Die lange erwartete Konsolidierung unter den europäischen Medienkonzernen nimmt Konturen an: Mit einem historischen Kursanstieg von über 20 Prozent hat die zuletzt stark unter Druck geratene Axel-Springer-Aktie am Donnerstag auf die milliardenschweren Einstiegspläne des Finanzinvestors KKR beim Berliner Medienhaus reagiert. KKR will demnach allen Springer-Aktionären mit Ausnahme von Friede Springer und Springer-Chef Mathias Döpfner ihre Anteile abkaufen.

Beide wollen ihre Anteile von zusammen 45,4 Prozent behalten. Mit den Plänen verfolge man "eine Wachstumsstrategie zur langfristigen Steigerung des Unternehmenswerts", teilte Springer mit. Der MDAX-Konzern treibt derzeit mit hohen Investitionen die Digitalisierung seines Geschäfts voran. Erst am Vortag hatte der vom früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi kontrollierte TV-Konzern Mediaset eine 9,6-prozentige Beteiligung am Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 offengelegt. Die Aktie hatte binnen Jahresfrist ebenfalls stark an Wert verloren. Damit steigt Mediaset zum größten strategischen Anteilseigner der Senderkette auf. Gerüchte über einen Einstieg hatte es schon länger gegeben, auch weil Berlusconi sich als "Motor einer europäischen Fernsehallianz" geriert. Eine Übernahme dürfte er nicht im Sinn haben, glauben Beobachter, eine weitere Aufstockung sei vorstellbar.

Mehrere Anläufe


Zur Konsolidierung der deutschen Medienlandschaft hatte es schon mehrere Anläufe gegeben. 2006 war ein geplanter Zusammenschluss von ProSiebenSat.1 und dem Medienkonzern Axel Springer am Widerstand des Bundeskartellamts gescheitert. Auch KKR ist im deutschen Fernsehgeschäft kein unbeschriebenes Blatt. Zusammen mit dem Finanzinvestor Permira war KKR von 2006 bis 2013 an ProSiebenSat.1 beteiligt, trieb den schuldenfinanzierten Ausbau des Geschäfts voran und versilberte seine Beteiligung.

Seit Mitte 2018 ist Max Conze Vorstandschef bei ProSiebenSat. 1 und kämpft mit Markterosion, Gewinnrückgang, hohen Schulden und Kursverfall. Mit einer neuen Digitalplattform will er der immer stärkeren Streaming-Konkurrenz Paroli bieten. Eine Übernahme hatte Conze aber stets abgelehnt, ihr fehle die "industrielle Logik". Auf der Hauptversammlung am 12. Juni will er seine eigene Strategie präsentieren. Der Mediaset-Einstieg wirkt dabei wie ein Kontrastprogramm.

KKR wiederum hatte erst Anfang dieses Jahres die Tele München Gruppe (TMG) übernommen, um unter Führung des Medienmanagers und früheren Sat.1-Chefs Fred Kogel eine unabhängige TV-Produktions- und Vertriebsfirma aufzubauen.

Schon dieser Schritt weckte Spekulationen über weitergehende Interessen des Finanzinvestors in Deutschland, die durch die Springer-Pläne nun bestätigt werden. Mit KKR als kapitalkräftigem Ankeraktionär im Rücken könnte Springer sein Geschäftsmodell mit Online-Angeboten deutlich ausbauen. Der Medienkonzern habe "die Ambition und die Fähigkeit, seine Geschäfte in Richtung Wachstum neu zu positionieren", heißt es etwa bei Goldman Sachs. JP Morgan hält die Springer-Aktie für "zu günstig bewertet angesichts der Wachstumschancen".

Abschied von der Börse


Risikolos ist es für KKR aber nicht, bei Springer in eine Minderheitsposition zu gehen und die Aktie in einem womöglich kostspieligen und langwierigen Squeeze-out-Prozess von der Börse zu nehmen. Beobachter rechnen dennoch damit, dass solche Deals in Zukunft häufiger werden.