Wirecard-Anleihe

Ich habe einen Tag nach Stellung des Konkursantrags von Wirecard eine Anleihe dieser Firma an der Börse verkauft. In der Abrechnung wurden mir wie bei jedem Zinspapier die angefallenen Stückzinsen gutgeschrieben. Nach etwa vier Wochen wurde die Abrechnung ohne weiteren Kommentar durch eine neue ersetzt, dieses Mal ohne Stückzinsen. Auf Nachfrage wurde mir bedeutet, dass dies im Konkursfall üblich sei. Ich habe Zweifel, ob dieses Vorgehen korrekt ist. Der Käufer der Anleihe dürfte die Stückzinsen ja gezahlt haben.

Börse ONLINE: Das von Ihnen beschriebene Vorgehen ist in solchen Fällen durchaus üblich. Zu den Usancen der Börsen in Deutschland zählt, dass diese bei Beantragung einer Insolvenz den Handel mit den betroffenen Anleihen des Emittenten umstellen. Solche notleidenden Papiere werden dann "flat" gehandelt, also ohne Stückzinsanspruch. Dies hat folgenden Hintergrund: Kein Börsianer dieser Welt dürfte bereit sein, bei Anleihen einer insolventen Firma die kompletten Stückzinsen zu zahlen. Denn es ist klar, dass der Emittent - in Ihrem Fall Wirecard - ebenfalls keine Zinsen zahlen wird. Ähnlich wie Sie hat mit Sicherheit auch der Käufer Ihrer Anleihe eine um die Stückzinsen korrigierte Abrechnung erhalten.

Übrigens: Auch bei Anleihen von Staaten und öffentlich-rechtlichen Körperschaften greifen diese Börsenusancen. Da Staaten jedoch keinen Insolvenzantrag stellen können, ist in diesen Fällen die Umstellung auf "Flat"-Handel daran geknüpft, dass der Emittent eine anstehende Zinszahlung ausfallen ließ.

Natürlich stehen Ihnen für die Zeit, in der Sie die Anleihen gehalten haben, grundsätzlich Stückzinsen zu. Sie müssten diese Ansprüche jedoch - ebenso wie den erlittenen Verlust beim Verkauf - beim Insolvenzverwalter "zur Insolvenztabelle anmelden". Wie hoch die Entschädigungsquote letztlich sein wird, lässt sich jedoch derzeit nicht abschätzen. Würden Sie die Anleihe noch halten, könnte auch in Betracht kommen, die Anleihe wegen arglistiger Täuschung außerordentlich zu kündigen oder die Zeichnung der Anleihe anzufechten.

4Basebio-Aktie

Kürzlich kam die Meldung über ein geplantes Spin-off bei 4Basebio. Wissen Sie mehr darüber, zum Beispiel ob die neuen Aktien in Deutschland gehandelt werden? 

Börse ONLINE: Die Meldung zu dem Spin-off ist der logische Abschluss der Entwicklung der vergangenen Monate nach dem Verkauf des übrigen operativen Geschäfts. Was wird geschehen? 4Basebio bringt die restlichen operativen Aktivitäten in eine eigene Gesellschaft ein, packt Bargeld dazu und bringt die Gesellschaft an die britische Nebenwertebörse AIM, die nur geringe Zulassungsbeschränkungen hat. Ob das für Privatanleger ein steuerneutraler Vorgang sein wird, ist umstritten. Immerhin sitzt die AIM außerhalb der EU.

Wir gehen davon aus, dass die Aktie wegen des großen Aktionärskreises auch weiterhin in Deutschland handelbar sein wird. Das Umtauschverhältnis wird unter anderem davon abhängen, wie viel Geld in die neue Gesellschaft gepackt wird. Dazu gibt es im Moment noch keine Informationen. Klar ist aber, dass die Aktivitäten hinsichtlich Genomik und DNA bisher unbedeutend sind und sicherlich zunächst keine Gewinne abwerfen werden. Wie die Börse das einschätzen wird, lässt sich nicht prognostizieren.

Da die Deutsche Balaton eine große Aktienpositon erworben hat, wird die Großaktionärin sicher genau darauf achten, dass der Wert optimiert wird. Ob das nun der richtige Schritt ist, wird sich zeigen. Vor allem wegen der steuerlichen Wirkung sind Zweifel angebracht.


Bei Veröffentlichungen von Leserzuschriften behält sich die Redaktion von BÖRSE ONLINE vor, die Texte zu kürzen. Auf Wunsch veröffentlichen wir Zuschriften auch anonymisiert (etwa bei Fragen zur Steuer), die Identität muss uns allerdings bekannt sein.