Der Goldpreis stieg in den vergangenen Monaten auf immer neue Bestmarken. Auch wenn der Schwung aktuell etwas nachgelassen hat, sind sich Experten einig, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist. Das Sicherheitsbedürfnis der Investoren weltweit wird anhalten und den Preis für das Edelmetall treiben. Die Profiteure dieses fulminanten Anstiegs sind aber nicht nur die ­Minenbetreiber selbst. Auch die sogenannten Royalties verdienen kräftig mit.

Auf der einen Seite stehen die Minenfirmen mit ihren Vorkommen, auf der anderen Seite die Royalty- oder Streamingunternehmen. Sie stellen den Minenbetreibern Kapital zur Verfügung und bekommen dafür einen Anteil an der laufenden oder noch anstehenden Edel­metallproduktion. Der Erfolg der Royalties basiert auch auf geringen Fixkosten. Es entfallen nämlich die Investitionen und Betriebskosten einer Mine. Dadurch sind sie nicht von steigenden Kosten für Löhne oder Maschinen betroffen und können voll von den steigenden Edelmetallpreisen profitieren. Erst wenn der Minenbetrieb eingestellt wird, versiegt die Geldquelle. Wird die Mine wieder geöffnet oder erweitert, fließt erneut Geld. Die Rechte an Vorkommen erlöschen nie, es sei denn, ein Betreiber kauft sich davon frei.

Ein relativ kleines Unternehmen aus diesem Sektor ist Abitibi Royalties. Was die Aktienperformance angeht, hängen die Kanadier dennoch alle anderen ab. Der 38-jährige Chef Ian Ball kann eine steile Karriere vorweisen, auch wenn das eher auf einen Zufall zurückzuführen ist. Als Student traf er auf dem Weg zur Bank im Fahrstuhl in Toronto den Chef von Goldcorp, Rob McEwen. Ball hatte kurz zuvor in einem Magazin einen Artikel über McEwen gelesen: Der tauchte dort als Newcomer auf der Liste der 100 reichsten Kanadier auf. Ball sagte ihm, dass er ihn bewundere und gern für ihn arbeiten würde. Ein Jahr später heuerte der junge Betriebswirt bei Goldcorp an, einem der weltgrößten Goldproduzenten.

Als McEwen dann eine eigene Gruppe aufbaute, folgte ihm Ball. Zunächst hieß die Firma US Gold, dann McEwen Mining. Ball war dort zuständig für Produktion, Konstruktion und Erkundung von Vorkommen in Süd- und Nordamerika. Er managte das El-Gallo-Projekt in Mexiko, eine der größten Silberminen weltweit.

2014 verließ Ball seinen Mentor und wurde Präsident, ab 2015 dann Chef von Abitibi Royalties, einer wahren Gelddruckmaschine. Die Aktie von Abitibi Royalties zählt zu den Top-Performern. Seit Januar 2014 legte der Kurs um durchschnittlich 89 Prozent pro Jahr zu. In Summe beträgt das Kursplus 6463 Prozent (auf US-Dollar-Basis). Damit ließ Ian Ball die Konkurrenz weit hinter sich. Im selben Zeitraum kommen die kanadischen Konkurrenten Franco-Nevada und Wheaton Precious Metals auf ein Kursplus von 371 respektive 205 Prozent. Rund 67 Millionen Kanadische Dollar (CAD) - etwa 43 Millionen Euro - hat Ball bei Abitibi in der Kasse. Im vergangenen Jahr betrug der Kapitalfluss 5,3 Millionen CAD. Ball schüttet pro Jahr eine Dividende von 0,15 CAD aus, die Dividendenrendite beträgt etwa 0,8 Prozent. In den nächsten drei Jahren will er 2,5 Millionen Aktien zurückkaufen.

Abitibi besitzt Rechte an den Vorkommen von 30 Minen, diese befinden sich mehrheitlich in Kanada. Ball reichen die Barmittel und das zufließende Kapital, um zu wachsen. Sein Vorbild ist Franco-­Nevada. Die börsennotierte Royaltyfirma begann wie Abitibi ganz klein und wurde zum Milliardenkonzern. "Das Gute an unserem Geschäft ist: Wir haben keine Investitionskosten." Das Konzept ist immer gleich: Junge Schatzsucher erhalten Kapital, der Geldgeber einen prozentualen Anteil an künftigen Produktionen.

Ian Balls Cash stammt hauptsächlich von den Bergbauriesen Agnico-Eagle und Yamana Gold. Finden kleine Explorer Schätze im Boden, landen diese Gebiete oft bei den Branchengrößen, die den Abbau übernehmen. Die Royalties bleiben beim Weiterverkauf des Landes fortbestehen. An Kanadas größter Goldmine Malartic erhält Abitibi drei Prozent des Goldes in einem bestimmten Abschnitt. Die Kosten für den Abbau trägt Agnico-Eagle, Abitibi kassiert nur seinen Goldanteil. In etwa zwei Jahren wird aus der offenen Malartic-Grube ein Untertagebau. Ball rechnet mit einer Vervielfachung der Goldausbeute und kauft von seinem gesamten Nettogehalt Abitibi-Aktien für sein Privatdepot. Ihm gehören rund 2,3 Prozent der Firma. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er von Dividenden und Ersparnissen.

Niedrige Zinsen, starker Goldpreis


Die Royaltybranche profitiert vom hohen Goldpreis. Dieser wird wiederum von den niedrigen Zinsen und dem schwachen Dollar angeheizt. Auch die Aktie von Franco-Nevada erklimmt vor diesem Hintergrund seit Monaten neue Hochs. Die höchsten Einnahmen kassiert Franco-­Nevada von Glencore, Teck Resources oder Coeur Mining. Umsatz und Gewinn erreichen seit geraumer Zeit Rekordstände. Die Wurzeln reichen in die 70er-Jahre zurück, als die beiden Geschäftsmänner Seymour Schulich und Pierre Lassonde mit einem Startkapital von zwei Millionen US-Dollar begannen. Newmont Mining verleibte sich später den Konzern für 2,5 Milliarden US-Dollar ein.

Es folgte der Börsengang am 20. Dezember 2007. Der Kurs stieg seither jährlich um 22,1 Prozent. Franco-Nevada entwickelte sich zum führenden Player mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 23,3 Milliarden US-Dollar. Auch institutionelle Investoren halten Anteile, darunter Blackrock, Fidelity und T. Rowe Price. Zudem ist das Unternehmen schuldenfrei. Das Management von Franco-Nevada nutzt die gewaltigen freien Kapitalzuflüsse, um das Portfolio zu erweitern und Dividenden zu zahlen. Die Dividendenrendite beträgt 0,72 Prozent - seit 13 Jahren in Folge steigt die Ausschüttung. Allein im vergangenen Jahr summierten sich die ausgezahlten Dividenden auf 190 Millionen US-Dollar. Das Buchwertvielfache beläuft sich auf 5,6.

Die vorübergehenden Corona-bedingten Minen­schließungen haben indes kaum Spuren hinterlassen. Wheaton Precious Metals erhöhte beispielsweise zum Halbjahr den Umsatz von 414 auf 502 Millionen Dollar. Unterm Strich blieb ein Gewinn von rund 200 Millionen Dollar. Die Aussichten für die gesamte Branche sind glänzend, sofern das gelbe Edelmetall weiterhin gefragt bleibt.

Auf einen Blick: Royalties


Lukratives Modell: Royalties stellen Minenkonzernen Kapital zur Verfügung und erhalten dafür Lizenzgebühren oder einen Anteil an der Produktion. Für die Entwicklung der Minen sind die Bergbaufirmen verantwortlich, daher ist das Risiko für die Royalties gering.