Nach mehreren Anläufen hat der Ölpreis an Fronleichnam die psychologisch wichtige Marke von 50 Dollar je Barrel (159 Liter) übersprungen. Dies stützte auch die Aktienbörsen, weil steigende Rohstoffpreise als Hinweis auf eine wachsende Weltwirtschaft gelten.

Der Dax setzte seinen Erholungskurs fort und gewann 0,4 Prozent auf 10.244 Punkte. Der EuroStoxx50 behauptete seine Vortagesgewinne und notierte kaum verändert bei 3058 Zählern. Die richtungsweisende Öl-Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um bis zu ein Prozent auf ein Sieben-Monats-Hoch 50,26 Dollar.

"Die Rally wird aber nicht anhalten, denn die Preise werden ein Niveau erreichen, der US-Schieferöl in den Markt zurückbringt", sagte Jonathan Barratt, Chef-Anleger des Vermögensverwalters Ayers Alliance. Wegen des weltweiten Überangebots ist der Preis für den Rohstoff in den vergangenen beiden Jahren zeitweise um gut drei Viertel eingebrochen. Dies zwang Unternehmen dazu, Bohrungen mit höhen Förderkosten zu schließen. Betroffen waren hiervon vor allem US-Firmen, die Öl mit Hilfe des technisch aufwendigen und umstrittenen "Fracking"-Verfahrens aus Schiefergestein herauslösen.

Im Vergleich zu seinem Tief vom Januar hat sich der Ölpreis wieder fast verdoppelt. Begünstigt wurde die Preisrally von Produktionsausfällen in Nigeria, Venezuela und den Waldbrand-Gebieten Kanadas. Die Experten von Goldman Sachs sagten für Mai sogar einen Angebotsengpass voraus. In der vergangenen Woche gingen die US-Rohölbestände überraschend stark zurück.

Die Aussicht auf höhere Gewinne aus dem Erdöl-Export lockte Anleger in die Börsen der Förderländer zurück. Der Leitindex der Moskauer Börse legte um bis zu 1,5 Prozent zu, und der russische Rubel stieg zum Euro auf ein Fünf-Monats-Hoch. Auch die Ölkonzerne waren gefragt: BP, Eni, OMV, Shell und Total gewannen bis zu 3,1 Prozent.

US-GELDPOLITIK BLEIBT BEHERRSCHENDES THEMA



Daneben warf die für Freitag angekündigte Rede der US-Notenbankchefin Janet Yellen bereits ihre Schatten voraus. Von ihren Aussagen erhoffen sich Börsianer Hinweise auf den Zeitpunkt der lang erwarteten US-Zinserhöhung. "Sollten die Umfragen in Großbritannien weiter auf einen Sieg der EU-Befürworter hindeuten, könnte es im Juni so weit sein", sagte Marktanalyst Giuseppe Amato vom Brokerhaus Lang & Schwarz. "Sonst wird es wohl eher Juli."

Am 23. Juni stimmen die Briten über den Brexit - den Ausstieg des Königreichs aus der EU - ab. Die Fed berät rund eine Woche davor über ihre Geldpolitik. Einer aktuellen Umfrage zufolge rechnen etwa zwei Drittel der Befragten damit, dass sich die Wahlberechtigten gegen den Brexit entscheiden werden. Das Pfund Sterling kostete am Donnerstag 1,3171 Euro und lag damit nur etwa einen halben Cent unter seinem Vier-Monats-Hoch vom Vortag.

Reuters