Der im Niedrigzinsumfeld vorherrschende Anlagezwang spült viele Aktien nach oben. Wie schnell die Kurse teilweise steigen, lässt sich auch daran ablesen, dass von Analysten vorgegebene Kursziele oft schon in kürzester Zeit pulverisiert werden. So weisen beispielsweise die von Metzler Capital Markets in der Vorwoche in einer Presseaussendung herausgestellten Top Ten der deutschen Aktien für das zweite Quartal 2015 nur noch in drei Fällen (Osram: aktueller Kurs: 47,20 Euro, Kursziel 53,00 Euro, Fraport: aktuell: 58,01 Euro, Kursziel 67,50 Euro und Rheinmetall: aktuell: 48,345 Euro, Kursziel 60,00 Euro) ein Kurspotenzial von mehr als zehn Prozent gemessen an den jeweiligen Kurszielen auf. Die anderen Mitfavoriten Axel Springer, Commerzbank, Freenet, Fresenius, HeidelbergCement, MTU Aero Engines und Salzgitter haben ihre Kursziele dagegen teilweise sogar schon erreicht.

Noch einmal etwas größer ist nach den jüngsten Kursanstiegen am deutschen Aktienmarkt dagegen der Kursaufschlag gemessen an den Kurszielen bei jenen fünf Werten, bei denen die Strategie-Analysten Uwe Hohmann und Hendrik König eine gewisse Zurückhaltung empfehlen. Vor dem Hintergrund eines DAX-Anstiegs von rund 26% seit Jahresbeginn beim Dax und einem Kurs-Gewinn-Verhältnis, welches beim DAX das obere Ende der historischen Spannbreite inzwischen deutlich überschritten hat, sind laut Hohmann und König im Verbund mit den zurzeit stagnierenden Gewinnschätzungen stärkere Schwankungen und mögliche Rückschläge an der deutschen wie auch an den europäischen Börsen möglich. Auf den nachfolgenden Seiten erfahren sie, welche fünf deutschen Aktien mit einer Verkaufsempfehlung von Metzler Capital Markets versehen sind und was die Gründe für diese Einschätzung sind.



Metzler-Verkaufskandidat Nummer eins: Kuka AG (WKN: 620440, 72,00 Euro, alle Kurs- und Bewertungsangaben beziehen sich auf den 15.04.15)



Fast schnurstracks nach oben läuft seit November der Aktienkurs bei der Kuka AG. Die Anleger honorieren mit ihren Käufen, dass der Roboterhersteller als ein Gewinner des Automatisierungs-Megatrends gilt. Im Vorjahr schlug sich das auch in den Ergebnissen nieder. Der Umsatz übertrag mit rund 2,1 Milliarden Euro jedenfalls de Zielwert von rund zwei Milliarden Euro und auch der Auftragseingang kam um 18 Prozent voran. Zudem reichte es beim Ergebnis nach Steuern zu einem Anstieg von 16,8 Prozent auf 68,1 Millionen Euro und die EBIT-Marge lag mit 6,8 Prozent über den angekündigten rund 6,5 Prozent.

Allerdings steht die Gewinnentwicklung beim dem MDAX-Vertreter in diesem Jahr eigenen Aussagen zufolge voraussichtlich vor einer Delle. Verantwortlich gemacht werden dafür die Übernahme der Schweizer Swisslog (Abschreibung von aufgedeckten Vermögenswerten von 60 Millionen Euro aus der Swisslog-Kaufpreisallokation) sowie die geplanten Investitionen. Vor Sondereffekten soll die operative Marge auch deswegen im laufenden Jahr auf 5,5 Prozent sinken. Der Umsatz soll von 2,1 Milliarden auf 2,8 Milliarden Euro steigen. Den Plänen des Vorstandes zufolge sollen es beim Umsatz bis 2020 sogar 4,0- 4,5 Milliarden Euro werden. Helfen sollen dabei der globale Automatisierungstrend sowie ein insbesondere im Bereich Produktion und Logistik erwartetes starkes Wachstum. Auch die operative Marge soll sich bis 2020 auf gut 7,5 Prozent verbessern.

Klingt gut, aber diese Aussichten spiegeln sich inzwischen auch in einem für 2015 geschätzten KGV von gut 26 wider. Metzler-Analyst Stephan Bauer hält das erreichte Bewertungsniveau für ambitioniert. Er hat im Zuge von allgemein gestiegenen Bewertungen in dem Sektor unlängst sein Kursziel zwar von 44,00 auf 53,00 Euro erhöht. Aber auch das liegt noch rund gut 26 Prozent unter den aktuell gültigen Kursen. Folglich rät er bei Kuka auch wegen dem im Vergleich mit anderen Branchenvertretern bestehenden Bewertungsaufschlag zum Verkauf. Zumal er auch nicht an eine Übernahme des Unternehmens durch den Großaktionär Voith glaubt.

Ähnlich sehen das übrigens auch die Analyten vom Bankhaus Lampe. Sie haben kürzlich zwar ihr Kursziel von 53 auf 60 Euro erhöht, raten aber ebenfalls zum Verkauf, weil man den Titel für zu hoch bewertet hält. Ihre Verkaufsempfehlung stützen sie dabei nicht zuletzt auf die Erwartung, dass das Geschäft von Kuka mit den Automobilkunden den Höhepunkt erreicht haben dürfte. Das Enttäuschungspotenzial beim Auftragseingang in Verbindung mit der hohen fundamentalen Bewertung berge das Risiko von Gewinnmitnahmen.



Metzler-Verkaufskandidat Nummer zwei: Leoni AG (WKN: 540888, 61,75 Euro)



Auf einen neuen Rekordwert ist im März der Aktienkurs der Leoni AG vorgerückt. Das ist deswegen etwas überraschend, weil der Kabel- und Bordnetzhersteller auch für das vergangene Geschäftsjahr nicht zum ersten Mal in der jüngeren Vergangenheit nur durchwachsene Ergebnisse vorgelegt hat. Zumal auch für 2015 nur ein moderates Wachstum in Aussicht gestellt wurde.

An der Börse wird aber bekanntlich die Zukunft gehandelt und die viele Anleger sind offenbar bereit, dem Versprechen des Vorstandes Glauben zu schenken, wonach ab 2016 mit einem kräftigen Wachstum zu rechnen ist. Ab dem kommenden Jahr will der MDAX-Vertreter demnach von vielen neuen Aufträgen profitieren, die entweder bereits angelaufen sind oder in den kommenden Monaten starten. 2016 will der Automobilzulieferer beim Umsatz weiterhin fünf Milliarden Euro erreichen sowie eine operative Umsatzrendite von sieben Prozent. Vor Zinsen und Steuern würde das einem Gewinn von 350 Millionen Euro entsprechen. Zum Vergleich: 2015 betrug der Umsatz 4,1 Milliarden Euro und der operative Gewinn 182,5 Millionen Euro. Die Zielmarke für 2015 lautet beim Umsatz rund 4,3 Milliarden Euro und beim Gewinn vor Zinsen und Steuern mehr als 200 Millionen Euro.

Gebremst wird das Unternehmen derzeit unter anderem noch durch hohe Investitionen. Innerhalb von fünf Jahren hat das Unternehmen die Produktionskapazitäten bereits um 20 Prozent erhöht. Doch die Investitionen dürften laut Hauck & Aufhäuser in diesem Jahr ihren Höhepunkt erreichen. Die Analysten dort veranschlagen auch deshalb das Kursziel auf 72 Euro. Deutlich zurückhaltender ist Metzler-Analyst Jürgen Pieper. Nach den jüngsten Unternehmensnachrichten hat er seine Gewinnschätzungen erneut nach unten revidiert. Das Kursziel hat er trotzdem leicht von 51 auf 52 Euro angehoben, aber selbst das liegt noch immer fast 17% unter den aktuell gültigen Kursen. Der Bewertungsabschlag mit dem Titel im Vergleich mit der Konkurrenz ausgestattet sei, sehe zwar attraktiv aus, bewege sich aber letztlich nur auf dem in den vergangenen fünf Jahren gültigen Durchschnittsniveau.



Metzler-Verkaufskandidat Nummer drei: Pfeiffer Vacuum Technology AG (WKN: 691660, 86,84 Euro)



Seit mehr als vier Jahren wartet die Aktie der Pfeiffer Vacuum Technology AG nun schon auf neue Rekordkurse. Aber dank deutlicher Gewinne in diesem Jahr hat sich die Notiz dem Bestwert von 99,50 Euro zumindest wieder angenähert. Die Kurse sind damit wieder ins Laufen gekommen, obwohl bei dem Spezialpumpenhersteller im Vorjahr der Umsatz um ein halbes Prozent auf 406,6 Millionen Euro gesunken und die Marge von 12,4 Prozent auf 11,0 Prozent zurückgegangen ist. Das Nettoergebnis verringerte sich um knapp sieben Prozent auf 32,4 Millionen Euro. Die hauseigenen Ziele hat der TecDax-Vertreter damit für 2014 verfehlt.

Die Marktteilnehmer setzen nun aber darauf, dass der Vorstand für das laufende Jahr Wort hält. Für 2015 wurde jedenfalls eine bessere Geschäftsentwicklung als im schwachen Vorjahr in Aussicht gestellt. Der Umsatz soll den Angaben zufolge wieder deutlich steigen und auch die operative Marge soll nach den Rückgängen im Vorjahr wieder zulegen. Bis 2017 ist dann sogar eine EBIT-Marge von 20 Prozent bei einem Umsatz von etwa 500 Millionen Euro geplant. Aber obwohl diese Ziele bereits für 2014 angepeilt waren, könnten sie sich bei unveränderten Rahmendaten als zu ehrgeizig erweisen. Der Vorstand setzt aber offenbar auf das Programm "Growth and Profitability", das vor allem Kosten reduzieren und die Volumina erhöhen soll.

Metzler-Analyst Stephan Bauer zweifelt nach der erneuten Ergebnisenttäuschung für das Vorjahr jedenfalls am Margenpotenzial des Unternehmens. Nach drei Jahren mit rückläufigen Umsätzen und zwei Jahren mit einem hohen Druck auf die Margen sind das bis zum Beweis des Gegenteils sicherlich nicht unberechtigte Zweifel. Nachdem Bauer die jüngsten Geschäftsergebnisse in sein Zahlenwerk eingearbeitet hat, senkte er sein Kursziel von 70,00 auf 69,00 Euro. Daraus ergibt sich verglichen mit den aktuellen Notierungen ein Rückschlagpotenzial von 20,5 Prozent. Die Bewertung der Gesellschaft hält Bauer jedenfalls für ambitioniert. Das geschätzte KGV auf Basis der Analystenkonsensschätzungen bewegt sich hier bei 20,6.



Metzler-Verkaufskandidat Nummer vier: Talanx AG (WKN: TLX100, 30,785 Euro)



Auf Rekordniveau bewegt sich der Aktienkurs der erst seit 2012 börsennotierten Talanx-AG. Ein im März nach der Vorlage der Geschäftszahlen für 2014 vorgelegten Kurseinbruch konnte somit schon wieder ausgebügelt werden. Vermutlich hat dabei auch die von 1,20 auf 1,25 Euro je Aktie erhöhte Dividende beigetragen, ergibt sich daraus doch eine Dividendenrendite von immerhin 4,06 Prozent. In einer ersten Reaktion auf das Zahlenwerk war es damals dennoch zu einem Kursrückgang gekommen, weil der Ergebnisausweis für das Vorjahr nur durchwachsen ausgefallen war. Enttäuschend habe sich auch das Eigenkapital des Konzerns entwickelt, hieß es damals.

Außerdem bekräftigte der Versicherer nur den Gewinnausblick auf das laufende Jahr und manche Anleger hatten sich da offenbar mehr erhofft. Für 2015 erwartet der Konzern ein weiter schwieriges Marktumfeld mit Wettbewerbsdruck und niedrigen Zinsen. Bei voraussichtlich um ein bis drei Prozent wachsenden Bruttoprämieneinnahmen wird unverändert ein Konzernergebnis von 700 Millionen Euro angestrebt. Gekappt wurden vom Management auch die Langfristprognosen. Während bisher bis 2019 beim jährlichen Gewinnwachstum mit Zuwächsen von im Schnitt zehn Prozent gerechnet wurde, wird jetzt nur noch ein Zuwachs im mittleren einstelligen Prozentbereich angepeilt.

Metzler-Analyst Jochen Schmitt hat basierend auf den vorgelegten Zahlen seine Gewinnschätzungen zwar leicht nach oben angepasst und auch das Kursziel von 25,00 auf 26,00 Euro erhöht. Damit bewegt er sich aber noch immer 15,5 Prozent unter den aktuell gehandelten Kursen. Er rät trotz eines sich basierend auf den Konsensschätzungen der Analysten sich ergebenden KGV von nur gut zehn auch deshalb zum Verkauf, weil er ein Erreichen der Gewinnvorgabe für 2015 für relativ schwierig hält. Darin bestärkt wird er auch durch die Einschätzung des Vorstandes, der wegen gleichzeitig in den Bereichen Industrie- du Rückversicherungen härter werdender Bedingungen mit einem herausfordernden Jahr rechnet.



Metzler-Verkaufskandidat Nummer fünf: ThyssenKrupp AG (WKN: 750000, 25,975 Euro)



Mit ThyssenKrupp ist Metzler Capital Markets zu guter Letzt auch bei einem Dax-Mitglied zurückhaltend gestimmt. Analyst Lars Hettche hält hier wegen Bewertungsbedenken als Kursziel nur 19,00 Euro für angemessen. Das liegt fast 27 Prozent unter den aktuellen Kursen, nachdem auch diese Aktie seit Mitte Januar kräftig zugelegt hat.

Profitiert hat die Notiz dabei natürlich wie der Gesamtmarkt von der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der daraus resultierenden Euro-Abwertung. Der Titel wird mit Sicherheit aber auch als eine Wette auf eine Erholung der Konjunktur in Europa gespielt, weil die Kernmärkte des Stahlkonzerns in Deutschland und der Eurozone liegen.

ThyssenKrupp selbst erwartet für das Geschäftsjahr 2014/15 auf vergleichbarer Basis einen Umsatzanstieg gegenüber dem Vorjahr im einstelligen Prozentbereich. Beim adjustierten EBIT wird mit einem Anstieg auf mindestens von 1,3 Milliarden auf 1,5 Milliarden Euro gerechnet. Auch der Jahresüberschuss soll sich im Jahresvergleich deutlich verbessern und der Cashflow vor Veräußerungen mindestens die Gewinnzone erreichen.

Kritisch zu sehen ist allerdings die Verschuldung. Trotz einer zwischenzeitlich durchgeführten Kapitalerhöhung und getätigten Asset-Verkäufen bewegt sich diese laut UBSA wieder auf dem Niveau von 2013. Bei einer Dividendenrendite von 1,04 Prozent bewegt sich auch das KGV mit geschätzten gut 24 auf einem Niveau, das bereits einiges an Ergebnisverbesserungen vorwegzunehmen scheint.