Immer mehr Ruheständler müssen auf Alterseinkünfte Abgaben zahlen. Welche steuerlichen Fallstricke zu beachten sind und wie sich diese umgehen lassen. Von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag

Rente ist nicht gleich Rente. Erst Ende dieses Monats kommt die Erhöhung vom 1. Juli tatsächlich bei allen 21 Millionen Leistungsempfängern an. Denn wer im April 2004 oder später in den Ruhestand getreten ist, bekommt die gesetzliche Rente nur "nachschüssig" ausbezahlt. Ruheständlern, die schon vor diesem Stichtag Rente bezogen haben, wurden die erhöhten Leistungen dagegen erstmals schon Ende Juni überwiesen.

Alt- und Neurentner vereint die Freude über ein dickes Plus: Die gesetzlichen Renten steigen 2019 in Westdeutschland um 3,18 Prozent, im Osten sogar um 3,91 Prozent. Eine Standardrente von 1.441 Euro, die nur auf Westbeiträgen beruht, erhöht sich damit um 45,82 Euro brutto, die standardisierte Ostrente (1.381 Euro) um 53,99 Euro.

Seit 2014 legten die gesetzlichen Renten im Westen um 15 Prozent zu, im Osten waren es 20 Prozent. Ab dem Jahr 2024 werden die Renten bundesweit einheitlich festgesetzt. Bis dahin wird der Rentenwert Ost in weiteren kleinen Schritten von 96,5 auf 100 Prozent des Westniveaus angehoben.

So schön die Erhöhungen und die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West in diesem Punkt sein mögen: Für viele Ruheständler gibt es auch eine unerfreuliche Kehrseite. Immer mehr Bürger sind verpflichtet, auch nach Ende des Erwerbslebens eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Mit der jüngsten Rentenerhöhung rutschen 48.000 Senioren erstmals in die Steuerpflicht, insgesamt sind bereits 4,98 Millionen Ruheständler betroffen. Das Bundesfinanzministerium rechnet dadurch allein für das laufende Jahr mit Steuermehreinnahmen von 410 Millionen Euro, Tendenz weiter steigend.

Die Abgaben von Steuerpflichtigen mit Renteneinkünften haben sich von 2005 bis 2014 mehr als verdoppelt. Zahlten Steuerpflichtige mit Renteneinkünften im Jahr 2005 noch 16 Milliarden Euro an Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag, stieg dieser Wert in den folgenden neun Jahren auf 33 Milliarden an. Schon jetzt entfällt rund ein Zehntel des Einkommensteueraufkommens auf Deutschlands Senioren (siehe PDF-Tabelle unten).

Nachgelagerte Besteuerung wirkt


Dabei schlägt auch die 2005 eingeführte "nachgelagerte Besteuerung" immer stärker durch. Alterseinkünfte werden seitdem schrittweise stärker belastet. Umgekehrt können Berufstätige immer mehr Ausgaben zur Altersvorsorge absetzen. So sollen sie größere Anreize zur Altersvorsorge haben - fällige Abgaben werden quasi gestundet.

Welcher Anteil der Rente besteuert wird, hängt vom Jahr des Rentenbeginns ab. Bei Ruheständlern, die 2005 oder früher in Rente gegangen sind, lag dieser nominell bei nur 50 Prozent der gesetzlichen Altersbezüge. Neurent­ner des Jahres 2019 müssen bereits 78 Prozent der Leistung versteuern. 2020 steigt der steuerpflichtige Rentenanteil für Neurentner letztmals um zwei Prozentpunkte, danach weitere 20 Jahre um je einen Prozentpunkt. Ab 2040 sind Neurentner voll steuerpflichtig.

Wer schon gesetzliche Rente bezieht, für den bergen Rentenerhöhungen eine weitere Falle: Der lebenslang steuerfreie Anteil der gesetzlichen Rente wird bei Rentenbeginn nominal, also in einem ­fixen Betrag, festgeschrieben. Nach jeder Rentensteigerung erhöht sich damit für Altrentner der prozentual zu versteuernde Anteil. Ein alleinstehender Ruheständler, der zum Beispiel seit Dezember 2017 monatlich 1.184 Euro gesetzliche Rente steuerfrei bezog, rutschte schon vergangenen Sommer in die Abgabepflicht. Ähnlich ergeht es vielen Witwen und Witwern, die nach dem Tod ihres Partners Hinterbliebenenrente beziehen - und damit entsprechend höhere Altersbezüge in einer oft ungünstigeren Steuerklasse.