Im großen Ganzen geht es der Branche derzeit gut. Trends wie Cloud-Computing und Big Data erfahren immer mehr Zuspruch, boomende Branchen sorgen für eine hohe Nachfrage. Mit einem erwarteten Plus von 6,2 Prozent wächst der Softwarebereich hierzulande in diesem Jahr rund doppelt so schnell wie der gesamte Markt der Informationstechnologie- und Telekommunikation (ITK). Dennoch sind es nicht nur die Big Player, die auf der Erfolgswelle schwimmen, auch viele kleine Nischenanbieter erfreuen sich gut laufender Geschäfte. Wir haben ihre Aktien unter die Lupe genommen.
Jede Menge Kursfantasie
Nichts für schwache Nerven waren dieses Jahr Norcom und Softship. Beide Small Caps hatten sich zwischenzeitlich mehr als vervierfacht und mussten dann scharfe Korrekturen hinnehmen. Unter dem Strich steht bei dem Duo allerdings immer noch eine Verdopplung zu Buche. Ein Blick auf die Bewertung zeigt, dass da noch mehr drin sein sollte. Die auf Wissenssoftware spezialisierte Norcom wird den Schätzungen zufolge bis 2018 im Schnitt um 30 Prozent im Ergebnis zulegen, das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt auf Basis der bis dahin erwarteten Gewinne dagegen im einstelligen Bereich.
Auf operativer Ebene kann das Unternehmen gleich mehrfach punkten. Ende August flatterte den Münchnern von der Bundesagentur für Arbeit eine Order für drei weitere Projekte ins Haus. Dies dürfte in den kommenden Jahren für ein solides Basisgeschäft sorgen. Noch viel spannender sind aber die Bemühungen im Big-Data-Bereich. Hier hat es Norcom insbesondere auf die deutschen Premiumautohersteller abgesehen. Erst Anfang Oktober konnte die Firma ein Lizenzabkommen für die Big-Data-Lösung Eagle mit einem nicht genannten Branchenvertreter melden. Dies dürfte erst der Anfang sein, denn neue Technologien wie das selbstfahrende Auto erfordern auch spezielle Softwaredienstleistungen. "Wir sehen Norcom sehr gut positioniert, um vom Umbruch in dieser Branche zu profitieren", sagt Bank-M-Analyst Daniel Großjohann. Er beziffert den fairen Wert der Aktie auf 21 Euro, was fast einem Doppler gleichkommt.
Norcom-Aktie in €:
Outperformance-Chancen ergeben sich auch bei Softship. Die Hamburger bieten maßgeschneiderte Lösungen für die Schifffahrt an und setzen damit rund acht Millionen Euro um - bei einer prozentual zweistelligen Marge. Mit neuen Produkten wie einer im Frühjahr vorgestellten Software für Hafenagenten, mit der sich der Aufenthalt von Schiffen kalkulieren und abrechnen lässt, dürfte das Wachstumstempo künf-tig zulegen. SMC Research rechnet 2017 mit einem Erlösanstieg um 15 Prozent.
Daneben sorgt auch die neue Aktionärsstruktur für Spannung. Der australische Wettbewerber Wise Tech Global hat mittlerweile eine Mehrheitsbeteiligung erreicht. Dies dürfte einerseits Synergien schaffen, welche zu einem höheren Ergebnis führen, andererseits schwingt dadurch ein wenig Übernahmefantasie mit.
Aktienkäufe gab es zuletzt auch bei Easy Software. Aufsichtsrat Oliver Krautscheid griff in der jüngsten Korrekturbewegung der Aktie zu. Die auf Content-Management ausgerichtete Firma befindet sich 2016 in einem Übergangsjahr. Die Entwicklung neuer Produkte in den Zukunftsthemen Cloud und Mobility verschlang viel Geld und bringt es mit sich, dass das Ergebnis rückläufig sein wird. Die Aktie ist also eine Wette auf das Jahr 2017, in dem es Easy gelingen muss, seine Lösungen an den Mann zu bringen. Das Unternehmen hat wegen seiner hervorragenden Reputation und einer breiten Kundenbasis eine durchaus realistische Chance, positiv zu überraschen.
Keine Chance ohne Risiko
Richtig durchstarten könnte auch Usu Software, das Urgestein der deutschen Softwarelandschaft - die Firma wurde bereits 1977 gegründet und zählt zu den größten europäischen Anbietern von IT- und Knowledge-Management-Software. Dieses Jahr ist wegen eines Sondereffekts zwar nur mit einer leichten Margenverbesserung zu rechnen, nächstes Jahr besteht aber die Möglichkeit zu einem Renditesprung. Am Markt wird ein Zuwachs um knapp zwei Prozentpunkte erwartet. Zudem soll der Umsatz erstmals die 100-Millionen-Euro-Grenze knacken.
Dass kleine Softwareunternehmen mit höheren Risiken verbunden sind, zeigt das Beispiel Intershop. Nach einer Serie von Gewinnwarnungen verkündete der E-Commerce-Spezialist nun, die zuletzt versprochene "volle Auftragspipeline" sei weniger prall gefüllt als angegeben. Intershop muss erneut von seinen Zielen abrücken. Etwas Hoffung wecken ein Sparprogramm und eine Stärkung des Vertriebs. Wann sich diese Maßnahmen auszahlen werden, bleibt abzuwarten. Die Aktie ist durch unseren Stoppkurs gerauscht und bleibt auf "Verkaufen", bis sich eine nachhaltige operative Besserung zeigt.