Derzeit gibt es in Deutschland einen wahren Gründerboom bei Onlinebrokern. Und alle Neuen locken mit demselben Argument: niedrigste Preise.

Orders, die inklusive Fremdkosten maximal einen Euro kosten, sind bei diesen "Zero-Brokern" fast alltäglich. Die Idee der Neulinge: sich so schlank und effizient aufzustellen, dass die Rückvergütungen, die bei vielen Trades von Wertpapieremittenten und Börsenbetreibern an den Broker fließen, genügen, um die Orderkosten für die Kunden gegen null zu drücken und immer noch Gewinn zu machen.

Wohlgemerkt: Auf (fast) null gedrückt werden nur die Orderkosten! So erhebt etwa Trade Republic bei jedem Deal eine Fremdkostenpauschale von einem Euro. JustTrade und Smartbroker verzichten auch darauf. Dafür können bei Smartbroker beim Fondskauf über die Fondsgesellschaft schon mal vier Euro Gebühr anfallen. Bei JustTrade ist der Handel dagegen komplett kostenlos.

Völlig kostenlos ist das Brokerage in all seinen Facetten jedoch nirgends. So verlangt JustTrade beim Kauf von Namensaktien für die Umschreibung einen Euro, je WKN aber höchstens einmal pro Tag. Bei Smartbroker werden für jede Umschreibung beim Kauf von Namensaktien 0,60 Euro fällig, bei Trade Republic sogar 2,00 Euro.

Der Ticketservice für Hauptversammlungen kostet bei Trade Republic 25 Euro, bei JustTrade 15 Euro. Und für Geld auf dem Verrechnungskonto erhebt JustTrade einen Strafzins von minus 0,5 Prozent.

Trading als Abomodell

Interessant sind auch die Angebote von Scalable Capital. Das eigentlich für seinen Robo-Advisor bekannte Unternehmen ging Mitte 2020 mit gleich drei Depotmodellen an den Start. Bei dem "Free Broker" genannten Modell zahlt der Kunde je Trade 0,99 Euro. Die beiden "Prime Broker"-Modelle sind dagegen Abomodelle. Hier zahlt man pro Monat einen fixen Betrag - das war’s. Beim normalen "Prime Broker" werden 2,99 Euro im Monat fällig. Diese sind aber im Voraus für ein ganzes Jahr zu entrichten. Macht insgesamt 35,88 Euro. Beim "Prime Broker flex" sind es 4,99 Euro. Diese werden jeden Monat im Voraus abgezwackt. Heißt: Wer maximal dreimal im Quartal handelt, fährt bei den Scalable-Modellen mit dem "Free Broker" am günstigsten, wer häufiger tradet, ist mit dem "Prime Broker" am besten bedient.

Übrigens: Bei unserem Online-Broker Vergleich konnten wir aus Platzgründen nur ein Modell berücksichtigen. Wir haben uns für dasjenige entschieden, das für die fünf Musterkunden insgesamt am günstigsten war.

Überschaubares Angebot

Doch ganz egal ob Scalable, JustTrade oder Trade Republic, das Handelsuniversum der neuen Broker ist derzeit noch recht überschaubar. Daher patzten in unserem Kostenvergleich diese drei Neobroker jeweils noch bei mindestens drei unserer fünf Musterkunden (siehe große Tabelle unten). Sprich, sie boten längst nicht alles, was die Musterkunden wollten. Doch damit sind sie nicht allein.

Mit Smartbroker und Onvista Bank gab es bei den Spezialisten lediglich zwei Anbieter, die alle Wünsche unserer Musterkunden erfüllten. Mit der Netbank schaffte es nur noch ein weiterer Anbieter in die Gesamtwertung. Alle anderen patzten bei mindestens drei der Musterkunden und kamen nicht in die Gesamtwertung (siehe auch Kasten "So wurde gewertet" unten).

Unschlagbar preiswert

Dafür sind die Spezialisten in ihren Nischen extrem günstig. So gibt es - auch abseits der neuen Zero-Cost-Broker - auf Xetra die günstigste Aktienorder im Volumen von 15.000 Euro derzeit bei DeGiro: Inklusive Fremdkosten werden 4,70 Euro fällig. Und die Onvista Bank verlangt für die gleiche Order bei ihrem Festpreisdepot, das auch über finanzen.net vermittelt wird, 7,00 Euro.

Bei kleinen Ordervolumina sieht es ähnlich aus: Die Spezialisten sind fast unschlagbar: Die 1.000-Euro-Order ist schon ab 2,18 Euro inklusive Fremdkosten zu haben. Auch diesen Tiefstpreis bietet DeGiro. Dafür gibt es bei DeGiro keine Sparpläne. Weder auf Fonds noch auf ETFs oder Zertifikate. DeGiro ist damit keineswegs allein. Sparpläne auf alle drei Wertpapiergattungen bieten in unserem Test lediglich zwei Spezialisten: Onvista Bank und Smartbroker. Fünf Spezialisten stehen in Sachen Sparplänen sogar völlig blank da.

Nicht die einzigen Lücken, die zeigen, dass auch die verlockendsten Angebote mit dem eigenen Tradingverhalten abgeglichen werden sollten, bevor man ein Depot eröffnet. Denn Lücken sind mit der Preis dafür, dass diese Broker in ihren Nischen extrem günstig sind.

Apropos Konditionen: Um die Brokerage-Kosten für jeden unserer fünf Musterkunden zu ermitteln, wurde in einer schriftlichen Umfrage bei 20 Onlinebrokern - zehn Generalisten (siehe Euro am Sonntag-Ausgabe 31/2020) und zehn Spezialisten - für die unterschiedlichsten börslichen und außerbörslichen Wertpapierdeals ganz penibel Daten zu Depot-, Order- und Fremdkosten erhoben. Dann wurde errechnet, wie viel jeder Musterkunden im Quartal oder Jahr bei den jeweiligen Spezialisten insgesamt zahlen müsste.

Daraus wurden dann zu jedem Musterkunden Ranglisten gebildet mit dem jeweils günstigsten Anbieter auf Platz 1. Konnte ein Broker nicht alle Tradingwünsche eines Musterkunden erfüllen, kam er nicht in die Wertung. Wer bei mehr als zwei Musterkunden patzte, verfehlte auch die Gesamtwertung.

Die günstigsten Spezialisten

Welcher Spezialist ist nun am günstigsten? Für den "Aktiven Trader" ist es der Smartbroker. Hier zahlt dieser Musterkunde im Quartal 76,65 Euro inklusive Fremdkosten. Auf Platz 2 folgt DeGiro mit 147,83 Euro im Quartal. Auf Rang 3 Banx mit Kosten von 194,29 Euro (siehe auch große Tabelle unten).

Smartbroker hat auch beim "Normalen Trader" die Nase vorn: Gerade mal 0,60 Euro werden hier im Quartal fällig. Der Zweitplatzierte, Scalable Capital, kommt mit dem Modell "Free Broker" auf Kosten von 5,94 Euro. Die Onvista Bank liegt mit 43,89 Euro auf Rang 3.

Beim "Sparplaner" ist Trade Republic mit Kosten von zwei Euro je Quartal am günstigsten. Beim Smartbroker zahlt er 2,40 Euro im Quartal. Und auch beim Free Broker von Scalable sind die Kosten mit 4,95 Euro überschaubar.

Wer hingegen ausschließlich außerbörslich handelt, kommt beim Smartbroker mit 31,20 Euro je Quartal am günstigsten weg. Bei Trade Republic auf Platz 2 werden für den "Direkt-Trader" 36,00 Euro fällig. Auf Platz 3: die Onvista Bank mit 127,78 Euro.

Beim "Investor" ist ebenfalls Smartbroker am günstigsten. Hier zahlt der Musterkunde unterm Strich extrem günstige 4,60 Euro - im Jahr! Platz 2 geht an die Onvista Bank. Bei ihr muss der "Investor" im Jahr 76,21 Euro zahlen. Auf dem dritten Platz: DeGiro. Hier werden jährlich 80,30 Euro fällig.

Die Gesamtwertung

Verdichtet man die Einzelwertungen zur Gesamtwertung mit den jeweils drei besten Platzierungen (siehe Tabelle unten), schnitt Smartbroker mit drei gewerteten ersten Plätzen am besten ab. Mit einem zweiten und zwei dritten Plätzen ging in der Gesamtwertung Silber an die Onvista Bank. Ebenfalls aufs Treppchen kam die Netbank mit einem vierten und zwei fünften Plätzen. Alle anderen Spezialisten patzten bei mindestens drei Musterkunden. In ihren speziellen Handelssegmenten sind diese Onlinebroker aber ebenfalls gut oder sogar sehr gut.

Onlineboker-Test Teil 2


Die Musterkunden - ihr Sparpotenzial bei "Spezialisten" im Vergleich zu Filialbanken

Musterkunde 1 Aktiver Trader

Das durchschnittliche Depotvolumen des "Aktiven Traders" beträgt 50.000 €. Zudem liegen 5.000 € auf dem Verrechnungs- oder Tagesgeldkonto. Er handelt jeweils über die inklusive Fremdkosten günstigste Börse. Deals je Quartal: 10 x DAX-Aktien für je 1.000 €, 6 x DAX-Aktien zu je 2.500 €, 2 x DAX-Aktien zu je 5.000 €. Bei 2 Deals werden Namensaktien gehandelt (1 Kauf, 1 Verkauf). Insgesamt kommt es bei den Deals zu 4 tag- und kursgleichen Teilausführungen. 4 x handelt er O-Scheine über je 1.000 €, 4 x Zertifikate für je 1.500 €, 2 x Anleihen für je 4.000 € und 2 x US-Aktien (je 100 Stück) im Wert von je 5.000 US-Dollar direkt in den USA. Zudem setzt er je Quartal 5 neue Limits (davon 1 in den USA), 5 Limits passt er an (2 davon in den USA), 5 werden ausgeführt (davon 1 in den USA), und 5 weitere Limits laufen aus. 4 x im Jahr fließen ihm US-Dividenden von umgerechnet je 20 € zu. Er benötigt im Jahr 1 Tax Voucher für die Quellensteuererstattung in der Schweiz, zudem 1 x jährlich eine Eintrittskarte für eine Hauptversammlung (HV) sowie 1 Abstimmungskarte für eine inländische HV. Hinzu kommen 12 Kontobewegungen im Jahr, 6 davon Geldeingänge.

Musterkunde 2 Normaler Trader

Der "Normale Trader" besitzt ein 50.000 € schweres Depot. Weitere 5.000 € liegen auf dem Verrechnungs- oder Tagesgeldkonto. Er tradet meist deutsche Aktien. Zudem wird monatlich ein Fonds- oder ein ETF-Sparplan (jeweils mit maximalem Rabatt) über je 100 € ausgeführt - je nachdem, welche Variante weniger Kosten verursacht (Fonds mit regulär 5 % Agio). Er handelt Aktien über die bei seinem Broker inklusive Fremdkosten günstigste Börse. Die Aktiendeals je Quartal: dreimal DAX-Aktien für je 1.500 €, zweimal deutsche Nebenwerte für je 2.000 €. Zwei der gehandelten Aktien sind Namensaktien (ein Kauf, ein Verkauf). Bei den Aktiendeals kommt es zu zwei tag- und kursgleichen Teilausführungen (einmal bei Kauf, einmal bei Verkauf). Zudem handelt er einmal im Quartal Anteile eines aktiv gemanagten Fonds im Wert von 2.500 € via Börse. Er setzt je Quartal zwei neue Limits, eines passt er an, zwei werden ausgeführt, zwei Limitorders löscht er aktiv, eine weitere läuft aus. Eine Inlandsüberweisung im Quartal, einmal in drei Monaten fließt Geld aufs Depot.

Musterkunde 3 Sparplaner

Der "Sparplaner" setzt auf automatisierte Sparpläne. Sein Depot ist im Schnitt 30.000 € schwer. Zudem liegen 3.000 € auf dem Verrechnungs- oder Tagesgeldkonto. Er hat einen Fonds- oder ETF-Sparplan (globale Aktien; in der aktiven Variante: Fonds mit regulär 5,0 % Agio) über 100 € monatlich eingerichtet - je nachdem, welche Variante günstiger ist. Dabei nutzt er jeweils den Maximalrabatt seines Brokers. Daneben bespart er einen ETF oder ETC monatlich ebenfalls mit 100 €, auch hier nutzt er den maximal möglichen Rabatt seines Anbieters. In einen weiteren Sparplan auf ETFs/ETCs fließen monatlich weitere 100 €, jedoch zu regulären Konditionen (teuerste Variante). Sollten ETF/ETC-Sparpläne nicht möglich sein, weicht er auf Zertifikate-Sparpläne aus. Zudem handelt er 2 x im Quartal mit Aktien im Wert von 1.500 € über die jeweils günstigste Börse. Je Quartal setzt der Sparplaner 1 neues Limit, 1 passt er an, 1 weiteres läuft aus. Jährlich fließt zweimal Geld aufs Konto, zweimal im Jahr überweist er Geld vom Konto.

Musterkunde 4 Direkttrader (außerbörslich)

Der "Direkthändler" handelt ausschließlich außerbörslich (also auch nicht via Tradegate Exchange, LS Exchange, Gettex oder Quotrix). Insgesamt tradet er 18-mal im Quartal. Sein durchschnittliches Depotvolumen beträgt 40.000 € zuzüglich 4.000 € Cash auf Verrechnungs- oder Tagesgeldkonto. Dabei liegt sein Tradingschwerpunkt auf deutschen Aktien. Daneben setzt der Direkthändler auf Optionsscheine und Zertifikate. Die Deals je Quartal: Sechsmal handelt er DAX-Aktien für je 1.000 €, viermal handelt er DAX-Aktien im Wert von je 2.500 €. Viermal tradet er Nebenwerte aus dem MDAX mit einem Ordervolumen von jeweils 2.000 €. Bei vier dieser 14 Aktiendeals handelt es sich um Namensaktien - zwei Käufe, zwei Verkäufe. Zweimal im Quartal handelt er Zertifikate für je 1.500 € und Optionsscheine im Wert von je 1.000 €. Auf das Setzen von Limits verzichtet der Direkthändler. Zudem wird einmal im Quartal aus dem Inland Geld auf das Depotkonto überwiesen, einmal im Vierteljahr fließt Geld auf das inländische Referenzkonto ab.

Musterkunde 5 Investor

Das Depot des "Investors" ist 250.000 € schwer. Weitere 25 000 € liegen auf Verrechnungskonto oder Tagesgeldkonto. Der Investor handelt lediglich achtmal im Jahr - also nur zweimal im Quartal. Das Ordervolumen beträgt dabei aber jeweils 15.000 €. Je zweimal im Jahr handelt er DAX-Werte, Nebenwerte, Zertifikate und Fonds über die beim jeweiligen Broker inklusive Nebenkosten günstigste Börse. Beim Fondskauf ordert er bei der KAG, sofern das - unter Berücksichtigung eines eventuell immer gewährten Rabatts aufs reguläre Agio von 5 % - günstiger ist als der Kauf via Börse. Bei einem Deal kauft er Namensaktien. Einmal verkauft er Namensaktien. Insgesamt kommt es bei den Aktiendeals im Volumen von je 15.000 € zu zwei tag- und kursgleichen Teilausführungen (je eine bei Kauf und bei Verkauf). Zudem setzt der Investor ein Limit neu, zwei Limitorders ändert er, eine wird ausgeführt, eine Limitorder löscht er selbst, eine läuft aus. Bei acht Inlandsüberweisungen im Jahr fließt sechsmal Geld aufs Depot, zweimal fließt Geld ab.


So wurde gewertet - WELCHE VORGABEN DIE ONLINEBROKER ERFÜLLEN MUSSTEN

Anhand von fünf Modellkunden (siehe oben) wurde untersucht, wie hoch die Gebührenbelastung für Privatkunden beim Onlinebrokerage ist. Dabei wurden sowohl die Kosten berücksichtigt, die das jeweilige Institut erhebt, als auch anfallende fremde Gebühren, die an den Kunden durchgereicht werden. Teilten Anbieter Fremdgebühren nicht mit, wurde in der Regel die jeweils höchste von anderen Anbietern mitgeteilte Gebühr unterstellt.

In den Zeilen "Gesamtgebühren je Quartal" beziehungsweise beim Modellkunden Investor "Gesamtgebühren je Jahr" werden alle Einzelposten der jeweiligen Modellkunden für den entsprechenden Zeitraum aufsummiert. Nutzbare Vergünstigungen etwa aufgrund von Tradingverhalten, Cashbestand, Order- oder Depotvolumen wurden berücksichtigt. Ebenso die bei dem jeweils unterstellten Guthaben auf dem Verrechnungskonto oder angeschlossenen Tagesgeldkonto erzielbare Zinsgutschrift.

Neukundenrabatte, befristete Rabattaktionen sowie Sonderzinsen etwa für "frisches Geld", für Neukunden oder aus besonderem Anlass blieben ebenso unberücksichtigt wie rabattierte Ordergebühren im Derivatehandel mit einigen Emittenten (Stichwort: "Premium-Partner").

Bei allen Modellkunden wurde unterstellt, dass ihre Aktivitäten - jeweils zur Hälfte Käufe und Verkäufe - online abgewickelt wurden und auch die Kommunikation mit dem Broker online ablief. Kam es bei einer Order laut der gemachten Vorgaben zu Teilausführungen, wurde unterstellt, dass die Order in zwei gleich großen Tranchen tag- und kursgleich ausgeführt wurde.