Das Land im Norden Europas macht es vor: Bereits in der ersten September-Hälfte wird Norwegen die noch verbliebenen Corona-Beschränkungen aufheben. Damit kehrt das Land zu einem weitgehend normalen Alltag zurück. Die Vorgabe, einen Meter Mindestabstand zu haushaltsfremden Personen zu halten, entfällt dann. Auch Teilnehmerbegrenzungen bei Veranstaltungen sowie die Einschränkung sozialer Kontakte werden abgeschafft. Die Maskenpflicht gibt es ohnehin schon seit längerer Zeit nicht mehr.

Zu verdanken haben die Norweger das umsichtiger Politik. Schon im Frühjahr 2020 hatte das Land als eines der ersten in Europa strikte Maßnahmen erlassen und wie einige andere die Grenzen dichtgemacht. Das skandinavische Land schaffte es dadurch, die Corona-Zahlen trotz einiger Ausschläge stets relativ gut einzudämmen. Und jetzt liegt es eben auch bei der schrittweisen Öffnung 2021 weit vorn.

Dass die Dinge in Norwegen etwas anders laufen als hierzulande, hat Tradition. Das ist auch am System des staatlichen Pensionsfonds zu sehen. Während in Deutschland die Rentenkassen angesichts der Bevölkerungsentwicklung immer leerer werden, sprudeln in Norwegen die Erträge: Der Pensionsfonds legt nämlich an der Börse an und profitiert von den starken Entwicklungen an den Märkten in den zurückliegenden Monaten. Allein im ersten Halbjahr 2021 machte der Fonds fast 100 Milliarden Euro Gewinn, teilte die norwegische Zentralbank mit, die den weltweit größten Staatsfonds verwaltet.

Der Gesamtwert des Fonds erreicht zum Ende des ersten Halbjahrs umgerechnet 1,1 Billionen Euro. Drei Viertel des Kapitals waren an den globalen Aktienmärkten angelegt. Das ölreiche Norwegen legte den Fonds in den 90er-Jahren auf, um die Wirtschaft gegen die Volatilität bei den Ölpreisen zu schützen und die umfangreichen Leistungen des norwegischen Sozialstaats zu finanzieren. Gelungen.

Dass Norwegen eines der reichsten Länder der Welt ist, liegt auch daran, dass die Öl- und Gasförderung 20 Prozent zum Bruttosozialprodukt beiträgt. Der Effekt: Was das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf angeht, steht das Land weltweit auf Rang 5. In der Liste der am höchsten entwickelten Staaten nimmt es seit 2001 fast ausnahmslos Rang 1 ein (lediglich 2007 und 2008 wurde es von Island auf Platz 2 verdrängt).

Equinor profitiert vom Ölpreis ...

Öl wird auch weiterhin ein großes Thema sein in Norwegen. Die Förderung soll massiv ausgebaut werden, da allein im laufenden Jahr acht große Ölfelder entdeckt wurden. Nach Schätzungen sollen sie 390 Millionen Barrel liefern. Zum Verständnis: Ein Supertanker verfügt über ein Fassungsvermögen von rund zwei Millionen Barrel. 40 Probebohrungen sollen nun durchgeführt werden.

Das wird auch dem Energiekonzern Equinor zugutekommen. Denn weil die Ölindustrie insgesamt weltweit in den vergangenen Jahren zu wenig in neue Quellen investiert hat, wird der Ölpreis auch weiterhin auf hohem Niveau bleiben. Dank früherer Investitionen kann Equinor seine Produktion ohne große Zusatzausgaben ausweiten. Somit wirkt der hohe Ölpreis wie ein Gewinnturbo. Das Unternehmen dürfte dadurch so viel verdienen wie seit Jahren nicht mehr.

Hinzu kommt, dass Equinor parallel zum Ölgeschäft im Bereich Offshore-Windanlagen ein neues Standbein aufbaut. Bis 2030 sollen die Kapazitäten zwölf bis 16 Gigawatt betragen. Der Konzern wird damit auch bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff vertreten sein. Diese Dynamik dürfte den Kurs in den kommenden Monaten unterstützen.

... Norsk Hydro vom Aluminiumpreis

Spannend ist auch Norsk Hydro. Der Aluminiumproduzent unterhält mit gut 35 000 Mitarbeitern Geschäftsaktivitäten in 40 Ländern der Erde - auf allen Kontinenten. Der norwegische Staat hält ein Drittel der Firmenanteile. Und es läuft. Gerade hat das Unternehmen mit den aktuellen Quartalszahlen die Erwartungen der Analysten übertroffen. Norsk Hydro geht es wie vielen anderen im Rohstoffbereich: Läuft die Wirtschaft, wird viel Aluminium nachgefragt. Denn das Metall wird für vielerlei Anwendungen in Autos, Flugzeugen und Zügen verbaut.

Das Problem dabei: Das unedle Metall kommt fast nur im Verbund als Bauxit vor. Um eine Tonne Aluminium zu gewinnen, braucht es vier bis fünf Tonnen Bauxit. In Öfen wird das Aluminium aus dem Bauxit herausgetrennt - das kostet viel Energie. Im Schnitt sind für eine Tonne reines Aluminium 15 700 Kilowattstunden nötig. Das entspricht dem Energieverbrauch einer vierköpfigen Familie in vier Jahren. Vorteil von Norsk Hydro: Die Norweger können auf eigene Energie aus Wasserkraft zurückgreifen, das hält die Energiekosten niedrig und zahlt sich in den Geschäftsergebnissen aus.

 


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Norwegen