Der einstige Börsenstar Brasilien ist tief gefallen. Kaum ein Experte lässt ein gutes Haar an dem größten Land Lateinamerikas. Analysten erwarten gar zwei aufeinanderfolgende Jahre mit einer Rezession in Brasilien - das wäre Premiere seit der Weltwirtschaftskrise vor rund 85 Jahre. Zudem sitzt auch Präsidentin Dilma Rousseff angesichts von Wirtschaftsmisere und Korruptionsskandalen nicht mehr wirklich fest im Sattel. Überdies hat S & P Brasilien auf die unterste Investment-Grade-Stufe abgestuft - dasselbe tat Moody’s.
Die kriselnde Wirtschaft schlägt sich inzwischen auch in stark steigenden Arbeitslosenquoten nieder. Die Quote stieg seit Jahresbeginn kontinuierlich von 5,3 auf 6,9 Prozent. Und eine Trendwende ist auch nicht in Sicht. Denn die Wachstumsaussichten der Notenbank verheißen nichts Gutes. Die wirtschaftliche Aktivität ist im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,2 Prozent gesunken. Weder geld- noch fiskalpolitisch scheint Brasilien dieser Entwicklung entgegentreten zu können. Dann wäre einen Abstufung durch die Ratingagenturen auf Ramschniveau sehr wahrscheinlich. Die Notenbank hat nämlich trotz kriselnder Wirtschaft den Leitzins jüngst auf 14,25 Prozent erhöht. Das ist der höchste Stand seit Oktober 2006.
Begründet wird diese restriktive Haltung der Geldpolitik mit dem zunehmenden inflationären Druck, dem sich die Notenbank gegenüber sieht. Die Kerninflationsrate stieg in der größten Volkswirtschaft Südamerikas von 7,2 im Januar auf 9,2 Prozent im Juli. Der Istzustand verleitet also nicht gerade zum Einstieg in brasilianische Aktien.
Hendersons Aktienchef für Schwellenländer wirft jedoch schon mal einen Blick auf die kommenden drei bis fünf Jahre. Und der fällt durchaus optimistisch aus. "Im Gegensatz zu vielen anderen Schwellenländern scheint Brasilien vieles zu versuchen, um die Probleme zu überwinden." Denn die junge Bevölkerung verlangt laut Finegan weniger Korruption und eine bessere Regierungsführung. Zudem beobachte er auch eine unabhängige Justiz, die sich nicht mehr von mächtigen Interessengruppen beeinflussen lässt. Ein weiteres positives Argument ist für ihn die Abwertung des Real. "Das macht Exporte wettbewerbsfähiger und Importe weniger attraktiv" sagt Finegan. Außerdem lasse das sehr hohe Zinsniveau genügend Spielraum in den kommenden Jahren für Zinssenkungen. "Es gibt insgesamt enorme Möglichkeiten für Wirtschaftsreformen in Brasilien und wenn sie umgesetzt werden, könnte dies erheblich die Wettbewerbsposition des Landes verbessern", hofft Finegan.
Treten seine Vorhersagen ein, wird Brasilien zukünftig wieder einer der Börsenstars werden.
jk