Als "robustes Ergebnis" bezeichnete Lars Brzoska die Zahlen zum ersten Halbjahr. Der Vorstandschef von Jungheinrich, dem Hamburger Spezialisten für Intralogistik, konnte trotz eines herausfordernden Marktumfelds Zugewinne bei Umsatz und Auftragseingang vermelden und bestätigte damit die Tendenzen beim Konkurrenten Kion Group. Jungheinrich bietet unter anderem Gabelstapler, Flurförderfahrzeuge oder Software zur Lagerverwaltung. MDAX-Konkurrent Kion, zu rund 40 Prozent im Besitz eines chinesischen Großinvestors, hatte Ende Juli Zahlen vorgelegt und bietet zusätzlich noch Automatisierungstechnologien sowie Softwarelösungen zur Optimierung von Lieferketten.

In der Pandemie hatten beide Unternehmen kräftig profitiert, die Aktienkurse waren in neue Höhen gestiegen. Das Kalkül: Durch Corona boomte der Onlinehandel, Firmen weiteten Lagerinfrastrukturen aus, um die immense Nachfrage zu bedienen. Jungheinrich beliefert unter anderem Lager des Onlineriesen Amazon in Deutschland oder den Kochboxenversender Hellofresh in Australien.

Mit abnehmenden Corona-Sorgen kehrten auch die Papiere beider Unternehmen zur Normalität zurück, die MDAX-Werte büßten massiv ein. Hinzu kamen Sorgen vor einem wirtschaftlichen Abschwung. Mittlerweile zeichnet sich eine Bodenbildung ab.

Marktumfeld belastet

Operativ konnten sich beide Unternehmen trotz der aktuellen Marktherausforderungen behaupten. Im ersten Halbjahr stieg der Auftragseingang bei Jungheinrich um zwei Prozent, der Umsatz legte um elf Prozent zu. "Jungheinrich hat im ersten Halbjahr 2022 trotz herausfordernder Marktbedingungen ein robustes Ergebnis erwirtschaftet", sagte Chef Brzoska zu den Zahlen. Auch die Frankfurter Kion Group vermeldete Ende Juni ein zweistelliges Umsatzplus, erzielte zudem sogar einen Zugewinn beim Auftragseingang von 13,1 Prozent. Um diesen auch abarbeiten zu können, setzen die Unternehmen seit einiger Zeit auf gesteigerte Vorratshaltung, um eine vollständige Produktionsunterbrechung zu vermeiden. Zudem sollen Zuliefernetzwerke ausgeweitet werden. Die hohe Bindung von Mitteln drückt auch auf die Liquidität: Nach positivem freiem Cashflow im Vorjahr fiel dieser bei beiden Unternehmen diesmal deutlich negativ aus.

Entsprechend drückten die gestiegenen Belastungen auf das Betriebsergebnis (Ebitda). Beide Unternehmen meldeten für die ersten sechs Monate einen Rückgang, bei Kion fiel dieser mit über 30 Prozent jedoch deutlich stärker aus als beim Hamburger Konkurrenten. Die MDAX-Konzerne führen die Schwäche vor allem auf gestörte Lieferketten sowie gestiegene Kosten für Energie, Rohstoffe und Logistik zurück.

Kurzfristig vorsichtiger

Die anhaltenden Unsicherheiten rund um Pandemie, Kriegsgeschehen und Lieferketten machen Jungheinrich und Kion vorsichtiger. Die Hamburger bestätigten ihre Jahresprognose. Trotz leichten Umsatzanstiegs erwartet Jungheinrich einen deutlichen Rückgang des Betriebsergebnisses zum Vorjahr. Manche Analysten halten die Gewinnschätzungen für zu niedrig. Der Ausblick steht unter der Annahme, dass es nicht zu weitreichenden Produktionsstillständen kommt und Lieferketten weitestgehend bestehen bleiben. Im Gegensatz zum Vorjahr erwartet Jungheinrich allerdings einen negativen Free Cashflow. Dennoch sieht das Bankhaus Berenberg den Konzern gut positioniert, um von strukturellen Wachstumstrends in der Flurförderzeug- und Lagerautomatisierungsbranche zu profitieren.

Kion dagegen hatte bereits Anfang April seinen Jahresausblick verworfen. Zu groß waren die Unsicherheiten. Im Rahmen der Zahlen zum zweiten Quartal blieben die Frankfurter eine angepasste Zielsetzung schuldig. Im Lauf des Jahres soll eine neue Prognose kommen.

Dennoch bieten die Logistikspezialisten auf dem aktuellen Niveau Chancen, gerade durch den wachsenden E-Commerce. Von Bloomberg befragte Analysten raten bei beiden Werten mehrheitlich zum Kauf.

INVESTOR-INFO

Jungheinrich

Vielfältige Lösungen

Die Hamburger bieten ein breites Spektrum, von Geräten über automatische Lagersysteme bis zu passenden Softwarelösungen. Trotz Herausforderungen gelang ein Anstieg bei Umsatz und Aufträgen. Trübt sich die Weltwirtschaft nicht stärker ein, kann Jungheinrich vom wachsenden Bedarf an Lagerlogistik profitieren. Mit der Prognose sollte vieles eingepreist sein. Analysten zeigen sich für das Papier mehrheitlich optimistisch, dazu gibt es auch eine Dividende.