Sie fragen, wir antworten! Die Redaktion von Euro am Sonntag beantwortet Leseranfragen zu Rechts-, Finanz- und Versicherungsthemen. Von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag
Ich ärgere mich als Berufstätiger und Anleger, dass fast 30 Jahre nach der deutschen Einheit immer noch 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag auf meine Einkommensteuerschuld erhoben wird. Gibt es hier Neuigkeiten zu den derzeit laufenden Musterklagen gegen diese Ergänzungsabgabe?
Euro am Sonntag: Das Finanzgericht Nürnberg hat aktuell eine vom Bund der Steuerzahler unterstützte Musterklage gegen Vorauszahlungen des Solidaritätszuschlags für das laufende Jahr zurückgewiesen (Az. 3 K 1098/19). Kläger ist ein Ehepaar, das den Soli für 2020 nicht zahlen will, weil der Solidarpakt II Ende 2019 ausgelaufen ist. Da die Revision zugelassen wurde, wird voraussichtlich erst der Bundesfinanzhof endgültig entscheiden. Für den Fiskus geht es in dem Verfahren um viel: Für 2020 wurde mit rund 20 Milliarden Euro aus dem Soli kalkuliert, Corona-bedingt werden die Einnahmen geringer ausfallen.
Ende August hat zudem die FDP-Bundestagsfraktion mit einer ähnlichen Begründung Klage gegen den Solidaritätszuschlag für 2020 beim Bundesverfassungsgericht eingereicht: "Er ist als Ergänzungsabgabe eingeführt worden zu einem ganz besonderen Zweck, nämlich der Finanzierung der Lasten der deutschen Einheit." Zum 31. Dezember 2019 sei aber der Solidarpakt II mit den Hilfen für Ostdeutschland ausgelaufen. Der Soli soll für unzulässig erklärt und ab Anfang 2020 geleistete Zahlungen sollen erstattet werden.
Die Große Koalition plant, den Solidaritätszuschlag ab 1. Januar 2021 abzuschaffen, allerdings nicht für alle Steuerpflichtigen. Gutverdiener sollen die Ergänzungsabgabe weiterhin entrichten. Konkret sollen dann 6,5 Prozent der Steuerzahler den Soli teilweise und nur die einkommensstärksten 3,5 Prozent ihn in voller Höhe zahlen. Laut Bundesregierung werden so 35,5 Millionen Bürger um fast elf Milliarden Euro pro Jahr entlastet.