Der Flugzeugbauer Airbus folgt damit den Regeln für Aktionärsversammlungen während der Coronakrise in den Niederlanden. Auch in Deutschland gelten in diesem Jahr Ausnahmeregeln, um Ansteckungen mit dem gefährlichen Grippevirus zu vermeiden. Schließlich gehört ein großer Teil des üblicherweise älteren Publikums auf Hauptversammlungen (HV) zur Risikogruppe. Veranstaltungen mit tausenden Besuchern, wie sie zu vielen deutschen Hauptversammlungen kommen, sind derzeit verboten.
Die Unternehmen können die Hauptversammlung ausnahmsweise ins Internet verlegen. Doch die Konzerne im deutschen Leitindex Dax sind gespalten: Zwölf der 28 Aktionärstreffen, die in diesem Jahr noch anstehen, sollen "virtuell" stattfinden. Premiere hat das Format am 28. April, wenn die Bayer-Aktionäre sich über das Internet austauschen. Continental glaubt offenbar nicht, dass 2020 überhaupt eine Hauptversammlung mit Aktionären über die Bühne gehen kann. Der Autozulieferer geht auf Nummer sicher und hat eine Online-HV für den Sommer geplant - schließlich will er die Abspaltung der Antriebssparte Vitesco offiziell abnicken lassen.
Zwölf Dax-Konzerne haben ihre Aktionärstreffen verschoben, ohne einen neuen Termin zu nennen. Zeit dafür hätten sie bis zum Jahresende 2020. Die Frist von acht Monaten nach dem Ende des Geschäftsjahres ist für deutsche Aktiengesellschaften gesetzlich ausgesetzt. Als Europa-AG (SE) firmierende Unternehmen müssen die dagegen weiter bis Ende Juni einladen. Der Wohnungskonzern Vonovia hat seine Hauptversammlung deshalb auf den 30. Juni terminiert - bisher als Präsenzveranstaltung. Auch Daimler hält eine "Live"-Hauptversammlung Anfang Juli für möglich.
Für die Aktionäre bedeutet die Verschiebung: Sie müssen auf die Dividende - sofern eine ausgeschüttet wird - länger warten. Viele Unternehmen nennen das als Grund für die Einberufung einer Online-HV. Abschlagszahlungen auf die Dividende wären zwar nach dem Ende März verabschiedeten Covid-19-"Notfallgesetz" möglich - doch dafür müsste das ausschüttungswillige Unternehmen nach den Vorschriften des deutschen Handelsgesetzbuchs (HGB) einen Gewinn ausgewiesen haben. Bei Daimler scheitert es genau daran.
Bei der "virtuellen" Hauptversammlung ist vieles Neuland - auch für die Unternehmen selbst. Das Gesetz schreibt vor, dass die Veranstaltung im Internet komplett übertragen wird - also nicht wie üblich nur die Vorstandsreden. Doch bei den meisten Firmen dürfen danach nur noch angemeldete Aktionäre zusehen und -hören. Offen ist auch, wie mit den Redebeiträgen der Aktionäre umzugehen ist, die diesmal in der Regel vorab eingereicht werden. Müssen die "Fragen", die oft eher ausufernde Kommentare zur Geschäftsentwicklung sind, vom Vorstand oder von den Stimmrechtsvertretern vollständig vorgelesen werden, wenn der Aktionär nicht anwesend sein kann? Die Reden des Vorstands und des Aufsichtsrats werden bei der Deutschen Bank jedenfalls schon acht Tage vor dem HV-Termin veröffentlicht.
rtr