Chinas nationaler Volkskongress sollte in diesem Jahr ein klares Signal an die Weltöffentlichkeit senden: Peking hat das Virus in den Griff bekommen und stellt sich entschlossen für die Zeit nach Corona auf. Die Zusammenkunft der 3.000 Parlamentarier, die in dieser Woche zu Ende ging, fand zwei Monate später als geplant und in verkürzter Form statt.

Neben dem umstrittenen Sicherheitsgesetz für Hongkong wurden neue Milliardenausgaben beschlossen, mit denen das Land gegen die wirtschaftlichen Folgen der Virusepidemie ankämpfen will. Unter anderem ist die zusätzliche Ausgabe von Staatsanleihen im Wert von umgerechnet 128 Milliarden Euro vorgesehen, zudem eine weitere Senkung von Steuern und Abgaben.

China verfügt über genügend finanzielle Feuerkraft und Reserven, um die Krise zu überwinden. Das gilt bei Weitem nicht für alle Schwellenländer. Zum ökonomischen Schock durch die Pandemie gesellt sich bei den Emerging Markets vielfach der starke Abfluss ausländischer Gelder. Es drohe der "perfekte Sturm", warnte der Internationale Währungsfonds (IWF). Besonders zu leiden haben vom Tourismus abhängige Staaten wie Thailand oder Rohstoffexporteure wie Russland, Venezuela und Mexiko, bei denen der Ölpreisverfall zu sinkenden Einnahmen führt.

Die Anfälligkeit der Emerging Markets bei global einbrechender Reise- und Handelstätigkeit ist den Investoren bewusst. "Im März waren die Abflüsse aus Schwellenländerfonds dramatischer als während der Finanzkrise", sagt Lutz Röhmeyer, Manager des Fonds Capitulum Weltzins-Invest Universal.

Mittlerweile hat sich die Situation aber wieder gedreht, und Anleger positionieren sich erneut in Schwellenländeranleihen. Denn so düster sich die Lage derzeit in Ländern wie Brasilien und Russland präsentiert, wo die Infektionszahlen nach wie vor hoch sind, so sehr gibt doch der Blick auf die mittel- und langfristigen Erholungschancen Hoffnung. "Ohne die Emerging Markets ist eine Wiederherstellung funktionsfähiger globaler Lieferketten zumindest vorerst nicht möglich", schreiben die Analysten der LBBW, "und so werden viele dieser Staaten von den voluminösen staatlich gestützten und geldpolitisch alimentierten ,Aufbauprogrammen‘ der Industrieländer profitieren."

Kräftige Erholung im nächsten Jahr

Die Experten gehen davon aus, dass die Schwellenländer mit Ausnahme von China eine sich über das Jahr 2020 hinziehende Durststrecke überstehen müssen. 2021 dürfte eine kräftige Erholung einsetzen - so prognostiziert es auch der IWF (siehe Investor-Info). Was sich dann zeigen könnte, ist, "dass Schwellenländer deutlich schneller aus der Krise kommen als die Industriestaaten", so Fondsmanager Röhmeyer. Voraussetzung dafür ist, dass es zu keiner zweiten heftigen Infektionswelle kommt.

Eine systemische Schwellenlandkrise hält nicht nur Röhmeyer für unwahrscheinlich. Viele aufstrebende Volkswirtschaften sind heute krisenresistenter. Das liegt zum einen an höheren inländischen Ersparnissen und zum anderen an ausreichend entwickelten einheimischen Finanzmärkten. Das macht die Staaten weniger abhängig von ausländischen Krediten. Eine Währung, die nicht an den Dollar gekoppelt ist und frei auf- und abwerten kann, wirkt außerdem als Puffer in Krisenzeiten.

Zum ersten Mal in der Geschichte reagieren die Schwellenländer in dieser Krise wie die Industriestaaten: Ihre Notenbanken senken die Zinsen, um die Wirtschaft zu entlasten. In der Vergangenheit mussten die Zinsen meist erhöht werden, um die Landeswährung zu stützen.

"Trotz gelockerter Geldpolitik sind die Zinsen bei Schwellenländeranleihen immer noch attraktiv", sagt Röhmeyer. Ganz im Unterschied zu den Anleihen aus Europa oder den USA, wo die Notenbanken wohl auf Jahre hinaus an Nullzinsen festhalten werden. Allein dieser Umstand sorgt dafür, dass Investoren auf der Suche nach Rendite vermehrt Schwellenländerbonds ins Auge fassen.

So sagt zum Beispiel Eric Vanraes, Leiter Fixed Income Investments bei der Privatbank Eric Sturdza: "Auf sehr kurzfristige Sicht sehen wir Schwellenländeranleihen als Risiko im Portfolio an. Mittelfristig, auf Sicht von sechs bis neun Monaten, betrachten wir Unternehmensanleihen aus Schwellenländern als Investmentmöglichkeit."

Privatanleger können die Chancen des Segments ebenfalls nutzen. Am besten wählen sie dazu den Einstig über entsprechende Fonds. Eine breite Streuung wie beim Portfolio von Capitulum hilft, Risiken zu reduzieren - ebenfalls der Fokus auf Nachhaltigkeit wie beim DPAM-Fonds (siehe Investor-Info).
 


INVESTOR-INFO

Schwellenländer

Chance auf kräftige Erholung

Laut IWF wird das Bruttoinlandsprodukt der Schwellenländer dieses Jahr insgesamt um 1,1 Prozent schrumpfen und 2021 um 6,6 Prozent zulegen. Der Rückgang fällt also deutlich geringer und die Erholung deutlich dynamischer aus als in den entwickelten Ländern.

Capitulum Weltzins-Invest

Breit aufgestellt

Über 70 Währungen und rund 500 einzelne Anleihen streut das von Lutz Röhmeyer gemanagte Portfolio die Anlegergelder. Bevorzugt greift Röhmeyer zu Titeln supranationaler Emittenten wie etwa Förderbanken. So kann er einerseits von den höheren Zinsen der Lokalwährungsanleihen profitieren, geht andererseits aber kein hohes Bonitätsrisiko ein. Röhmeyer bringt sehr viel Erfahrung bei Schwellenländeranleihen mit, managte lange eine ähnliche Strategie für die LBB-Invest.

DPAM Bonds EM Sustainable

Nachhaltig ausgerichtet

Bei der Anlage in Schwellenländeranleihen - bevorzugt werden solche in Lokalwährung - achtet der Fonds der belgischen Gesellschaft Degroof Petercam Asset Management (DPAM) auch auf nachhaltige Kriterien wie demokratische Strukturen und Transparenz. Die Überlegung dahinter ist, dass ein guter Staat auch ein guter Schuldner ist. Tatsächlich bietet der Fonds langfristig ein überzeugendes Risiko-Rendite-Profil.