Sie dampfen das Kerngeschäft ein, entlassen Händler, ziehen sich aus einzelnen Märkten zurück, kürzen Boni oder streichen das Reisebudget zusammen. Jetzt könnte eine neue Dimension hinzukommen: eine enge Zusammenarbeit etwa in der IT oder eine gemeinsame Nutzung von Immobilien. Für die um ihr Image bedachte Finanzbranche wäre das ein absolutes Novum. Erzrivalen, die ihren Stolz überwinden und künftig aus der Not heraus kooperieren?
Die öffentliche Diskussion darüber hat UBS-Chef Sergio Ermotti angestoßen. Er ist bekannt dafür, seine Worte stets mit Bedacht zu wählen - und wurde unlängst bei der Präsentation der Halbjahreszahlen doch sehr deutlich: "Ich bin zuversichtlich, dass wir - wie andere Branchen auch - enger zusammenrücken werden, um Größenvorteile zu heben", erklärte er. Erste Gespräche dazu gebe es bereits zwischen einzelnen Instituten. "Aber das geht langsamer, als ich es für nötig halten würde." Fünf bis zehn Jahre wird es bis zum Durchbruch dauern, schätzen Branchenexperten.
Ermotti redet nicht von Fusionen, sondern von Kooperationen. Denn auf Fusionen wartet man in Europa schon lange vergeblich. Dabei wäre eine Marktkonsolidierung eigentlich die logische Konsequenz, wenn viele Großbanken nicht mal mehr ihre Kapitalkosten verdienen und die US-Konkurrenten davonziehen. Doch mit Teamwork könnte es anfangen. Erste Beispiele gibt es bereits: So haben sich 18 Banken und Vermögensverwalter verbündet, um eine gemeinsame Chat-Plattform an den Start zu bringen, auf der sich Händler und Fondsmanager austauschen können. Etabliert sich diese Plattform (Projekt "Symphony"), müssten die Firmen nicht mehr verschiedene Kommunikationskanäle wie den Eikon Messenger von Reuters oder Instant Bloomberg parallel laufen lassen.
Mehrere Banken haben sich auch für die Daten-Plattform "Clarient Entity Hub" zusammengetan, wo Neukunden mit standardisierten Systemen durchleuchtet werden, damit sich die Institute keine neuen Risiken etwa beim Thema Geldwäsche ins Haus holen. Und im Zahlungsverkehr wird branchenweit hinter verschlossenen Türen gerade an der neuen "Blockchain"-Technologie getüftelt. Sie funktioniert wie ein virtuelles Kassenbuch, über das sich Geschäfte direkt zwischen den Parteien abwickeln lassen. Befürworter dieser Technologie argumentieren, hiermit ließen sich Milliarden sparen, vom Zeitvorteil ganz zu schweigen.
DRUCK AUF DEM KESSEL
Wie groß der Druck ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen, die das Analysehaus Tricumen für die sieben größten europäischen Investmentbanken ausgerechnet hat: Demnach sind die operativen Erträge auf 72 Milliarden Dollar im Jahr 2015 geschrumpft, von 81,5 Milliarden Dollar im Jahr 2007. Gleichzeitig ging die Kostenquote auf 88 von 62 Prozent hoch. Dafür sind zwar auch die vielen teuren Rechtsstreitigkeiten verantwortlich, unter denen etliche Geldhäuser noch immer ächzen. Paradebeispiel dafür ist die Deutsche Bank. Aber trotz der hohen Sonderbelastungen, die die Frankfurter schultern müssen, steht hier für einige Großinvestoren die Frage im Raum, ob der laufende Sparkurs angesichts der wegbrechenden Erträge nicht noch einmal verschärft werden muss.
Die britische Großbank Barclays hatte zwar vergleichsweise spät, dann aber mit viel härteren Einschnitten auch in der Belegschaft gegengesteuert. "Die Kosten einer Investmentbank werden im Grunde durch drei Faktoren beeinflusst: Leute, Technologie und Immobilien", fasst Barclays-Chef Jes Staley zusammen. Beim Thema Immobilien sehen Branchenkenner schon länger Einsparpotenzial. Warum können sich Banken - gerade an Luxus-Standorten wie London - nicht auch Büroflächen teilen? Die Zeiten, in denen sich jedes Geldhaus mit Rang und Namen einen eigenen Turm mit eigenem Schriftzug leistete, könnten schon bald vorbei sein, argumentieren sie. Nach Einschätzung von Radi Khasawneh vom Beratungshaus Boston Consulting steht die Finanzbranche vor grundsätzlichen organisatorischen Fragen. Die herkömmlichen Sparmaßnahmen seien erschöpft. "Es muss etwas Größeres passieren."
rtr