Vor zehn Jahren war die Welt in Brasilien noch in Ordnung. Der populäre Lula da Silva regierte das Land. Die Börse boomte und die hohen Rohstoffpreise füllten die Kassen. Zudem konnten sich die Bürger ab Oktober 2007 auf die Fußball-WM 2014 im eigenen Land freuen und ab Oktober 2009 auf Olympia 2016 in Rio de Janeiro. Heute klingt das wie ein Märchen aus ferner Zeit. Zwar liefen Fußball-WM und Olympia erfolgreich ab, die Bürger revoltierten aber gegen die hohen Kosten. Schlimmer noch traf Brasilien, dass die Rohstoffpreise ab dem Jahr 2008 fielen. Anleger straften die Börse in São Paulo daher ab. Der MSCI Brasilien Index hinkte dem MSCI Emerging Index in den vergangenen fünf Jahren bedenklich weit hinterher, obwohl dieser ebenfalls schwächelte.
Erst seit Anfang 2016 kam wieder Schwung in Brasiliens Börse. Der MSCI Brasilien Index legte seither inklusive Kurs- und Währungsgewinnen um rund 60 Prozent zu. Die Anleger honorierten vorab, dass Präsidentin Dilma Rousseff ihr Amt verlieren könnte - was in diesen Tagen auch endgültig geschah. Die Börse werde diese Entscheidung aber kaum beeinflussen, sagt Craig Botham, Emerging-Markets-Ökonom bei Schroders. Die Absetzung von Rousseff hatten Anleger erwartet. Nun muss Michel Temer liefern, der neue Präsident des Landes. Die "Neue Zürcher Zeitung" kommentierte die Lage vorsichtig: "Alles deutet darauf hin, dass die Brasilianer erst bei den Wahlen von 2018 eine Chance für einen echten Neuanfang erhalten werden." Gemessen an der hohen Dividendenrendite sind die Aktien im MSCI Brasilien Index attraktiv. Zudem ist das Kurs-Buchwert-Verhältnis günstig. Allerdings ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis höher als im MSCI Emerging Markets Index. Überdies sind die Unternehmen in anderen Schwellenländern profitabler.
Anleger sollten abwarten, ob der neue Präsident Reformen durchsetzen kann. Die Vorschusslorbeeren wurden bereits verteilt.