Den Spruch "Sell in May and go away" kennt wohl jeder, der die Börse auch nur von fern gesehen hat. Der Satz spielt darauf an, dass im Schnitt die Performance an den Börsen von November bis Mai besser ausfällt als von Mai bis Oktober. Doch an den Börsen gibt es zahlreiche saisonale Kursphänomene. Auch im Januar kann man welche beobachten. So wird der Kurstendenz in den ersten fünf Handelstagen des neuen Jahres eine wichtige Indikatorfunktion dafür zugeschrieben, wie das restliche Börsenjahr verlaufen wird - und das nicht nur für den DAX. Laut Goldman Sachs werden zudem im Januar in Europa besonders viele Aktien gehandelt, und der Gleichlauf zwischen den Einzelwerten ist dabei relativ gering.

Interessant ist aber vor allem das typischerweise deutlich bessere Abschneiden von Nebenwerten im Vergleich zu Standardwerten. Eine aktuelle Untersuchung zu diesem Phänomen hat Marc Reinganum durchgeführt. Der Leiter der quantitativen Strategie bei State Street Global Advisors beschäftigt sich schon seit mehr als 30 Jahren mit den Besonderheiten im Verhalten kleinerer Aktien. Seinen neuesten Daten zufolge haben seit 1987 in den USA jeden Januar die Kursgewinne der nach Marktkapitalisierung kleinsten fünf Prozent der USUnternehmen die Kurse der fünf Prozent Unternehmen mit dem höchsten Börsenwert überflügelt. Übrigens: Der Februar ist für Nebenwerte der zweitbeste Monat.

Mysteriöses Kursphänomen

Mit Unterbrechungen lässt sich der Trend laut Experte Reinganum sogar für die vergangenen 90 Jahre belegen. Auch in Europa hatten Small Caps von 2000 bis 2013 jeweils im Januar den größten Vorsprung vor den Bluechips. Dieses Ergebnis bestätigt Goldman Sachs auch für die Zeit seit 1986 sowohl für Europa als auch für Deutschland und Großbritannien.

Weshalb dieses Kursverhalten auftritt, lässt sich bisher noch nicht abschließend begründen. "Dass der Jahreswechsel in diesem Segment solch eine große Rolle spielt, ist natürlich ein wenig rätselhaft", räumt Reinganum ein. In einem Erklärungsversuch verweist der Experte auf die geringere Transparenz kleinerer Unternehmen. Das führe gegen Jahresende zu einer größeren Unsicherheit hinsichtlich des künftigen geschäftlichen Abschneidens, was zu Verkäufen veranlasse und den Aktienpreis drücke. Diese Unsicherheit werde dann durch die meist zu Jahresanfang vorgelegten Geschäftsberichte wieder beseitigt, was zu Käufen führe und die Kurse steigen lasse, so Reinganum.

Denkbar seien aber auch steuerliche Aspekte. Diese könnten Anleger zum Jahreswechsel dazu veranlassen, sich von Smallcaps zu trennen - etwa wenn diese einen Verlust aufweisen. Für institutionelle Investoren seien steuerliche Gründe zwar weniger wichtig, sie könnten aber kleinere Positionen verkaufen, um zum Jahreswechsel eine leicht verbesserte Bilanz vorweisen zu können, so der Fachmann.

Ebenfalls bedacht werden sollte aus unserer Sicht zudem der vergleichsweise geringe Börsenwert von Nebenwerten. Das könnte im Januar bei meist stärkeren Mittelzuflüssen in den Aktienmarkt auch zu größeren Kursausschlägen führen. Wer diesen saisonalen Effekt besonders effektiv spielen will, der könnte gegen Jahresende Nebenwerte kaufen und dann im ersten Halbjahr in die Stärke hinein verkaufen. Gegen ein solches Vorgehen sprechen aber die dabei anfallenden Ordergebühren.

Langfristige Renner

Zudem neigen Nebenwerte längerfristig traditionell dazu, besser abzuschneiden als Standardwerte. So hat der MSCI World Small Cap Index den MSCI World Index in den vergangenen drei, fünf und zehn Jahren geschlagen.

Das dürfte damit zu tun haben, dass kleinere Unternehmen größere Wachstumschancen haben und auch nicht so stark beobachtet werden wie die Börsenschwergewichte. Das lässt Raum für positive Überraschungen, wenn die vorhandenen Wachstumspotenziale erfolgreich erschlossen werden können. Allerdings sind Nebenwerte als Folge der starken Kursentwicklung in den vergangenen Jahren zurzeit vergleichsweise hoch bewertet. Hans-Jörg Naumer, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei Allianz Global Investors, macht sich dennoch für dieses Segment stark: "Von einer anhaltend expansiven Geldpolitik und einer globalen Konjunkturerholung dürften Small Caps überdurchschnittlich profitieren, auch wenn deren Bewertungen bereits gestiegen sind", sagt Naumer.

Wer das ähnlich sieht, setzt mit ausgewählten Indexfonds global oder mit Ausrichtung auf Europa oder Schwellenländer auf Nebenwerte. Die günstigste Bewertung weist der Schwellenländer-ETF auf, während die anderen beiden vor allem charttechnisch überzeugen. Unabhängig davon eignen sich alle drei Produkte für langfristig orientierte Anleger, die breit gestreut auf Small Caps setzen wollen.

Auf Seite 4: die Investments im Überlick.