Ein Kurssturz um 85 Prozent, fast 13 Milliarden Euro weniger Börsenwert innerhalb von drei Tagen - das war die katastrophale Börsenbilanz von Steinhoff zum Ende der vergangenen Handelswoche.

Nach dem Kurssturz, durch den die Steinhoff-Aktie zum Pennystock wurde, hat sich das Papier zum Wochenbeginn am Montag wieder etwas erholt. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg, die sich dabei auf Insider berief, spreche Steinhoff mit Kreditgebern über ein Stillhalteabkommen in Bezug auf ein Darlehen von 1,5 Milliarden Euro. Der Konzern hofft derzeit auf die weitere Unterstützung seiner Geldgeber, um die operative Liquidität sicherzustellen. Bei einem Treffen mit Kreditgebern am 19. Dezember soll es außerdem einen Überblick über die aktuelle Geschäftsentwicklung und die finanzielle Situation geben, kündigte Steinhoff an.

Am Mittwoch hatte das deutsch-südafrikanische Unternehmen bekanntgegeben, es gebe neue Informationen zu Bilanzunregelmäßigkeiten. Dazu trat Vorstandschef Markus Jooste - seit 20 Jahren Chef des "Poco"-Eigentümers - mit sofortiger Wirkung von seinem Posten zurück. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hatte bereits im August bestätigt, gegen Verantwortliche wegen des Verdachts der Bilanzfälschung zu ermitteln - der Möbelkonzern soll mutmaßlich überhöhte Umsätze ausgewiesen haben. Bereits seit zwei Jahren hat die Justiz Steinhoff wegen möglicher gefälschter Bilanzen im Visier. Auch die Börse in Südafrika untersucht jetzt etwaige Regelverstöße bei Veröffentlichungen - Steinhoff-Papiere notieren auch an der Börse in Johannesburg. Das Unternehmen selbst weißt die Vorwürfe aber zurück.

Als wären der Bilanzskandal und der Rücktritt des langjährigen Chefs nicht genug, gibt es als Konsequenz jetzt weitere Probleme bei dem MDax-Konzern: Die Veröffentlichung der Zahlen für das Geschäftsjahr, das Ende September endete, wurde verschoben. Dazu stufte die Ratingagentur Moody’s die Kreditwürdigkeit um vier Stufen von "Baa3" auf "B1" herunter - damit gelten die Anleihen des Möbelkonzerns als Ramsch, die Agentur schätzt das Risiko, dass Steinhoff seine Schulden nicht zurückzahlen kann, als hoch ein. Nach dem Kurssturz erklärte am Freitag zudem die Finanzmarktaufsicht Bafin, sie habe eine routinemäßige Untersuchung zum Handel mit den Steinhoff-Aktien eingeleitet.

Jetzt liegt es in den Händen von Interimschef Christoffel Wiese, das schwankende Unternehmen zu steuern. Er ist auch der größte Einzelaktionär des Konzerns und hält rund 23 Prozent der Papiere. Der Konzern kündigte an, Randgeschäfte verkaufen zu wollen, um die Liquidität von Steinhoff zu stärken. Das soll mindestens eine Milliarde Euro in die Kassen spülen. Auch Star, die afrikanische Tochter, wolle die Schulden beim Mutterkonzern refinanzieren und soll damit die Liquidität bei der Mutter weiter aufpolstern.

In den ersten neun Monaten bis Ende Juni des vergangenen Geschäftsjahres hatte Steinhoff im ungeprüften Bericht einen Umsatz von 14,9 Milliarden Euro Umsatz angegeben - ein Wachstum von fast 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Neben dem Kerngeschäft mit Möbeln und Haushaltswaren, wo der Umsatz laut Bericht in diesem Zeitraum um 39 Prozent auf gut neun Milliarden Euro zulegte, ist Steinhoff auch im Bereich Kleidung sowie im Automobilbereich in Afrika, etwa im Autoverkauf und in der Autovermietung, tätig.

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Einschätzung der Redaktion



Am Montag ging es für die Steinhoff-Aktie auf eine Berg- und Talfahrt, die Aktie schloss rund 24 Prozent höher als am Freitag. Am Dienstagmorgen notierte das Papier zuletzt erneut deutlich mit rund 36 Prozent im Plus bei 80 Cent je Anteilsschein. Doch die Zukunft des Unternehmens ist ungewiss. Viele Analysten haben ihre Einstufung inzwischen ausgesetzt oder überprüfen ihr Rating. In einer Studie vom vergangenen Mittwoch schrieb Commerzbank-Analyst Andreas Riemann, Anleger sollten ihre Finger von den Aktien lassen. Die Untersuchungen seien eine schlechte Nachricht und stellten ein großes Fragezeichen hinter die Ergebnisse der vergangenen Jahre.

Angesichts der laufenden Ermittlungen und der weiteren Probleme ist höchst unsicher, wie es künftig mit dem Unternehmen weitergeht. Ein Investment in die Aktie ist derzeit deswegen sehr spekulativ. Bevor es konkrete Informationen gibt, wie es in Zukunft bei Steinhoff weitergeht, wird das Papier wohl vor allem spekulative Anleger anziehen.