"Die jüngsten Kursausschläge haben die Begeisterung für China abkühlen lassen", sagt William Kirby, auf China spezialisierter Professor an der Harvard Business School. Anlegern sei klargeworden, dass die Uhren an der chinesischen Börse anders ticken als in der restlichen Welt. "Es sieht so aus, als ob die Regierung Aktienmärkte als Instrument ihrer Politik betrachtet", fügt Kirby hinzu, der auch Fonds bei China-Investments berät.

Die Führung in Peking hatte lange Zeit heimische Kleinanleger zum Aktienkauf ermuntert. Die dadurch ausgelöste Hausse trieb die Kurse zwischen Juni 2014 und Juni 2015 um mehr als 150 Prozent in die Höhe. Seither sind sie um etwa 40 Prozent eingebrochen. Die Behörden versuchen mit teilweise drastischen Methoden wie der Aussetzung Hunderter Aktien vom Handel und dem Verbot bestimmter Geschäfte, den Ausverkauf aufzuhalten.

HSBC UND STANDARD CHARTERED UNTER DRUCK



Die Pessimisten unter den Investoren werfen neben chinesischen Werten auch HSBC und Standard Chartered aus ihren Depots. Die beiden Großbanken sind stark im Reich der Mitte engagiert. Ihre in London notierten Aktien verloren in den vergangenen Monaten massiv an Wert, HSBC 20 Prozent und Standard Chartered 33 Prozent.

Fondsmanagerin Tracy Chen wettet mit ihrem Legg Mason Brandywine Alternative Credit Fund gegen einige asiatische Währungen. Die entsprechenden Staaten würden wegen der drohenden Abkühlung der Konjunktur des wichtigen Handelspartners China die eigene Wirtschaft voraussichtlich mit Zinssenkungen zu stützen versuchen, lautet ihre Prognose.

Ähnliches sei auch in Australien und Kanada zu erwarten, betonen die Anlage-Experten Andrew Lee von UBS Wealth Management und Eric Stein von der Fondsgesellschaft Eaton Vance. Beide Länder sind wichtige Rohstoff-Lieferanten für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.

Als attraktive Anlage betrachtet Legg-Mason-Expertin Chen hypothekenbesicherte US-Anleihen. Sie rechnet nach eigener Auskunft damit, dass wohlhabende Chinesen in den kommenden Monaten verstärkt Geld in US-Immobilien steckten, um dem heimischen Kurschaos zu entkommen.

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ALTERNATIVE HONGKONG



Da die chinesische Wirtschaft im laufenden Jahr trotz aller Turbulenzen um voraussichtlich rund sieben Prozent wachsen dürfte, scheuen Investoren aggressive Wetten auf eine Fortsetzung des Ausverkaufs in Shanghai und Shenzhen. Sie schauen sich stattdessen nach Anlage-Alternativen um.

Einige weichen auf Hongkong aus, weil die dortige Börse besser reguliert ist und als weniger anfällig für staatliche Eingriffe gilt. Aus Sicht von Jeff Shen, Chef des Schwellenländer-Geschäfts beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock, sind zudem viele Hongkonger Werte unterbewertet. Das durchschnittliche Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) des Hongkonger Leitindex Hang Seng liegt aktuell etwa bei neun. Das bedeutet, dass der Kurs neun Mal so hoch ist wie der Gewinn je Aktie. In Shanghai liegt das KGV bei rund 13.

Fondsmanager Bobby Bao investiert mit seinem China Region Fund von Fidelity Investments sogar weiterhin an den Börsen Shanghai und Shenzhen. Allerdings konzentriere er sich stark auf Firmen mit hohem Wachstumspotenzial, sagt Bao. Hierzu gehöre unter anderem Hangzhou Hikvision, ein Anbieter von Überwachungskameras. Joe Quinlan, Chef-Anlagestratege der Vermögensverwaltung von Bank of America, setzt eher auf Internet-Händler. "Die Chinesen lieben es, Dinge online zu kaufen", erläutert er. "Der Sektor hat viel Aufwärtspotenzial."

Reuters