Die Staatsanwaltschaft hatte Middelhoff schwere Untreue vorgeworfen und eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten gefordert, weil der Manager private Flüge und die Kosten einer Festschrift für einen Mentor über das Unternehmen abgerechnet hatte. Middelhoffs Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert.
Middelhoff habe sich in seinen Aussagen im Prozess in zahlreiche Widersprüche verstrickt, sagte Richter Schmitt. "Es ist leider so gewesen, dass wir überzeugt sind, dass an entscheidenden Stellen des Prozesses (...) ihre Einlassung nicht vom Willen des ehrlichen Umgangs, sondern von verteidigungstaktischen Motiven geprägt war", unterstrich Schmitt. Es habe eine unglückselige Verquickung von beruflichen und privatem Interesse bei Middelhoff gegeben.
Der von starkem Medieninteresse begleitete Richterspruch im Saal 101 des Essener Landgerichts lag nur knapp unter der Forderung der Anklage. Die Staatsanwaltschaft sah es in dem seit Mai andauernden Prozess als erwiesen an, dass der ehemalige Bertelsmann- und Arcandor-Chef mit Wohnsitz im französischen St. Tropez in seiner Zeit als KarstadtQuelle- und Arcandor-Chef Privatflüge auf Firmenkosten abgerechnet und sich damit der schweren Untreue schuldig gemacht hat. Zudem habe er eine Festschrift für seinen ehemaligen Mentor, den früheren Bertelsmann-Chef Mark Wössner, dem Konzern in Rechnung gestellt. Middelhoff habe sich in 44 Fällen der teils schweren Untreue und in drei Fällen der Steuerhinterziehung schuldig gemacht, hatte Staatsanwältin Daniela Friese gesagt. Er habe seinem damaligen Arbeitgeber in der Zeit zwischen 2005 und 2009 einen Gesamtschaden von 808.565 Euro zugefügt. So sei er etwa mit dem Charterflieger auf Firmenkosten aus privaten Motiven nach New York geflogen oder mit dem Hubschrauber zu seiner Arbeitsstelle in Essen geschwebt, um Staus zu umgehen.
Middelhoffs Verteidiger hatten dies als "reine Polemik" abgetan. Die Anwälte Udo Wackernagel und Winfried Holtermüller zeichneten im Prozess das Bild eines rund um die Uhr arbeitenden, von Termin zu Termin hetzenden Managers, der wegen der Dauer-Krise des Unternehmens keine Minute Zeit ungenutzt lassen konnte und durfte. Middelhoff selbst hatte betont, er wolle vor Gericht um seinen Ruf kämpfen. Arcandor wäre mit ihm nicht in die Pleite geschlittert, hatte er immer wieder betont. Von Mai 2005 bis Februar 2009 war er Konzernchef. Für Arcandor kam Mitte 2009 unter Middelhoffs Nachfolger Karl-Gerhard Eick das Aus.
Reuters