Innerhalb weniger Wochen ist aus einer großen und gesunden US-Bank ein totkrankes Institut geworden, das nun unter staatlicher Obhut steht und vorerst geschlossen wurde. Der Absturz der Silicon Valley Bank (SVB) führt in der gesamten Banken-Branche zu Unruhe. Müssen auch andere Finanzhäuser (und Kunden) Angst haben?

Das auf die Finanzierung junger Tech- und Biotech-Start-ups spezialisierte US-Geldhaus Silicon Valley Bank (SVB) ist nach einer gescheiterten Not-Kapitalerhöhung vorübergehend geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt worden. Das gab die US-Einlagensicherung FDIC am Freitag-Abend bekannt.

Zum Schutz der Kunden seien alle versicherten Einlagen der Bank in eine neue Zweckgesellschaft überführt worden. Kunden sollen spätestens am Montagmorgen wieder Zugang zu diesem Geld haben.

Laut FDIC verwaltete die Bank Ende Dezember insgesamt Vermögenswerte im Volumen von 209 Milliarden Dollar und hatte gut 175 Milliarden Dollar an Kundeneinlagen. Wie viel davon von der Einlagensicherung abgedeckt werde, ist zunächst aber noch unklar. Prinzipiell seien 250.000 Dollar pro Kunde abgesichert.

Die Aktien von SVB waren bereits am Donnerstag um rund 60 Prozent auf 106 Dollar abgestürzt (siehe Chart).

SVB Financial Group (WKN: A0ET46)

Am Freitag beschleunigte sich der Total-Ausverkauf. Zeitweise crashte die SVB-Aktie vorbörslich um weitere 70 Prozent und notierte unter der 40-Dollar-Marke. Den US-Börsenstart erlebte die Aktie jedoch nicht mehr.

Bankrun verschärfte die Lage der Bank

Nicht nur an der Börse verließen die Anteilsinhaber in Scharen die Bank. Auch die Kunden der SVB – Start-ups und Wagniskapitalgeber (Venture Capitalists) des Silicon Valley – versuchten ihre Einlagen zu anderen Banken zu transferieren. Dieser Bankrun verstärkte sich bereits seit Mittwoch, als die SVB einen Rettungsversuch durch eine Finanzierungsrunde bzw. einen Verkauf versuchte. Das ist gescheitert.

Screenshot: Fincance.Yahoo.com
Am Freitag setzte sich der Crash der SVB-Aktie vorbörslich fort. Dann wurde der Handel ausgesetzt.

Kunden versuchten dann allein am 9. März, 42 Milliarden US-Dollar abzuheben – etwa ein Viertel der gesamten Einlagen der Bank. Die Abhebungen führten am Donnerstag zu einem negativen Kassenstand von fast eine Milliarde US-Dollar und ausgehende Zahlungen waren nicht mehr gedeckt.

Aktie ausgesetzt – "Bank hätte keine 5 Stunden mehr überlebt"

Am Freitag, noch vor dem Start des US-Börsenhandels, wurde der Handel mit SVB-Aktien gestoppt. Kurze Zeit später wurde die Bank durch das kalifornische Ministerium für Finanzschutz und Innovation geschlossen und unter die Kontrolle der FDIC gestellt. Die Bank hätte keine fünf Stunden mehr überlebt, heißt es bei TrendingTopics.eu.

Am Donnerstag hatte bereits die freiwillige Abwicklung der US-Kryptobank Silvergate Capital Schockwellen durch Teile des Finanzsektors geschickt. Silvergate kündigte mittlerweile an, sämtliche Kundeneinlagen zurückzuzahlen.

Die Entwicklungen verursachten eine Vertrauenskrise im Bankensektor: Denn die SVB habe einen viel zu hohen Anteil ihrer Vermögenswerte in langfristige US-Staatsanleihen investiert, die sie für eine sichere Anlage hielt – doch nun sind sie viel weniger wert, schrieb Analyst Neil Wilson von Markets.com in einem Kommentar.

Kippen weitere Banken?

Viele Banken halten Anleihen, deren Kurse in den vergangenen Wochen teilweise deutlich eingebrochen seien, sagte der Analyst. Der Markt fürchte jetzt eine Implosion in den Bilanzen der Banken. "Die Stimmung ist, was den Bankensektor angeht, sehr fragil nach dem Aktienverkauf von SVB, der Sorgen vor Kapitalisierungsrisiken im Sektor ausgelöst hat", sagt Marktanalystin Fiona Cincotta von City Index.

Die US-Bank Morgan Stanley geht allerdings nicht davon aus, dass das Phänomen SVB auch auf weitere Institute in der Region anwendbar sei: Der Finanzierungsdruck sei eigentümlich für die Silicon Valley Bank.

Beruhigung durch SVB-CEO und US-Finanzministerin

Nach dem drastischen Kurssturz versucht die SVB ihre Kunden auf dem Wagniskapitalmarkt zu beruhigen. SVB-Chef Gregory Becker habe sie angerufen und versichert, dass ihr Geld bei dem Institut geschützt sei, sagten zwei Insider der Nachrichtenagentur Reuters.

Indes: Finanzministerin Janet Yellen berief am Freitag die Chefs der wichtigsten Regulierungsinstitute zu einer Krisensitzung ein, um die Risiken für das Finanzsystem durch den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank zu bewerten. Danach erfolgte per offizieller Verlautbarung die Erklärung, "dass das Bankensystem widerstandsfähig bleibt und die Aufsichtsbehörden über wirksame Instrumente verfügen, um auf Vorfälle dieser Art zu reagieren“.

Kein Domino-Effekt

Die Lage für die Banken und die auf Liquidität angewiesenen jungen Tech-Firmen wird wohl auch noch in den kommenden Tagen unruhig bleiben. Aber zu einer Banken-Kettenreaktion wie bei der Pleite von Lehman Brothers wird es wohl nicht kommen. Die Rahmenbedingungen sind anders. Stärker betroffen sind jedoch die jungen Tech-Unternehmen, denen die Finanzierungsgrundlagen wegbrechen könnten. Und auch die Bereitschaft anderer Banken, Kredite zu vergeben, könnte sinken.

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(Mit Material von dpa-AFX und Reuters)