In der breit angelegten Studie sei die Wirkung von vier unterschiedlichen Medikamenten - neben Remdesivir die Malaria-Arznei Hydroxychloroquin, das HIV-Medikament Lopinavir/Ritonavir sowie der Wirkstoff Interferon - an mehr als 11.200 Patienten in über 30 Ländern getestet worden. Demnach hätten die Medikamente nur einen geringen oder keinen Einfluss auf die Sterblichkeit oder die Länge des Krankenhausaufenthalts der Patienten gezeigt, teilte die WHO mit. Remdesivir ist eines der ersten Medikamente, das zur Behandlung von Corona-Patienten eingesetzt wurde. Auch US-Präsident Donald Trump erhielt es jüngst nach seiner Infektion.

Die Ergebnisse der WHO-Studie stehen im Kontrast zu einer US-Studie mit 1062 Patienten, die Anfang des Monats im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht worden war. Danach verkürzte Remdesivir die Genesungszeit von Covid-19-Patienten um fünf Tage im Vergleich zu Erkrankten, die die Arznei nicht bekamen. Die Ergebnisse der WHO stünden im Widerspruch zu Studien, die den klinischen Nutzen von Remdesivir belegten, erklärte Gilead. "Wir sind besorgt, dass die Daten dieser globalen Studie nicht der strengen Überprüfung unterzogen wurden, die erforderlich ist, um eine konstruktive wissenschaftliche Diskussion zu ermöglichen."

Die WHO verteidigte ihre Befunde. "Das ist ein verlässliches Ergebnis, lassen sie sich von niemandem etwas anderes sagen", sagte Richard Peto, ein unabhängiger Statistiker, der von der WHO beauftragt wurde. Der emeritierte Professor der Universität Oxford sagte, der gezeigte Nutzen der kleineren Studie könnte nur ein Zufall sein. Die WHO gabe zunächst keine Empfehlung ab, wie Remdesivir nun eingesetzt werden soll. Sie will Leitlinien in zwei oder drei Wochen nach einer Überprüfung der Studiendaten vorlegen. Die Europäische Kommission hatte erst in der vergangenen Woche mit Gilead einen Vertrag über die Lieferung von bis zu 500.000 Dosen Remdesivir geschlossen.

Remdesivir hatte im Mai von der US-Gesundheitsbehörde FDA eine Notfallgenehmigung erhalten und wurde seitdem auch in anderen Ländern zur Behandlung von Covid-19-Patienten erlaubt. Auch in Europa hatte es eine bedingte Zulassung erhalten. Gilead hat das Medikament ursprünglich zur Behandlung von Erkrankungen durch die Viren Ebola, Marburg, Mers und Sars entwickelt. Bereits im Juni hatte die WHO die Versuche mit Hydroxychloroquin und Lopinavir/Ritonavir gestoppt, da sie wirkungslos waren.

rtr