Die deutsche Finanzbranche ist verärgert. Das Konsultationspapier zur Finanzmarktrichtlinie MiFID II, das die europäische Finanzaufsicht ESMA kürzlich vorlegte (FundResearch berichtete), sorgt für Unmut. Das Geschäftsmodell im Wertpapiervertrieb stehe in Frage, klagt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) in der "Börsen-Zeitung". "Der Vorschlag der ESMA ist verkürzt formuliert das Provisionsverbot auf Level II", macht DSGV-Jurist Henning Bergmann deutlich. Mit Level II ist die Arbeit an den Details eines Gesetzeswerkes gemeint, nachdem es politisch auf "Level I" beschlossen wurde. "Wenn das Papier so realisiert wird, dann könnten wir die provisionsbasierte Beratung nicht mehr wie bisher erbringen", so Bergmann weiter. "Geht es nach den Vorschlägen, dürfte der normale Geschäftsbetrieb im Wertpapierbereich nicht mehr durch Provisionen finanziert werden. Aber wie soll das denn sonst finanziert werden?"

Auch beim BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. zeigt man sich alles andere als erfreut über das Konsultationspapier. Die ESMA überschreite ihre Grenzen, heißt es. "Wir haben mehrfach Bedenken geäußert, dass die Aufsichtsbehörde ESMA im Rahmen ihrer Level-II-Befugnisse die Provisionsberatung so weit einschränken könnte, dass der gesetzgeberische Wille auf Level I konterkariert wird", sagt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter der Zeitung. Genau diese Situation drohe jetzt.

Diese Befürchtung gibt es von Seiten der Politik nicht: "Honorarberatung und eine Beratung auf Provisionsbasis stehen gleichberechtigt nebeneinander", verweis Antje Tillmann, finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion auf den Koalitionsvertrag. "Ich gehe daher davon aus, dass die Bundesregierung im Rahmen der Konsultation darauf hinarbeiten wird, dass die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher auch erhalten bleibt und die Beratung auf Provisionsbasis nicht unangemessen erschwert wird." Die Einführung einer Honorarberatung als Alternative zur Beratung auf Provisionsbasis für alle Finanzprodukte solle aber weiter vorangetrieben werden - mit hohen Anforderungen an die Qualität der Beratung. "Wenn die ESMA das Ziel verfolgt, die provisionsbasierte Vermittlung von Finanzprodukten praktisch abzuschaffen, widerspricht das unserer politischen Überzeugung", sagt auch Lothar Binding, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. "Wir wollen sowohl Honorarberatung als auch transparente Provisionsberatung."

Die allseits gescholtenen Aufseher der ESMA hingegen verstehen die Aufregung nicht: "Wir sind überzeugt, dass unsere Vorschläge im Sinne von Level II sind", betont Behördenchef Steven Maijoor. "Wir würden nichts vorschlagen, was nicht mit Level I konsistent ist." Er fordert die Finanzbranche auf, ihr Feedback abzugeben. In der Vergangenheit habe die ESMA wiederholt gezeigt, dass die gut begründete Kritik aufnehme und auch umsetze.

(PD)