Die Kryptowährungen zeigen seit Jahresanfang eine enorme Stärke. Der Bitcoin stieg um über 30 Prozent. Einige der größten 20 Altcoins zeigten eine noch deutlich bessere Performance. So steht bei vier Altcoins der Top20 ein Plus von mehr als 100 Prozent seit Jahresanfang zu Buche. Von daher könnte ein Blick auf zurückgebliebene Coins in der derzeitigen Situation interessant sein. Ein erstes Screening erfolgt mit Blick auf die Verluste gegenüber dem Allzeithöchst (vgl. Übersicht unten). Der Bitcoin liegt aktuell rund 52 Prozent darunter. Sieben Coins der Top20 weisen aktuell ein Minus von mehr als 90 Prozent gegenüber dem Allzeithöchst auf: IOTA und Cardano (je -95%), NEO, DASH, Stellar, TRON und Ripples XRP (jeweils rund -93%) sowie Bitcoin Cash (-90%). Alle diese Coins zeigen seit Jahresanfang eine deutlich bessere Performance als der Bitcoin, mit Ausnahme von XRP. Von daher sollen hier die Aussichten der drittgrößten Kryptowährung einmal genauer unter die Lupe genommen werden.

(Quelle: cryptorank.io)

Ein Problempaar: Ripple und XRP


Ripple als Open-Source-Protokoll wird von Ripple Labs entwickelt. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich durch Verkauf der ursprünglich einbehaltenen XRP, der Kryptowährung von Ripple. Die Maximierung der Verbreitung und des Nutzens von XRP ist damit ein wesentliches Geschäftsziel. Dadurch würde die Nachfrage und damit aufgrund des limitierten Angebots auch der Wert von XRP steigen. Von den geschaffenen 100 Milliarden Ripple wurden 80 Milliarden Stück an Ripple Labs übertragen. Dies war in der Vergangenheit immer wieder ein wesentlicher Kritikpunkt: XRP sei keine wirklich dezentralisierte Kryptowährung, sondern vielmehr zentral vom Fintech-Startup Ripple verwaltet.

Eigentlich ein No-Go für Kryptofans. 2017 kündigte Ripple die Verwahrung von insgesamt 55 Milliarden XRP in 55 Treuhand-Konten zu je einer Milliarde XRP an. Über diese sogenannten Escrow-Wallets soll die andauernde Emission der XRP-Token kontrollierbar und berechenbar werden. Am ersten Tag eines jeden Monats (insgesamt sind das also seit Ankündigung 55 Monate) läuft jeweils ein Konto per festgelegtem Vertrag aus, jeden Monat kann Ripple also maximal eine Milliarde XRP verkaufen. Werden in einem Monat weniger als eine Milliarde XRP verkauft, wird der verbliebene Betrag dann auf ein Treuhandkonto am Ende der Escrow-Warteschlange übertragen (also auf Monat 56 usw. seit Beginn der Ankündigung). In der Vergangenheit belasteten auch immer wieder Vermutungen, dass Ripple mehr als die vereinbarte Menge an XRP verkauft. Die starke Inflationierung durch Ripple wird für die sehr schlechte XRP-Kursentwicklung verantwortlich gemacht. Dabei verunsichert insbesondere die mangelnde Transparenz über die Transaktionen und die dahinterstehende Strategie. Aktuell besitzt Ripple noch 55 Prozent aller XRP.

Anwendung von XRP steigt


Der Verunsicherung wegen der anhaltenden Inflationierung stehen in der Vergangenheit eine Unmenge von Meldungen über Partnerschaften von Ripple gegenüber. Bei diesen Projekten war aber oft Ripples Kryptowährung XRP nicht mit eingebunden. Mit der On-Demand-Liquidity (ODL) wurde ein echter Anwendungsfall für XRP geschaffen. Aufgrund des großen Erfolges will Ripple damit in weitere Länder expandieren. Hierfür muss Ripple weitere Zahlungskorridore schaffen, was jetzt auf der Agenda für 2020 steht. Bisher gibt es solche zwischen den USA, Mexiko und den Philippinen. Die Kostenersparnis bei internationalen Überweisungen ist für die Nutzer enorm. Die hartnäckige Überzeugungsarbeit von Ripple bei den internationalen Banken könnte deshalb zunehmend Früchte tragen. Positiv ist auch die jüngste Meldung, dass der Freelance-Marktplatz goLance jetzt ODL und damit XRP für Zahlungen in seinem Netzwerk von mehr als 500.000 Benutzern ermöglicht. Ein Großteil der Freelancer arbeitet länderübergreifend. Insbesondere mit exotischeren Ländern wie den Philippinen oder Vietnam kann es leicht zu Problemen bei Zahlungen und Überweisungen kommen. Für die Freiberufler ist es ein erheblicher Vorteil, wenn sie die Zahlungen schnell und kostengünstig erreichen. Zwar ist der XRP-Kurs im vergangenen Jahr trotz der wachsenden ODL-Nutzung mit XRP als Brückenwährung um 50 Prozent eingebrochen. Das könnte sich in diesem Jahr aber umkehren.

Demgegenüber gibt es allerdings auch Meldungen über konkurrierende Systeme, die zum XRP-Killer werden könnten. So experimentiert mit HSBC immerhin eine der weltgrößten Investmentbanken mit einer blockchainbasierten Plattform namens Voltron, die wie Ripple mit XRP die Transaktionsgeschwindigkeit internationaler Zahlungen erhöhen und deren Kosten reduzieren will. Von daher könnte Ripple Bestreben, das SWIFT-Überweisungssystem abzulösen, von solchen Konkurrenzsystemen durchaus bedroht werden, insbesondere wenn sich dabei ein ganzer Bankenverbund zusammenschließt.

Kommt ein IPO von Ripple?


Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ließ Ripple-CEO Garlinghouse die Möglichkeit eines Börsengangs in diesem Jahr durchblicken. Wegen der dadurch gewonnenen Mittel bräuchte Ripple dann zunächst keine XRP mehr zu verkaufen. Ein zumindest kurzfristig erheblicher Kursschub bei XRP wäre bei Ankündigung eines IPO nicht unwahrscheinlich. Neben dem finanziellen Spielraum würde ein IPO auch die Bekanntheit von Ripple und XRP deutlich erhöhen. Der XRP-Preis ist gerade über die 200-Tagelinie gestiegen. Verdichten sich die Gerüchte um einen Börsengang, könnte es schnell zu einem Run bis auf den letztjährigen Höchstkurs von 0,50 Dollar kommen. Das wäre aus aktueller Sicht eine Kursverdoppelung. Gestern und heute hatte der Preis gegenüber dem Dollar bereits kurz die 200-Tagelinie übersprungen (vgl. XRP-Jahreschart unten). Bei anderen Coins war das in den vergangenen Tagen und Wochen das Signal für erhebliche weitere kurzfristige Kursgewinne.