werden, stufen wir die Aktie vorerst auf "Beobachten".
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Wenn Apple zum Konkurrenten wird
Neben dem Risiko ersetzt zu werden, besteht noch eine andere Gefahr für Lieferanten. Der Apfel-Konzern hat begonnen, Kernkomponenten selbst zu bauen, um diese ganz auf die eigenen Anforderungen auszurichten. Ein erstes Opfer dieser Praxis war Imagination Technologies. Der britische Halbleiterproduzent lieferte Grafikchips, bis Apple vergangenes Jahr begann, die Teile selbst zu produzieren. Die Aktie brach um über zwei Drittel ein - später wurde der Konzern vom Finanzinvestor Canyon Bridge gekauft. Ein ähnliches Schicksal schien bis vor Kurzem auch Dialog Semiconductor zu drohen. Von dem deutsch-britischen Unternehmen stammen die Chips zur Stromsteuerung im iPhone, die mit für dessen Leistungsfähigkeit sorgen. Noch macht Dialog rund drei Viertel seiner Umsätze mit Apple, doch auch diese Bauteile werden die Kalifornier in Zukunft selbst herstellen.
Das finanzielle Polster von Dialog ist dank seines ehemaligen Großabnehmers jedoch dick und das Anwendungsspektrum der Chips breit genug, um neue Kunden zu gewinnen. Apple zahlt für einen Teil der Dialog-Patente sowie 300 seiner Ingenieure 600 Millionen Dollar. Zusammen mit dem Betrag, der bereits in der Kasse war, sitzt Dialog damit auf Barmitteln von rund einer Milliarde Euro. Und bis es so weit ist, dass Apple die Stromsteuer-Chips selbst baut, werden weitere Chip-Generationen von Dialog kommen. Das Bankhaus Lampe schätzt das Auftragsvolumen aus diesen bereits entwickelten Halbleitern auf insgesamt bis zu 1,6 Milliarden Euro. Barmittel und Folgeaufträge von Apple stehen damit derzeit für rund zwei Drittel der Marktkapitalisierung, während Dialog selbst erwartet, 2022 noch 35 bis 40 Prozent seiner Umsätze mit Apple zu machen. Vorstandschef Jalal Bagherli sieht den Konzern daher "nicht in einen Abgrund" stürzen.