Elon Musk ist ähnlich wie Richard Branson ein begnadeter Verkäufer - unter anderem seiner selbst. Knackige Headlines inklusive. "Wir wollen den Weltraum öffnen für die Menschheit", wird er zitiert. "Dazu muss der Weltraum bezahlbar sein." Und seine Rakete SpaceX selbstredend das passende Vehikel dazu. Doch hinter den pompösen Worten schimmert zart ein Zeitgeist-Investment durch, das vor einigen Jahrzehnten reine Illusion gewesen wäre.
Damals dachte die NASA, man könne bereits 1984 einen Mann auf den Mars schießen. Seitdem ist einiges geschehen, Roboter auf dem roten Planeten gelandet. Doch ein Astronaut der NASA? Fehlanzeige. Kein Wunder also, wenn die Raumfahrtindustrie begeistert auf die Ankündigung von Musk reagierte, Menschen auf den Mars zu bringen - 2018 eine unbemannte Mission, 2025 mit echten Menschen. Musks Ankündigungen haben tatsächlich einiges an Schubkraft, auch wenn es noch etliche technische Herausforderungen zu lösen gilt.
Immerhin hat Musk mit der Rakete SpaceX schon einmal vorgelegt, Jeff Bezos mit Blue Origin ebenso. Und eine Voraussetzung für die Mars-Mission war und ist die Entwicklung einer wiederverwendbaren Rakete. Beide Mars-Missionare haben zuletzt entsprechende Vehikel getestet, in deren Stammbuch stand, nach der Landung wieder nutzbar zu sein. Im Falle von Musks Plänen handelt es sich um eine Rakete und eine Weltraumfähre, so hoch wie ein 27-stöckiges Gebäude, so schwer wie 140 voll beladene 737-Jets. 200 Passagiere sollen darin Platz finden, die pro Kopf 200.000 Dollar zahlen. Doch Musks Pläne betreffen nicht nur Astronauten oder zahlende Reisende, sondern auch eine Art intergalaktisches Speditionsunternehmen - das System soll Satelliten starten können, Lasten in die Weltraumstation ISS transportieren und möglicherweise bemannte Missionen zu weiter entfernten Zielen durchführen.
Kunden dafür könnten daher nicht nur zahlungskräftige Touristen sein, sondern auch Staaten, die selbst kein eigenes Raumfahrtprogramm auflegen können. Ein weiterer Profiteur dieser Entwicklung könnten auch die Anbieter von Kommunikationsnetzwerken sein. Denn deren Satelliten müssen nun einmal in eine Umlaufbahn gebracht werden. Und entsprechende Navigationshilfen werden wichtiger - es gibt zum Beispiel Länder, in denen Gebäude nicht immer eine Adresse haben und stattdessen die Handynavigation entsprechend wichtig ist. Mit Satelliten lässt sich auch der Frachtverkehr überwachen. Abgesehen davon steigt die globale Nachfrage nach Daten - und entsprechend auch die nach Daten aus dem All, gesammelt von Satelliten.
Investments im All
Und das treibt den Zeitgeist ins All? Ja, denn inzwischen umfasst das Universum der Raumfahrtindustrie das "alte" und das "neue All". Das alte All, das sind Regierungen und die daran angedockten Unternehmen. Das neue All indes, das sind frische Firmen, mit kühnen Visionen, die die Welt des "Weltalls 1.0" umkrempeln und unternehmerisch begreifen. Es geht ihnen um Kostensenkungen, um einen neuen Ansatz. Wie zum Beispiel SpaceX mit ihrer gewaltigen Falcon-9-Rakete.
Es geht aber auch eine Nummer kleiner. Während Satelliten früher die Größe eines Busses hatten und hunderte Millionen Dollar kosteten, lassen sie sich nun im Toaster-Format bauen - und entsprechend günstiger. Eine ganze Reihe von Unternehmen steht dazu bereit. Und profitiert davon, im Windschatten von Falcon 9 & Co zu fahren. Das gilt für Satelliten, aber auch ganz andere Zweige der Industrie.
Denn je mehr Satelliten es gibt, umso größer die Menge der mit ihnen gewonnenen Daten. So viele Daten, dass Experten nicht mehr von "big data" sprechen, sondern von "extrem data". Und diese Menge muss bewältigt werden. Dazu braucht es spezialisierte Firmen, die entsprechende IT-Kärrnerarbeit leisten, die entsprechende Algorithmen programmieren.
Wozu, zeigt ein Beispiel. Derzeit gibt ein Telekommunikationsriese einigen start-ups eine lange Leine: Der Gigant will wissen, wo präzise seine Kunden sich befinden. "Geo targeting" lautet das Zauberwort. Geht ein Kunde an einem Starbucks-Cafe vorbei ohne einzutreten, ließe sich damit künftig entsprechende Werbung aufs Handy spielen.
Ein anderes Investment-Thema ist der Weltraumschrott. Je mehr Satelliten, umso mehr Satellitenschrott. Und dieser Schrott könnte weitere Satelliten zu Schrott verarbeiten. Dieser Effekt nennt sich übrigens Kessler-Syndrom nach Donald Kessler, einem NASA-Wissenschaftler. Er warnte, der Weltraum könnte eines Tages so von Satelliten bevölkert sein, dass die unvermeidlichen Trümmer eines der Fluggeräte weitere Satelliten beschädigen könnten, deren Bruchstücke ihrerseits in der Summe eine Kettenreaktion auslösen könnten.
Fazit: Eine Trägerentwicklung und zahlreiche kleinteiligere Nutzungsmöglichkeiten sowie entsprechendes Kapital im Überfluss - diese Kombination macht die neue Raumfahrtindustrie zu einem langfristig spannenden Investmentthema. Oder in anderen Worten: Zu einem Zeitgeist-Investment.
Die "alte" Raumfahrt, die staatlich finanzierte, ist heute nicht mehr so wichtig. Dagegen wächst die "neue", von Unternehmen organisierte Raumfahrt gerade stark. Wobei ich denke, dass dies in erster Linie einem Mann zu verdanken ist: Elon Musk.
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