HomeToGo hat den Wettbewerber Interhome übernommen. Der Kauf von Europas zweitgrößtem Spezialisten zur Vermietung und Verwaltung von Ferienhäusern und -wohnungen ist die bislang bedeutendste Transaktion des Unternehmens und bringt HomeToGo dem Ziel näher, die führende Plattform für Ferienunterkünfte in Europa zu werden. BÖRSE ONLINE sprach mit Finanzvorstand Steffen Schneider über die Hintergründe der Akquisition und die zukünftige Entwicklung im operativen Geschäft.
BÖRSE ONLINE: Herr Schneider, HomeToGo hat die Übernahme von Interhome angekündigt. Was macht diese Transaktion so besonders?
Steffen Schneider: Interhome ist die größte Transaktion in der Geschichte von HomeToGo. Mit dieser Akquisition kommen wir unserem Ziel, Europas führende Plattform für Ferienunterkünfte zu schaffen, einen entscheidenden Schritt näher. Mit unserem innovativen SaaS- und AI-gestützten Marktplatz sowie einer bewährten Erfolgsbilanz bei der Akquisition, Integration und Skalierung von 15 Unternehmen seit 2018 sind wir für diesen nächsten transformativen Schritt bestens gerüstet.
Mit der Übernahme von Interhome decken wir nun ganzheitlich die gesamte Wertschöpfungskette zwischen Eigentümer bzw. Verwalter der Unterkunft und dem Reisenden ab, in dem wir nun neben unserem bestehenden Marktplatz und Software-Lösungen auch Service-Dienstleistungen rund um die Ferienunterkunft wie etwa Wartung, Reinigung oder Schlüsselübergabe mit in unser Portfolio aufnehmen.
Wie groß ist das Portfolio von Interhome und was planen Sie nach der Übernahme?
Mit über 60 Jahren Erfahrung und als Europas zweitgrößter Spezialist für die Vermietung und Verwaltung von Ferienhäusern und -wohnungen bringt Interhome ein starkes Portfolio von etwa 40.000 hochwertigen Unterkünften in 28 Ländern mit, wovon die meisten exklusiv verwaltet und vermietet werden. Mit der branchenführenden Technologie von HomeToGo planen wir, Interhome gezielt weiterzuentwickeln und dessen Potenzial voll auszuschöpfen, um die Umsätze für Eigentümerinnen und Eigentümer zu maximieren und das Kundenerlebnis weiter zu verbessern.
Seit wann arbeiten Sie bereits mit Interhome zusammen?
Interhome ist einer der ältesten Partner von HomeToGo. Tatsächlich haben wir den ersten Partnervertrag mit Interhome abgeschlossen, noch bevor die HomeToGo GmbH vor über zehn Jahren in das Handelsregister eingetragen wurde. Als Ferienhausspezialist begleitet uns Interhome schon seit unseren Anfängen als Metasuchmaschine und auch in unserem weiterentwickelten Marktplatzmodell arbeiten wir schon lange erfolgreich zusammen. Entsprechend kennen wir das Unternehmen, dessen hochklassiges Inventar und die handelnden Personen sehr gut. Deshalb sind wir sicher, dass Interhome die HomeToGo Group sehr gut ergänzt. Zudem wird dies die Integrationsarbeit spürbar erleichtern.
Was bedeutet die Übernahme für Umsatz und Ergebnis der HomeToGo Gruppe?
Allein durch die Übernahme von Interhome würden die Pro-forma-IFRS-Umsatzerlöse der gesamten Gruppe rückblickend für das Geschäftsjahr 2024 um 55 Prozent steigen. Einschließlich Interhome hätte sich das bereinigte EBITDA für 2024 mehr als verdreifacht. Und wie bereits angesprochen, hat Interhome nun zusätzlich Zugriff auf unsere führende Software- und Technologie-Lösungen, um künftiges profitables Wachstum erfolgreich zu beschleunigen.
Interhome ist mit einer operativen Marge von über 16 Prozent deutlich ertragsstärker als das bisherige HomeToGo-Geschäft. Wie profitabel wird das kombinierte Unternehmen sein?
HomeToGo hat in den vergangenen Jahren eine sehr positive Entwicklung beim Wachstum und der Profitabilitätsverbesserung hingelegt. So haben wir im Jahr 2023 den Break-even beim bereinigten EBITDA erreicht, unsere Guidance für 2024 liegt bei mehr als elf Millionen Euro. Die entsprechende Marge wird für 2024 bei rund fünf Prozent liegen. Durch die Akquisition würde sich die Marge bezogen auf das bereinigte EBITDA auf rund zehn Prozent verdoppeln. In die Zukunft blickend erwarten wir kurzfristig, also auf einen Zeitraum von zwölf Monaten nach Closing der Transaktion gemessen, die bereinigte EBITDA-Marge auf über 15 Prozent zu heben und mittelfristig die Marge weiter auszubauen.
Welchen Einfluss wird der Deal voraussichtlich auf Ihre Cashflow-Entwicklung haben? Und wird HomeToGo im laufenden Geschäftsjahr auch auf Nettobasis einen Gewinn erwirtschaften?
Mit einem EBITDA von über 20 Millionen Euro in 2024 und einem damit einhergehenden stark positiven Free Cashflow trägt Interhome im Wesentlichen dazu bei, dass die HomeToGo Gruppe schlagartig Free Cashflow positiv ist - ein Ziel, dass wir auf standalone Basis erst für 2025 angestrebt hatten. Dies hebt den wertsteigernden Charakter der Akquisition nochmals klar hervor, da sie unser angestrebtes profitables Wachstum spürbar beschleunigt. Wir planen auch auf Nettobasis einen Gewinn ein, aber für eine verlässliche Prognose eines Jahresüberschusses ist es zum jetzigen Zeitpunkt noch zu früh, auch vor dem Hintergrund, dass der Zeitpunkt des Closings der Transaktion noch aussteht.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Ertragshebel bei der Integration?
Wesentliche Stellhebel zum Erreichen unserer Integrationsziele sind zum einen der kurzfristige Wegfall von gruppeninternen Aufwendungen innerhalb der bisherigen Eigentümerstruktur, und die vermehrte Nutzung von zentralisierten Ressourcen. Zukünftig erwarten wir, dass die bestehenden Technologie- und Datenlösungen von HomeToGo die Marketingeffizienz erheblich steigern werden. Dies wird sich insbesondere in einem höheren Anteil an Eigenbuchungen, einer wachsenden Zahl von Stammkunden und zusätzlichen Cross-Selling-Möglichkeiten zu Buche schlagen. Darüber hinaus eröffnet die optimierte Auslastung des Inventars durch Dynamic Pricing sowie die Integration weiterer Ferienunterkünfte in die Interhome-Plattform zusätzliches Potenzial.
Was bedeutet diese Übernahme für Reisende und Eigentümer von Ferienhäusern?
Interhome bleibt als eigenständiges Unternehmen und als 60-jährige Schweizer Traditionsmarke für Gäste wie auch für Eigentümerinnen und Eigentümer bestehen, inklusive der lokalen Service-Büros. Interhomes Präsenz in über 200 Destinationen wird weiterhin wie gewohnt die erstklassige Betreuung von Gästen aufrechterhalten und auch weiterhin in Reisebüros buchbar bleiben. Künftig kann Interhome zudem auch unsere AI-gestützte Marktplatz-Technologie einsetzen, die perfekt auf die wachsende Nachfrage nach personalisierten Reiseerlebnissen ausgerichtet ist. Und bestehenden Kunden unserer Software Smoobu, die selbst die Vermarktung ihrer Ferienunterkunft vorgenommen haben, können wir nun mit Interhome zusätzlich ein Vollservice-Angebot rund um das Ferienhaus machen.
Sehen Sie die Interhome-Akquisition als Basis für weitere Übernahmen?
Wir sind immer auf der Suche nach profitablen Unternehmen, die mit unserem Wachstums- und Profitabilitätsprofil im Einklang sind und unsere übergeordnete Wachstumsstrategie stärken. Derzeit liegt unser Fokus jedoch auf dem erfolgreichen Abschluss der Transaktion, der anschließenden Integration von Interhome sowie der Weiterentwicklung des operativen Geschäfts der einzelnen Marken, so dass wir gemeinsam die Bedürfnisse unserer Reisenden und Ferienhaus-Eigentümerinnen und -Eigentümer noch besser erfüllen können. Darüber hinaus bildet Interhome die Basis für zukünftige kleinere Akquisitionen im Bereich Property Management; hier bieten sich regelmäßig interessante Möglichkeiten zu günstigen Multiplikatoren.
Zur Finanzierung der Transaktion haben Sie eine Kapitalerhöhung im Volumen von 85 Millionen Euro platziert. Zu dieser Verwässerung kommt noch eine Erhöhung der Verschuldung um 75 Millionen Euro. Warum ist dies für Sie aus finanzieller Sicht dennoch ein guter Deal?
Wir zahlen zum Closing circa das 6,5-fache bereinigte 2024er EBITDA und dann ab 2026 über vier Jahre noch einmal rund das 3,7-Fache. Bezogen auf unsere Erwartungen für das bereinigte EBITDA 2025 und unsere konkreten kurzfristigen Synergie-Erwartungen sind die Multiplikatoren auf 2025er Basis noch einmal wesentlich geringer. Das ist aus unserer Sicht ein attraktiver Preis.
Und auch der Kapitalmarkt gibt dem Recht: Die am Mittwoch mit dem Interhome-Kauf angekündigte Kapitalerhöhung war sehr schnell überzeichnet. Dies zeigt das große Interesse der Investoren an HomeToGo im Allgemeinen und der Interhome-Übernahme im Speziellen. Wir sind uns sicher, dass der Kapitalmarkt die bisherige Entwicklung von HomeToGo als auch diese für uns transformative Akquisition honorieren wird. Zumal der zukünftige Schuldendienst auf der Fremdkapitalseite vornehmlich durch den erwarteten, positiven Free Cashflow - auch durch die Akquisition von Interhome getrieben – gewährleistet ist.
Herr Schneider, vielen Dank für das Interview!
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