Es kracht in Rom. Wieder einmal. Die italienischen Regierungsparteien Lega und Cinque liegen im Clinch. Angeblich. Und manch einer glaubt, die Koalition sei am Ende. Es wird gemunkelt, Matteo Salvini und Luigi Di Maio, die beiden Vizepremiers und Parteichefs, redeten nicht einmal mehr miteinander. Allerdings, und so ist das eben in Italien, mutmaßen manche auch, dass der Streit nur inszeniert sei - wahltaktisch motiviert. Denn in einem Monat finden Europawahlen statt. Und davor wollten beide Parteien ihr Profil schärfen.
Doch so oder so, rund läuft es nicht. Zuletzt hat Italien seine Wachstumsprognose gesenkt. Statt um ein Prozent soll die drittgrößte Volkswirtschaft im Euroraum in diesem Jahr nur um 0,2 Prozent wachsen. Wirtschaftsminister Giovanni Tria befürchtet sogar ein "Nullwachstum", die OECD noch Schlimmeres - eine Rezession, ein Schrumpfen des BIP um 0,2 Prozent. Das ist schon ein Schock: 2018 war es immerhin noch um 0,9 Prozent nach oben gegangen.
Das Ganze irritiert auch deswegen, weil Rom die Geldschleusen geöffnet hat: Die Regierung aus rechtsgerichteter Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung will mit hohen Staatsausgaben die Wirtschaft eigentlich in Schwung bringen. So hat man beispielsweise eine kostspielige Rentenreform beschlossen und neue Sozialleistungen. Und dafür nimmt man so einiges in Kauf. Die Neuverschuldung soll wegen der hohen Ausgaben in diesem Jahr bei 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen.
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Lieber Peking statt Brüssel?
Ein neuer Streit mit der EU-Kommission ist da eigentlich programmiert. Schon im vergangenen Jahr gab es gerade wegen des Haushaltsdefizits Zoff, und wirklich nachgeben möchte dabei keiner der Kontrahenten: Brüssel wollte und will nur 2,0 Prozent akzeptieren, Rom ist das zu streng. Vergangenes Jahr gab es zwar eine Last-Minute-Einigung, aber de facto ist man inzwischen so zerstritten, dass Italien sogar mit China ein eigenes Abkommen zur "Neuen Seidenstraße" unterzeichnet hat. Rom öffnet sich notgedrungen - oder aus Trotz - für chinesisches Kapital und chinesischen Einfluss. Fakt ist: Geht das so weiter mit der laxen Haushaltspolitik, wird Italiens Schuldenquote weiter steigen: laut OECD bis 2020 auf 134 Prozent des BIP. Im Euroraum steht nur Griechenland schlechter da. In absoluten Zahlen ist Italien mit 2,4 Billionen Euro ohnehin schon das höchstverschuldete Land in der Eurozone.
Und dennoch ist man an den Märkten (noch) relativ entspannt. Mit 2,6 Prozent Rendite notieren zehnjährige italienische Staatsanleihen deutlich unter den Höchstmarken von über sieben Prozent aus dem Jahr 2011 - allerdings auch deutlich über den 1,2 Prozent, die 2016 fällig waren, zu einem Zeitpunkt also, als die Eurokrise überwunden schien und die politischen Verhältnisse in Rom stabiler waren.
Die Zinsentwicklung muss man also im Auge behalten, vor allem weil Italiens Banken Papiere des eigenen Landes im Gegenwert von 400 Milliarden Euro halten und im Falle deutlich steigender Renditen in ihrer Existenz gefährdet wären.
Richtig positiv präsentiert sich derweil der Aktienmarkt. Von allen Leitindizes im Euroraum schneidet der italienische MIB am besten ab - abgesehen vom Athener Athex. Auch die im Länderreport vom November vergangenen Jahres (Heft 47/2018) empfohlenen Aktien sind allesamt gut im Plus, trotz der weltweiten Börsenturbulenzen im Dezember. Campari beispielsweise legte in der Spitze um 18 Prozent zu, unser Favorit Moncler um 29 Prozent und schließlich Saipem um 25 Prozent.
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Zwischen Luxus und Pipelines
Alle Aktien sind auch weiterhin einen Kauf wert. Spirituosenhersteller Campari musste 2018 zwar einen Rückgang des Nettogewinns verkraften, allerdings bleibt man weiter auf Wachstumskurs. Aus diesem Grund wurde gerade eine Anleihe mit einem Volumen von 150 Millionen Euro auf den Markt gebracht, die an der Wiener Börse notiert. Außerdem will man, wie bereits 2018 angekündigt, durch weitere Übernahmen wachsen. Priorität haben dabei die USA, der mit 27 Prozent Anteil am Konzernumsatz größte Markt.Bekannt ist das Familienunternehmen hierzulande vor allem durch den Aperitif Aperol, mit dem sie rund 16 Prozent von 1,7 Milliarden Euro Umsatz einfährt.
Auch Moncler ist auf Kurs. Der Mailänder Hersteller von Luxusbekleidung hat die Gewinnspanne weiter gesteigert, und die Aktionäre können sich auf eine höhere Dividende freuen - die Rendite liegt derzeit bei 1,5 Prozent. Dem vor allem für seine Daunenjacken bekannten Modelabel gelingt es, die Verkäufe über zahlreiche Vertriebskanäle zu steigern. Um jüngere Kunden zu binden, bringt Moncler monatlich neue Kollektionen in die Läden.
Spekulativer ist derzeit Saipem. Sollte US-Präsident Donald Trump ernst machen mit seinen Sanktionen gegen an Nord Stream 2 beteiligte Firmen, dann wäre auch das italienische Unternehmen betroffen, das für die Verlegung der beiden Pipelinestränge zuständig ist. Saipem ist Spezialist für Bau und Installation von Maschinen, Plattformen und Pipelines zur Öl- und Gasgewinnung. Als Alternative bietet sich ein ETF auf den MSCI Italien an (beim MSCI ist der Bankenanteil um einige Punkte geringer als beim MIB-Index).
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Italien auf einen Blick