US-Konjunktur verträgt keine klar restriktive Geldpolitik



Trotz "starker" US-Konjunktur - im III. Quartal setzte sie ihren Wachstumstrend mit 3,5 Prozent zum Vorquartal fort - hat die Fed ihren Leitzins bei 2,25 Prozent belassen.

Eine Verschärfung ihres bisherigen zinspolitischen Kurses will die Fed vermeiden. Dabei hat sie auch den handelspolitischen Gegenwind für die Weltkonjunktur im Blick. Ebenso verstärkt sich zunehmend der Eindruck, dass ihre bislang acht Zinserhöhungen allmählich wirtschaftsbremsende Wirkung entfalten. Das macht sie deutlich, indem sie von zuletzt "gemäßigten Anlageinvestitionen" spricht.

Tatsächlich schwächt sich gemäß der vom Institute for Supply Management (ISM) ermittelten Konjunkturstimmung die Dynamik im Verarbeitenden Gewerbe und - mit Abstrichen - im Dienstleistungssektor ab.



Ein ähnliches Bild zeigt sich am US-Immobilienmarkt: Die seit Ende 2016 steigenden Hypothekenzinsen haben den seit 2011 andauernden Trend sich erholender Neubauverkäufe längst umgekehrt.



US-Kongresswahl entspannt die Zinsangst



Auch die wirtschaftspolitischen Konsequenzen der US-Kongresswahlen nehmen Handlungsdruck von der Fed. Die zukünftige Patt-Situation im Kongress schiebt einer weiteren hemmungslosen Ausgaben- und Verschuldungsoffensive der Republikaner u.a. in Form weiterer Steuersenkungen einen Riegel vor. Dies verringert die Gefahr einer konjunkturellen Überhitzung und mildert nachfrageseitigen Inflationsdruck.

Hilfreich ist dabei ebenso der nachgebende Preisdruck beim Öl, nachdem sich die Ängste vor einer Unterversorgung durch großzügige Sanktionsausnahmen für die wichtigsten Abnehmer iranischen Öls beruhigt haben.



Inflationstreibende Elemente wie der robuste US-Arbeitsmarkt und hier insbesondere die zuletzt dynamisch gewachsenen Durchschnittlöhne verlieren damit an Kraft.



Zunächst wird die Fed ihr verhaltenes Zinserhöhungstempo beibehalten und sich vorsichtig auf ein "neutrales" Zinsniveau vortasten. Der Wirtschaft soll bloß nicht schmerzhaft zu Leibe gerückt werden. Und da zukünftig jeder Notenbanksitzung eine Pressekonferenz folgt, kann Fed-Chef Powell diese regelmäßig zur Illustration der zukünftigen Geldpolitik nutzen. Es ist zu hoffen, dass der US-Präsident zukünftig Abstand vom Fed-Bashing nimmt, damit die Notenbank zur Verteidigung ihrer Glaubwürdigkeit nicht gezwungen ist, mit übertriebenen falkenhaften Tönen die Finanzmärkte zu irritieren.

Insgesamt ist sich die US-Notenbank sehr bewusst, dass rezessive Tendenzen selbst für Amerika nicht für alle Zeiten undenkbar sind. In diesem Fall jedoch träfe Not auf Elend, Wirtschaftsschwäche auf völlige Überschuldung des Staates und der Privaten. Diese teuflische Mischung brächte selbst die USA in arge Bedrängnis. Bevor die Fed dann erneut in die zinspolitische Offensive gehen muss, wird sie sich jetzt weniger defensiv verhalten. Damit bleibt die Zinsangst verhalten.

Keine US-Dollar-, aber auch keine Euro-Stärke



Angesichts eines ruhigen Zinserhöhungszyklus entfällt ein wichtiges Argument für eine spürbare US-Dollar-Befestigung. Im Gegenteil, die Währungen der Emerging Markets setzen ihren Stabilisierungskurs im Trend fort, da Kapitalabflüsse aus den Schwellenländern in die USA zinsbedingt an Attraktivität verlieren.



In diesem Zusammenhang konnte sich zwar auch der Euro zuletzt gegenüber US-Dollar befestigen. Doch fehlt für größeren Euro-Optimismus gegenüber US-Dollar mit Blick auf die noch unbeantworteten Brexit- und Italien-Fragen die Grundlage. Diese Einschätzung teilt der Devisen-Terminmarkt, der eine klare Spekulation gegen den Euro zeigt.



Auch die Zinspolitik spricht nicht für eine Euro-Stärke. Die EZB kann ihre geldpolitischen Hände weiter in den Schoß legen. Laut ifo Geschäftsklimadaten verschlechtern sich die Konjunkturperspektiven der Eurozone im IV. Quartal. Die Gefahr eines eingeschränkten Freihandels trübt die Aussichten ebenso wie die besonders verschlechterten Wirtschafperspektiven in Italien. Zuletzt berichtete der exportsensitive Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) von zunehmender Verunsicherung "aufgrund der vielen weltpolitischen Baustellen, Handelssanktionen und protektionistischen Ankündigungen". Setzt man ifo Geschäftserwartungen und -lage zueinander in Beziehung, ist die Euro-Wirtschaft mittlerweile in die konjunkturelle Zyklusphase "Abschwung" abgerutscht.



Marktstimmung - Keine Angst vor Netto-Liquiditätsabzug



Vor dem Hintergrund weniger optimistischer Perspektiven für die Weltkonjunktur werden vielfach auch eingetrübte Fundamentalaussichten der Unternehmen erwartet. Sie waren sogar der Anlass für die Kursgewinnmitnahmen im Oktober. So folgt dem ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe mit einer zeitlichen Verzögerung von sechs Monaten typischerweise auch das amerikanische Gewinnwachstum. Dieses mag seinen Zyklushochpunkt zwar überwunden haben, doch spricht wenig für Alarmstimmung. Wir stehen nicht vor einer amerikanischen oder Weltrezession. Wird das Zeitfenster nach den Kongress- und vor den Präsidentschaftswahlen für Handelsabkommen mit China und später auch mit Europa genutzt, stabilisiert sich über die wirtschaftliche Stimmung auch die Gewinnsituation.



Immerhin ist die global üppige Liquiditätsausstattung trotz Entblähungen der US-Notenbankbilanz nicht vorbei. Denn die Bank of Japan und die EZB - selbst wenn letztere ihre Mittelneuzuwendungen Ende des Jahres nicht mehr erhöht - sorgen insgesamt für einen nur sehr mäßigen Netto-Liquiditätsabfluss. Grundsätzlich ist Liquidität weltweit äußerst mobil. Das Liquiditätsargument pro Aktien bleibt intakt.



Auf Sentimentebene hat die Verunsicherung der Anleger deutlich nachgegeben: In den USA befindet sich der Anteil der Optimisten am Aktienmarkt abzüglich des Anteils der Pessimisten in neutralem Terrain und lässt keinen heftigen Ausverkauf erwarten.



Die gestiegene Absicherungsneigung unter institutionellen Investoren signalisiert jedoch zunächst eher verhaltenen Zukunftsoptimismus. Doch da insbesondere die Investitionsquote der US-Fondsmanager weiterhin auf einem extrem niedrigen Niveau liegt, befindet sich umfangreiches Anlagekapital an der Seitenlinie, dass bei Stimmungsaufhellung in den Aktienmarkt fließt. Potenzial für eine versöhnliche Jahresend-Rallye ist vorhanden.

Hierfür bleiben jedoch nachhaltig positive Impulse von der Krisenfront eine Bringschuld. Nach den US-Kongresswahlen blicken die Aktienmärkte nun wieder auf den Fortgang der Brexit-Verhandlungen und den italienischen Schuldenkonflikt. Mögen die Geld- und Finanzpolitiker weise sein!

Charttechnik DAX - Rückeroberung der 11.800 bleibt entscheidend



Gelingt dem DAX die Verteidigung der wichtigen Unterstützung bei 11.459 Punkten, ist die Gefahr ansonsten drohender Kursverluste bis zu den Haltelinien bei 11.213, 11.051 und 10.874 zunächst gebannt. Für eine deutliche Stimmungsaufhellung muss allerdings zunächst die Barriere bei 11.696 überwunden werden. Darüber liegen die wichtigen Widerstände vor allem bei 11.800 und danach 12.125 Punkten.

Der Wochenausblick für die KW 46 - Eher mau und lau



In China zeichnen die offiziellen Daten der Industrieproduktion und der Einzelhandelsumsätze ein unverdächtiges Konjunkturbild, das allerdings geschönte Elemente aufweist.

In den USA verlaufen die Industrieproduktion und der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe der Philadelphia Fed auf knapp gehaltenem Niveau. Der Optimismusindex mittelständischer Unternehmen verharrt auf seinem Vormonatsstand. Eine Inflationsbeschleunigung ist im Oktober nicht erkennbar.

In der Eurozone bestätigen die endgültigen BIP-Zahlen für das III. Quartal die Konjunkturdelle, die jedoch durch Kaufhemmnisse bei den Autobauern infolge der Neuzertifizierung von Abgasnormen verzerrt ist. Die Inflationsrate im Oktober bleibt zwar wegen der gestiegenen Ölpreise oberhalb der Zweiprozentmarke. Aufgrund der mittlerweile fallenden Energiepreise ist zukünftig aber mit deutlich nachgebenden Inflationsdaten zu rechnen.

Auch die deutsche Wirtschaftsdynamik schwächt sich im III. Quartal ab. Die ZEW Konjunkturerwartungen geben vorerst keine Hoffnung auf eine Beendigung der Delle.



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