KI treibt den globalen Strombedarf in Rekordhöhe. Bis 2030 fließen 1,3 Billionen Dollar in Kraftwerke, Netze und Rechenzentren. Diese Aktien könnten profitieren. Von Klaus Schachinger. 

Auch beim Googeln fällt es auf. Konzerns Alphabet, ergänzt das Ergebnis einer Websuche im KI-Stil von ChatGPT mit einer Zusammenfassung und Stichworten. Der Energieaufwand für das mit KI aufgewertete Ergebnis hat sich im Vergleich zum früheren Googeln vervielfacht. Im Alltag der Websuche fällt das nicht ins Gewicht.

Auf dieser äußeren Bahn des Systems, das durch den gewaltigen Elektrizitätsbedarf der KI, vor allem in Amerika, derzeit neu justiert wird, ist von den großen Veränderungen im Zentrum des Systems wenig zu spüren.

Das ist dort, wo KI rund um die Uhr maximale Stromkapazität benötigt. In speziellen Rechenzentren, wo OpenAIs ChatGPT und andere KIs wie Googles Gemini oder Llama von Meta Platforms durch Training, also durch die Verarbeitung von immer größeren Datenmengen, intelligenter werden.

Die Stargate-Allianz von Sam Altmans OpenAI mit SAP-Konkurrent Oracle und dem japanischen Beteiligungskonzern Softbank und die größten Betreiber von Rechenzentren, Amazon, Alphabet, Meta und Microsoft, leisten sich beim Bau von KI-Rechenzentren in den USA ein milliardenschweres Wettrennen.

Seit dem Start des KI-Booms im November 2022 mit dem Debüt von ChatGPT haben die vier Technologieriesen ihre Investitionsbudgets auf mehr als 300 Milliarden Dollar verdoppelt. Für 2026 werden mehr als 400 Milliarden Dollar avisiert.

Wie OpenAI, Oracle und Softbank die Finanzierung ihres 500-Milliarden-Dollar-Projekts organisieren, lesen Sie in dem Kasten auf Seite 13. Möglich ist es, genau wie bei den vier Technologieriesen, über zusätzliche finanzielle Ressourcen und spezialisierte Partner wie Vermögensverwalter Blackrock, inzwischen auch stark an Infrastrukturprojekten wie Rechenzentren beteiligt.

Microsoft-Chef Satya Nadella will die Kapazität in den Rechenzentren der Cloud-Tochter Azure während der nächsten vier Quartale „schneller erhöhen als jeder Konkurrent“.

Den zusätzlichen Elektrizitätsbedarf in den USA für KI-Rechenzentren, Cloud, Digitalisierung und Elektromobilität schätzt der Beraterkonzern McKinsey auf mindestens 50 Gigawatt (GW) bis 2030. Das ist gewaltig: Der Zuwachs entspricht der gegenwärtigen Mindestkapazität in Deutschlands Stromnetz.

Bis 2030 könnte sich die Stromkapazität der Rechenzentren in den USA auf 80 GW verdreifachen. Der entsprechende Stromverbrauch der Datencenter soll um das Vierfache gegenüber 2023 zulegen, auf mehr als 600 TWh für 2030. Das ist deutlich mehr als die 464 TWh Elektrizität, die ganz Deutschland im vergangenen Jahr benötigte — nur für die Rechenzentren in Amerika.

1,3 Billionen für Ausrüster und Versorger

Weltweit könnte sich die Stromkapazität der Rechenzentren bis zum Ende des Jahrzehnts auf 218 GW knapp verdreifachen. Die dafür notwendigen weltweiten Investitionen bis 2030 schätzt McKinsey auf 1,3 Billionen Dollar: in Kraftwerke mit allen verfügbaren und künftigen Energiequellen – fossile, erneuerbare aus Sonne, Wind, Wasser und auch Atomkraftwerke, in Stromnetze und  in die Energietechnik der Rechenzentren. Die Billion ist notwendig, um die enormen Zuwächse zu bewältigen und Überlastungen der Netze vorzubeugen.

In Amerika wird sich der Anteil der Rechenzentren am Gesamtstromverbrauch durch den Ausbau bis 2030 auf fast zwölf Prozent nahezu verdoppeln. Konflikte mit anderen Nutzern der Energie-Infrastruktur wie Haushalte und Unternehmen sind absehbar. Denn während ein Rechenzentrum in zwei Jahren gebaut werden kann, dauern Projekte für Strom aus Gas, Wind und Sonne bis zu fünf Jahre, die Aufrüstung und Erweiterung von Stromnetzen bis zu zehn Jahre, berichtet McKinsey. Diese Realität wird trotz der vielen Milliarden für die Investitionen das ursprünglich geplante Tempo des Ausbaus drosseln, dafür aber die Auftragsbücher der Spezialisten für einen längeren Zeitraum füllen.

Ausrüster für Energie- und Netztechnik

Um die Stromversorgung der Datencenter für einen Rund-um-die-Uhr-Betrieb zu sichern, also auch bei Störungen im Netz, sind für die Stargate-Rechenzentren in Abilene, Texas, Gasturbinen mit 360 Megawatt Kapazität geplant. Auf dem Colossus-Gelände in Tennessee mit Datencentern von Elon Musks KI-Firma xAI wurden 35 Gasturbinen installiert.

Der Bauboom bei Rechenzentren füllt die Auftragsbücher der großen Turbinenhersteller GE Vernova und Siemens Energy für die nächsten Jahre. Ebenfalls gut für beide Konzerne: Strom aus Wind und Sonne reicht für den zusätzlichen Bedarf nicht aus. Fossile Energiequellen, Kohle und Erdgas, werden laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IAE) auch 2035 Strom für mehr als die Hälfte des weltweiten Verbrauchs in Rechenzentren liefern.

Als Hersteller von Gas- und Windturbinen profitieren GE Vernova und Siemens Energy doppelt. Über GE Vernovas Komponenten, etwa für Hochspannung oder für die Automatisierung von Netzen, läuft nach Angaben des Konzerns rund ein Viertel der globalen Stromversorgung. Siemens Energy und Schneider Electric in Frankreich liefern auch Technik für die Energieversorgung von Rechenzentren. Bei den Münchnern ist es ein Zehntel des Umsatzes, bei Schneider ein Fünftel.

ABB entwickelt Module und Software für effizienten Stromtransport im Netz und in Rechenzentren. Stromgeneratoren werden mit der Technik der Schweizer als Sicherheitsreserve in die Infrastruktur der Rechenzentren integriert. Die Stromversorgung wird automatisiert, einschließlich Rund-um-die-Uhr-Überwachung. Rechenzentren liefern 15 Prozent des Umsatzes von ABB, Tendenz steigend.

Oligopol bei Spezialkabeln

Bei der Verkabelung von Rechenzentren auch für den Anschluss ans Netz sind Hersteller wie Prysmian aus Italien, Nexans aus Frankreich und Sumitomo Electric aus Japan in der ersten Reihe.

Die drei Unternehmen sind auch bei Stromverbindungen über sehr lange Strecken wie Unterseekabel stark. Weil in diesen Märkten wenige Anbieter dominieren, sind die Margen der Spezialisten hoch. Regelmäßige Übernahmen gehören zur Wachstumsstrategie. Im März schnappte sich Prysmian für fast 1,2 Milliarden Dollar in den USA einen Hersteller von Kabelkomponenten, Channel.

Comeback der Kernenergie

Maximale Stromversorgung ist für die Weiterentwicklung der KI unverzichtbar. Um vorn zu bleiben, nutzen die größten Betreiber bei Strom deshalb jede Option, auch Atomkraftwerke.Microsoft und Rivale Meta beziehen bei Constellation Energy Atomstrom. 

Small Modular Reactors (SMRs), die auch von dem Jet-Triebwerkhersteller Rolls-Royce entwickelt werden, sind die nächste Generation der Reaktortechnik. Sie werden in Fabriken vorgefertigt, als Module geliefert und können auch auf dem Gelände der Rechenzentren installiert werden. Mehr zu Akteuren in dem Billionenmarkt Strom und Netze für Rechenzentren lesen Sie im aktuellen Heft. 

Hinweis: Der Artikel stammt aus der aktuellen Heftausgabe von BÖRSE ONLINE (34/25), die Sie hier finden.

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