Die Zahl von Corona-Infizierten steigt in kaum einem Land so rasch wie in der Türkei. Lange Zeit verharmloste die Regierung die Infektion, ihre Strategie wirkte konfus. Das Ausmaß der Epidemie zwang aber inzwischen auch dort die Regierung hart durchzugreifen.

Über Ostern gab es Ausgangssperren. Für unter 20-Jährige und Senioren bleiben diese bestehen. Die meisten Läden und Restaurants sind geschlossen, der Flugverkehr ist eingestellt.

Um Unternehmen und Arbeitslose zu unterstützen, wurde ein Rettungspaket in Höhe von 15 Milliarden Euro aufgelegt. Die Infektionszahlen gehen zwar durch die Maßnahmen zurück, trotzdem drohen der Türkei nach Ansicht von Kennern des Gesundheitssystems italienische Verhältnisse. Mangelt es doch in Kliniken an Atemgeräten.

Neben dem gesundheitlichen droht dem Land am Bosporus auch ein ökonomisches Desaster. Für 2020 wurde bereits vor Corona nur mit zwei bis drei Prozent BIP-Zuwachs gerechnet, was unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre ist. Die Arbeitslosigkeit betrug im Februar schon 15 Prozent, das Haushaltsdefizit gut drei Prozent. Die Inflation liegt bei zwölf Prozent.

Daher senkte die türkische Zentralbank 2020 schon dreimal den Leitzins. Zuletzt Mitte März auf 9,75 Prozent. Besonders der Einbruch des Tourismus wiegt schwer. Trägt der doch zwölf Prozent zur Wirtschaftsleistung bei. Auch die Autoindustrie steht vorwiegend still. In zwei der Top-Exportländer, Deutschland und Italien, kann derzeit kaum ausgeführt werden. Die bisher schon hohe Staatsverschuldung wird durch die Corona-Krise noch kräftig ansteigen. Ein Hoffnungsschimmer ist der abgestürzte Ölpreis, da die Türkei viel Öl importiert.

Anleger flüchten aus der Türkei


Die Anleger jedenfalls sehen die ökonomische und medizinische Situation am Bosporus negativ und flüchten aus der Landesdevise türkische Lira. Seit Ende Februar hat diese zum Euro 14 Prozent verloren.

Diese Entwicklung dürfte sich nach Ansicht von Gerhard Heinrich, Schwellenländeranalyst beim Infodienst Emerging Markets Trader, fortsetzen: "Den Lira-Verfall könnten zurzeit nur beherzte Leitzinserhöhungen stoppen, denn der Leitzins liegt weit unter der Inflationsrate. Präsident Erdogan ist aber ein vehementer Gegner von Zinsanhebungen." Heinrich hat wenig Hoffnung auf eine Währungsstabilisierung.

Auch die Charttechnik spricht für eine weitere Abwertung. Bis zum Kurs von 7,56 Lira je Euro, der in der Währungskrise 2018 markiert wurde, ist es nicht mehr weit. Wird dieser Widerstand überwunden, ist der Weg für noch schwächere Lira-Kurse frei. Mit einem Mini-Future-Long-Zertifikat der BNP Paribas (ISIN: DE 000 PX3 61L 8) können Anleger mit Hebel zwei auf einen weiteren Lira-Verfall zum Euro setzen.